Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
sondern weinte und schluchzte ungehemmt
in das Telefon.
"Hallo,
Frau van Kampen? Sind Sie es? So beruhigen Sie sich doch bitte, ich kann kein
Wort verstehen", rief sie in den Apparat und zügelte nur mit Mühe ihre
Ungeduld. Dann wechselte der Apparat den Besitzer und beinahe hätte Rabea vor
Schreck das Telefon fallen lassen. Instinktiv griff sie nach ihrem T-Shirt, als
sie die männliche Stimme am anderen Ende erkannte. Sie gehörte zu Commissario
Grassa und eine kalte Welle der Vorahnung überflutete die junge Frau.
"Signorina
Rosenthal, buon giorno. Die Dame hier wollte mir Ihre Nummer nicht verraten und
Sie unbedingt selbst anrufen. Ich bin mir sicher, dass Herr von Stetten bei
Ihnen ist. Stellen Sie den Lautsprecher an, damit er mithören kann,
prego?" Rabea tat wie geheißen und warf Lukas einen beunruhigten Blick zu.
"Buon
giorno, Herr Priester. Es geht um ihre Schwester. Sie ist verschwunden",
eröffnete ihnen Grassa ohne Umschweife.
Lukas
schreckte hoch und alles Blut strömte aus seinem Gesicht. "Was soll das
heißen, sie ist verschwunden? Lucie steht nicht unter Arrest und kann jederzeit
die Wohnung verlassen. Vielleicht ist sie nur einkaufen gegangen,
bummeln, neue Schuhe kaufen", klammerte er sich vergeblich an den
erstbesten Strohhalm, während er gleichzeitig versuchte, nicht an die leise
Stimme von vorhin in seinem Kopf zu denken. Aber sein Herz ließ die kalte
Wahrheit bereits ein. Es verwandelte sich in einen pulsierenden Klumpen Furcht.
"Tja,
es tut mir sehr leid, die Sache ist ernst und ein Irrtum ausgeschlossen. Wir
sind uns sicher, dass Lucie von Stetten entführt wurde. Es gibt
hier in der Küche einige Anzeichen eines Kampfes, i hre
Schwester muss sich heftig gegen die Entführer gewehrt haben. E inem
meiner Beamten fiel auch der noch schwach in der Luft hängende Geruch eines
Betäubungsmittels auf, aber das untersuchen wir zurzeit noch. Zudem haben wir ihren silbernen Ohrring auf dem Boden gefunden. Man muss ihn
ihr herausgerissen haben, es klebte noch etwas Blut daran. Ich schlage vor,
dass Sie sich sofort auf den Weg zurück machen und mir endlich sagen, was hier
vor sich geht. Sie stecken in sehr großen Schwierigkeiten, mein Herr Jesuit.
Sie sollten endlich anfangen zu kooperieren. Es geht hier nicht mehr um Sie
selbst, sondern um das Leben Ihrer Schwester."
Lukas
war bleich wie der Tod auf dem Bettrand zusammengesunken.
"Warten
Sie einen Moment", bat Rabea Grassa und kniete sich vor Lukas hin.
"Geht es?"
Lukas
hob den Kopf und blickte sie mit seltsam leeren Augen an: "Ja, aber, wer
sollte denn Lucie entführen?", stammelte er, während sich die furchtbare
Erkenntnis bereits wie Säure in sein Bewusstsein fraß.
Rabea,
die ihm ansah, dass er auf demselben Gedanken segelte wie sie, nahm Fahrt auf:
"Du denkst doch das gleiche wie ich, oder? Es gibt nur einen Grund für die
Entführung, Lukas. Das waren dieselben Kerle, die Bentivoglio und deine
Nachbarin ermordet haben. Offensichtlich wissen die genau, dass wir den
Schlüssel zum Schließfach Bentivoglios haben. Ich gehe jede Wette ein, dass es
nicht lange dauert, bis wir einen Anruf von ihnen erhalten werden. Sie gehen
jetzt auf Nummer sicher. Lucie gegen Bentivoglios Dokumente. Verdammt noch mal
Lukas, ich möchte endlich wissen, welche Büchse der Pandora er uns da
eingebrockt hat. Wir bringen dieses Mistzeug nach Rom und was immer es auch
ist, worauf diese Kerle so scharf sind, sie können es haben. Es klebt zu viel
Blut daran."
Sie
hob den Apparat zurück an ihr Ohr: " Wenn ich Sie richtig
verstanden habe, Herr Commissario, hat man Lucie direkt unter ihrer Nase weg
aus der Wohnung entführt. Im ganzen Haus wimmelt es nur so von ihren
Ermittlungsbeamten und die haben nichts bemerkt? Ich schwöre Ihnen, wenn Lucie
irgendetwas passiert ist, dann mache ich sie persönlich dafür verantwortlich.
Ich hetze Ihnen die Dienstaufsichtsbehörde und die gesamte italienische Presse
auf den Hals und sorge dafür, dass es vorbei ist mit Ihrer Karriere. Haben Sie
mich verstanden?", fauchte sie wütend. Ein Glück, dass der Commissario
nicht sah, dass sie dabei nackt wie ein aufgebrachter kleiner Kobold im
Schlafzimmer umher tobte. Es hätte ihrem Ausbruch einiges von seiner Schärfe
genommen.
"Aber,
aber, beruhigen Sie sich doch, Signorina", versuchte Grassa zu
beschwichtigen. Seine Stimme hatte viel von seiner üblichen Arroganz verloren.
"Schuldzuweisungen helfen Signorina Lucie jetzt nicht, Frau Rosenthal.
Darum bitte ich Sie beide
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