Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
und in jüngster
Zeit vor einem tödlichen Krieg mit Atom- und Biowaffen. Waffen, die die
Menschen selbst erfunden haben. Sie haben einen Pakt mit der Angst
geschlossen! Ich habe nichts gegen den Glauben, Lukas, solange er dem Menschen
spirituellen Halt gibt, ihn tröstet, inspiriert und zu besseren Taten hinführt.
Mohammed und Jesus waren beide gute Männer und guten Willens. Aber deren selbst
ernannte Vertreter auf Erden begehen seit Jahrhunderten Verrat an ihnen. Sie
pervertieren deren Vermächtnis, indem sie ihr Recht zu töten von ihnen
ableiten. Diese Heuchelei macht mich krank. Ich bin Jüdin, Lukas. Ich trage die
Genetik des Leidens in mir. Kein Volk hat mehr unter den Mächtigen und unter
religiösen Verfolgungen gelitten als wir, niemand wurde so oft vertrieben,
ermordet und zum Schluss sogar vergast. Und was hat uns unser Durchhalten bis
heute eingebracht? Einen eigenen Staat, den man dafür einem anderen Volk
weggenommen hat, um ihn nun mit einer eigenen Armee und Panzern verteidigen zu
müssen? Euer Gott hat vielleicht die Erde erschaffen, aber die Menschen haben
den Krieg geschaffen, und das ist ein Ort, den es gar nicht geben dürfte. Ich
habe Angst, Lukas, Angst davor, dass wir vielleicht so werden könnten wie jene,
die uns immer verfolgt haben. Nachts liege ich wach und fühle diese elementare
Wut in mir. Ich höre die Schreie der toten Seelen tief in mir widerhallen,
höre, wie sie die Summe der Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagen. Ich
bitte dich, mach´ nicht unsere Liebe für Lucies Unglück verantwortlich. Lass sie nicht unsere Liebe stehlen. Denn Liebe ist das einzige, was diese Welt heilen
kann."
Rabea
hatte eindringlich gesprochen, sich anfangs nicht darüber im Klaren, was sie
genau hatte sagen wollen. Sie hatte sich einfach in ihre übliche Wut über die
ihrer Meinung nach ungerechte Wendung des Schicksals hineingesteigert und die
Worte waren dann wie von selbst aus ihrer Seele gesprudelt. Leider hatten diese
beängstigend selbständig an Fahrt gewonnen und herausgekommen war dabei -
einmal mehr - eine flammende Rabeasche Tirade gegen Gott und Religion, Macht
und Machtmissbrauch. Nun fühlte sie sich, als hätten ihr ihre Worte alle
Energie entzogen. Dabei war sie sich bewusst, dass ihr leidenschaftlicher
Ausbruch nicht gerade dienlich gewesen war, um Lukas ihre Gedanken positiv
näher zu bringen.
Dieser starrte
sie mit seltsam hellen Augen an: „Meine Güte, Rabea. Warum nur hasst du Gott
so?“ Es dauerte eine kleine Weile, bevor sie ihm darauf antwortete:
„Vielleicht,
weil du ihn so sehr liebst.“ Sie hatte sich hinreißen lassen und ihr war klar,
dass sie damit die Kluft zwischen ihnen beiden weiter vergrößert hatte. Aber
ganz plötzlich war es ihr egal. Sie fühlte sich des Kampfes so müde. Niemand
konnte denselben Berg immer und immer wieder hinauflaufen, ohne sich einmal
daran zu erschöpfen.
"Lass
uns gehen, Lukas, und Lucie zurückholen. Das ist jetzt das Wichtigste“, sagte
sie, stand auf und ließ ihn allein.
Kurze
Zeit später fand sie Lukas, der nun doch das Jeanshemd trug, im Wohnzimmer.
Rabea hatte die Papiere wieder verstaut. Jetzt schulterte sie ihre Tasche und
drückte ihm wortlos die schwere Kassette in die Hand. Beide vermieden es, einen
Blick auf den toten Killer zu werfen.
Rabea
legte den Schlüssel wieder zurück und kurze Zeit später befanden sie sich auf
der Dorfstraße in Richtung Superstrada . Lukas
saß wie versteinert neben Rabea. Der Gedanke, dass sich Lucie nun in der Gewalt
der gleichen skrupellosen Killer befand, die bereits seinen Onkel zu Tode
gefoltert hatten, ließ ihn vor Sorge beinahe verrückt werden. Wie erging es ihr
gerade? Wie viele Ängste, wie viele Schmerzen musste sie zur Stunde ausstehen?
Der junge Jesuit fühlte sich für alles verantwortlich, auch wenn er nicht hätte
sagen können, wie er das ganze Unglück hätte abwenden sollen. Schmerzhaft kroch
die Angst in jeden Winkel seines Körpers, ließ jeden Gedanken und jede Bewegung
zur Qual werden.
Rabeas
Körpersprache hingegen drückte Entschlossenheit aus. Nichts und niemand würde
sie daran hindern, ihrer Freundin zur Hilfe zu eilen. Rabea, der Lukas
wachsende Verzweiflung nicht entging, wandte ihm kurz den Kopf zu: "Wir
schaffen das, Lukas. Wir holen Lucie da raus. Grassa erwähnte
übrigens, dass er über deinen Anwalt auch deinen Vater informiert hat. Soweit
ich ihn verstanden habe, ist dein alter Herr bereits auf dem Weg nach
Rom", ergänzte Rabea
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