Die See Der Abenteuer
Behutsam hob der Junge den Lukendeckel an. Aus der Kajüte flutete ein heller Lichtstreifen.
Die beiden Männer, die sich in dem kleinen Raum befanden, blickten hoch. Einer von ihnen war Bill — der andere Theobald. Als Bill plötzlich Jacks Gesicht aus der Dunkelheit auftauchen sah, sprang er überrascht auf.
Rasch legte Jack den Finger auf den Mund. Und Bill ver-schluckte den Ausruf des Erstaunens, der ihm auf der Zunge gelegen hatte.
»Kommt schnell an Deck!« flüsterte Jack. »Wir müssen die Wache unschädlich machen.«
Aber Theobald verdarb alles. War das nicht dieser Lümmel, der ihn auf der Insel der Lunde in die Höhle gesperrt hatte? Wütend sprang er auf. »Du abscheulicher Junge, endlich habe ich dich!«
Flucht
»Schsch!« zischte Jack wütend und deutete über seine Schulter zu dem Wachmann hin. Aber es war bereits zu spät. Theobalds laute Worte hatten den Mann aus seinen Träumen gerissen. Er fuhr mit einem Ruck hoch und sah sich erschreckt um. Als er das helle Licht in der offenen Kajütenluke sah, sprang er auf.
Geistesgegenwärtig machte Bill das Licht aus und kletterte an Deck. Der Wachmann begann durch die Dunkelheit zu schreien: »Was ist los? Was machst du da?
Wer ist denn dort?«
Philipp sprang auf ihn zu und versuchte ihn über Bord zu werfen. Der kräftige Mann setzte sich jedoch heftig zur Wehr, die beiden rangen miteinander, und schließlich war es Philipp, der mit einem gewaltigen Platsch ins Wasser fiel. In diesem Augenblick kam Bill angelaufen und versetzte dem keuchenden Mann einen Schlag mit seiner Rechten. Dann stellte er ihm ein Bein, der Mann fiel zu Boden, und schon kniete Bill auf seiner Brust. Nun kam Jack hinzu. »Wer ist da über Bord gefallen?« keuchte Bill.
»Philipp«, antwortete Jack, der ein Bein des Gefangenen umklammert hielt. »Keine Sorge, er kann zu unserem Boot schwimmen.«
»Bring den Mann in die Kajüte hinunter«, befahl Bill.
»Wo ist denn dieser Stentzlein? Der Dummkopf hat das ganze Spiel verdorben.«
Theobald hatte sich in Sicherheit gebracht und wartete ab, was weiter geschehen würde. Er hörte Keuchen, Stöhnen und Ringen und hatte schreckliche Angst. Nun ertönte ein Schrei des Wachmannes. Polternd rollte er die Kajütentreppe hinunter. Bums! Der Lukendeckel flog hinter ihm zu, der Riegel wurde vorgeschoben.
»Vorläufig ist er da sicher«, sagte Bill grimmig. »Nun schnell das Boot in Gang gebracht! Wir werden verschwunden sein, bevor der Feind etwas merkt.«
Gerade das war ja Jacks Plan gewesen. Er fieberte vor Aufregung. Seine kühnsten Hoffnungen schienen sich zu erfüllen. »Schnell den Motor an!« keuchte er. »In der ver-flixten Dunkelheit kann man ja nichts sehen. Leider habe ich keine Taschenlampe bei mir.«
Der Wachmann machte einen fürchterlichen Lärm in der Kajüte. Er schrie aus Leibeskräften und bullerte mit aller Macht an den Lukendeckel. Bill tappte durch das Dunkel zum Steuer hin.
Und da ging es plötzlich los. Lichter flammten auf, Stimmen ertönten. Man hörte aufgeregtes Laufen und Rufen.
»Wir haben keine Zeit mehr, um das Boot loszumachen und zu starten«, stöhnte Bill. »Sagtest du nicht, daß ihr noch ein anderes Boot habt, Jack? Wo ist es? Und wo ist Philipp? Schnell, Jack, sage es mir!«
»Dort hinten liegt ein Boot — da sind die Mädels drauf — und Philipp sicher auch.« Jack war so aufgeregt, daß seine Worte sich überstürzten. »Wir wollen hinschwim-men.«
»Los also ins Wasser!« rief Bill. »Stentzlein, wo stecken Sie? Kommen Sie mit!«
»Ich k-k-k-kann nicht schwimmen«, stotterte Theobald, vor Angst schlotternd.
»Springen Sie über Bord!« befahl Bill. »Ich werde Ihnen helfen.«
Theobald schrak zurück. Er sollte mitten in der Nacht, von Feinden umgeben, in das kalte, schwarze Wasser springen? Nein, nein! Ängstlich verkroch er sich in einer Ecke und wollte nicht wieder hervorkommen.
»Na, dann bleiben Sie hier«, rief Bill verächtlich. »Ich kann meine Zeit nicht länger mit Ihnen vertrödeln, sondern muß mich um die Kinder kümmern.«
Platsch! Bill und Jack waren über Bord gesprungen.
Theobald fröstelte. Nichts auf der Welt hätte ihn dazu be-wegen können, ihnen nachzuspringen. Zitternd stand er in seiner Ecke und erwartete die Feinde, die auf der Mole entlang zum Boot gerast kamen.
Und schon waren sie auch an Deck. Lampen blitzten auf. Erregte Stimmen riefen durcheinander. Was war eigentlich los? Eine Horde von Männern lief planlos auf dem Motorboot hin und her. Als sie
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