Die Seele der Elben
fielen seine Fesseln und starke Arme fingen ihn auf, ehe er zu Boden krachte wie ein vom Sturm gefällter Baum.
Der Mann nahm ihn auf die Arme wie ein Kind und trug ihn die Treppe hinunter. Vanandel lief hinter ihnen und sagte: »Danke, oh, ich danke dir! Er wollte ihn umbringen, Roske!«
»Ja, das wollte er wohl«, sagte der Mann. »Ich habe Lluis gewarnt. Ich habe euch beide gewarnt, Kinder. Ihr wolltet ja nicht auf mich hören.«
Roske. Fast hätte der Schock, die Ãberraschung ihn aus den Armen des Wirtes geworfen. Wieso Roske? Wieso konnte der Wirt dem schreckenerregenden, mächtigen Vibol Befehle erteilen?
Er spürte, wie Vanandel seine Hand nahm. »Sei ganz ruhig«, flüsterte sie. »Alles wird gut, Lluis.« Ihre Stimme klang seltsam fremd, und erst als er in wohltätige Ohnmacht versank, begriff er, dass Vanandel, die unerschütterliche, hartgesottene Hadmut, weinte.
Er lag auf einer weichen Unterlage. Sein Körper schmerzte, als hätte ein Rudel Orks ihn als Trainingspuppe für den Stockkampf benutzt. Er wagte es nicht, sich zu bewegen. Irgendwo hinter ihm sprachen leise zwei Menschen miteinander, ein Mann und eine Frau. Stückchenweise kehrte seine Erinnerung zurück. Vibol hatte ihn verprügeln lassen. Die Kröte war drauf und dran gewesen, ihn umzubringen. Dann war jemand gekommen und hatte ihn herausgeholt. Hadmut. Vanandel hatte ihm das Leben gerettet.
Er bewegte seinen Kopf, um sie anzusehen, und stöhnte laut. Vanandels besorgtes Gesicht tauchte in seinem Blickfeld auf. »Lluis«, sagte sie. »Lluis, mein Lieber, das wollte ich nicht! Es tut mir so leid!«
Er blinzelte langsam, weil es zu wehgetan hätte, den Kopf zu schütteln. »Ich glaube, mir ist ein Pferd auf den Kopf gefallen«, sagte er mit einem schwachen Lächeln.
Vanandel nahm vorsichtig seine Hand. »Du hast viele schlimme blaue Flecke«, sagte sie. »Und ausgerenkte Arme und böse Prellungen â aber ich bin sicher, dass nichts gebrochen ist. Ich habe dich untersucht, aber wenn du möchtest, rufe ich Caledrain.«
»Nein«, sagte er so energisch, wie sein Zustand es zulieÃ. »Das wird alles heilen. Ich lebe noch, das ist die Hauptsache!« Er sah an sich herab und blickte sich dann um. Das Zimmer, in dem er lag, war ihm unbekannt.
»Ich bin schuld«, sagte Vanandel. »Ich hätte dich nicht herbringen sollen. Ich hätte nicht wieder herkommen dürfen. Roske hatte recht.«
»Roske«, Lluis setzte sich unwillkürlich auf und keuchte. Dann flaute der Schmerz ab. »Roske â wieso?«
Der Wirt saà in einem abgeschabten Sessel neben dem Kamin und drehte ein Glas in der Hand. Auf dem Tischchen neben ihm standen ein zweites Glas und eine staubige Flasche. Roske nickte ihm zu und sagte: »Du kannst einiges einstecken, Lluis. Respekt.«
»Roske«, Lluis hielt seinen Kopf fest. »Ich begreife gar nichts â habe ich das richtig mitbekommen? Du hast die Kröte herumkommandiert?«
Der Wirt schüttelte ernst den Kopf. »Lluis, ich muss dich bei deinem Ehrenwort bitten, davon kein Wort aus diesem Zimmer dringen zu lassen. Ich weià nicht, was sonst geschehen könnte. Versprichst du es mir?«
Lluis blickte Vanandel an. Sie schlang die Finger ineinander und nickte ihm zu.
»Die Prinzessin hat mir schon ihr Ehrenwort gegeben«, sagte Roske.
Lluis riss die Augen auf. Vanandel seufzte und blickte zu Boden. »Ich habe es ihm gesagt. Als er mich aus dem Keller befreit hat. Ich habe die Geräusche von oben gehört â¦Â«
»⦠und da hat sie sich so groà gemacht, wie sie konnte, und zu mir gesagt: âºRoske, du musst Lluis da rausholen. Ich befehle es dir!â¹Â« Roske gluckste. »Sie war sehr hoheitsvoll. Aber ich hätte es ihr so oder so geglaubt â ich hatte immer das Gefühl, dass sie nicht wirklich in den Schweinekoben gehört.« Sein Lächeln verschwand. »Du hättest es mir nicht zu befehlen brauchen, Vanandel. Ich war schon auf dem Weg nach oben, als ich dich im Keller schreien hörte.«
»Wieso kannst du Vibol Befehle erteilen?«, fragte Lluis, den dieser Punkt weitaus mehr beschäftigte als die aufgeflogene Tarnung Vanandels.
Roske zuckte mit den Schultern. »Wir haben eine Abmachung«, sagte er. »Der Rest geht dich nichts an.«
Lluis lieà sich erschöpft zurücksinken und schloss die Augen. Er hörte
Weitere Kostenlose Bücher