Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
vorsichtig, da sie wusste, dass Lukas diese
zusätzliche Neuigkeit nicht gefallen würde. Der junge Priester und sein Vater
hatten sich in den letzten sechs Jahren nur ein einziges Mal wiedergesehen: vor
drei Monaten, bei der Beerdigung von Bischof Franz. N och am selben Abend hatte
sein Vater einen neuerlichen Streit vom Zaun gebrochen, was zum Kummer seiner
Mutter Evelyn zum sofortigen Abbruch des ursprünglich für mehrere Tage
geplanten Besuches von Lukas und seinem Freund, Pater Simone, geführt hatte.
Heinrich
von Stetten konnte seinem jüngsten Sohn einfach nicht verzeihen, dass er Gott ihm vorgezogen hatte. Eine Gemeinsamkeit,
die er mit Rabea teilte.
"Gib
mir mal mein Handy, Lukas“, bat ihn Rabea, die ihn nicht anzusehen brauchte, um
zu wissen, welche Gedanken er wälzte. "Mir ist eine Idee gekommen. Ich
kenne jemanden, der uns helfen kann, Lucie zu finden.“
Rabea
suchte ihr elektronisches Adressbuch nach dem Eintrag ab, mit einem Auge auf
die Straße achtend, da sie gerade die Auffahrt auf die Superstrada genommen
hatte. Als die Straße gerade vor ihnen lag, wählte sie die Nummer an.
Eine
weibliche Stimme meldete sich: „Der Bayer von Sevilla.“
„Hier
spricht Rabea Rosenthal. Könnte ich bitte mit Herrn Laffitte sprechen?“
„Einen
Moment bitte.“
Kurz
darauf meldete sich eine vertraute Stimme: „Rabea? Bist du es wirklich? Wie
schön von dir zu hören, wie geht es dir? Das ist doch mindestens ein halbes
Jahr her, seit dem letzten Mal. Lucie meldet sich viel öfter.“ Jules Stimme war
die Freude über ihren Anruf deutlich anzumerken, jedoch lag unverkennbar auch
ein Hauch Vorwurf darin. „Tut mir leid, ich bin ein böses Mädchen. Wir reden
später darüber. Hör mir zu, Jules. Ich brauche deine Hilfe. Lucie ist entführt
worden, in Rom. Kannst du kommen? Ich gebe dir die Adresse durch.“ Sie nannte
sie, ohne erst eine Antwort abzuwarten. Sie wusste, auf ihren Freund Jules war
Verlass. Er würde sich sofort auf den Weg machen. Genauso war es. Jules stellte
keine langen Fragen, sondern gebrauchte nur vier Worte: „Ich bin schon
unterwegs.“
„Er
kommt“, meinte Rabea erleichtert. „Wenn uns einer helfen kann, dann ist er es.“
„Und
wer, bitte schön, ist dieser Mann?“, fragte Lukas mit einem ungewohnten Anflug
von Eifersucht.
„Verdammte
Riesenkacke“, schimpfte Rabea mit einem Mal los, was keineswegs der Antwort
entsprach, die Lukas erwartet hatte.
Da
er sich ihr zugewandt hatte, war ihm entgangen, dass ein Polizist auf dem
Seitenstreifen die Kelle gehoben hatte, um ihr Fahrzeug anzuhalten. „Mist,
Mist, Mist. Wenn die unsere Papiere prüfen, wissen die, dass wir gesucht
werden. Grassa hat denen garantiert auch meinen Namen zur Fahndung
durchgegeben. Die nehmen uns mit und beschlagnahmen den Wagen samt Inhalt. Wir
sind hier in den Marken. Rom liegt im Bundesland Lazio. Wenn es zwischen den
Beamten zum Kompetenzgerangel kommt, kann das dauern. Was sollen wir jetzt
machen? Am besten, ich fahre einfach weiter.“ Rabea, die bereits vom Gas
gegangen war, wollte soeben wieder durchstarten, als Lukas eingriff: „Nein,
Rabea. Bitte halte an. Vielleicht ist es nur eine simple Verkehrskontrolle oder
du bist zu schnell gefahren. Außerdem ist das keine Lösung. Wenn du abhaust,
verständigt der Polizist über Funk seine Kollegen, dann haben sie uns an der
nächsten Abfahrt, glaube mir.“ Rabea gehorchte wohl oder übel der Stimme der
Vernunft auf dem Beifahrersitz, aber nur, weil sie bereits eine neue Idee
hatte. Sie hielt ungefähr dreißig Meter vor dem Polizeiwagen an. Während sie
den näher kommenden Polizisten im Rückspiegel im Auge behielt, zischte sie Lukas
zu: „Pass auf. Wir können keinesfalls riskieren, dass sie uns die Schriftrollen
und die Kassette wegnehmen und wir womöglich stundenlang hier festsitzen.
Lucies Leben hängt davon ab. Kompromiss. Wenn ich aussteigen muss, gehe ich um
den Wagen und öffne den Kofferraum, ob sie mich dazu auffordern oder nicht. Das
versperrt denen die Sicht auf dich und du rutschst auf den Fahrersitz rüber.
Wenn es Schwierigkeiten gibt, das heißt, die uns nicht weiterfahren lassen
wollen, knalle ich den Deckel zu. Das ist dein Signal. Du fährst sofort los und
nimmst nicht die erste Ausfahrt, sondern die zweite. Keine Sorge, ich halte sie
solange auf. Zur Not schmeiße ich mich mit einem epileptischen Anfall auf die
Fahrbahn. Versuch den Wagen schnellstmöglich loszuwerden und schlage dich mit
den Sachen nach Rom durch. Dort
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