Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
alle Fensterläden des dreistöckigen Gebäudes waren
verschlossen und nur die Straßenlaternen warfen etwas Licht von außen auf die
Villa. Rabea schlenderte einmal an dem Gebäude vorbei, mied jedoch sorgsam das
Licht der Straßenlaternen. Sie schlug einen Bogen, kehrte zurück und blieb
genau gegenüber der Villa stehen, halb verborgen hinter üppig blühenden
Rhododendronbüschen. Aufmerksam musterte sie das ockergelbe Gebäude. Grimmige
Wasserspeier schmückten jedes der halbrunden, hohen Fenster über den
Fensterstöcken. Unter dem Dachfirst waren eine ganze Reihe besonders hässlicher
Dämonen aus Stein angebracht, die mit ihren verzerrten Fratzen böse Geister
abschrecken sollten. Womöglich suggerierten sie auch, dass die bösen Geister
bereits da waren und kein Platz für weitere Ankömmlinge bestand? dachte Rabea
grimmig.
Die
Villa wurde ringsum von einer zwei Meter hohen Steinmauer geschützt, die einzig
von einem breiten schwarzen Eisentor unterbrochen wurde. Auf beiden Seiten der
hohen Einfassungen desTores waren deutlich sichtbar Videokameras
angebracht. Rabea war derart auf die Villa fixiert, dass sie Pater Simone erst
bemerkte, als er ihr von hinten auf die Schulter tippte. Zu Tode erschrocken
fuhr sie herum.
"Na,
Mata Hari. Sind wir konspirativ unterwegs oder hatten wir nur Lust auf einen
kleinen romantischen Spaziergang durch das nächtliche Rom?", fragte er mit
einem Grinsen und wirkte mit sich und seiner geglückten Überraschung höchst
zufrieden.
"Verdammt,
Simone. Musstest du dich so heranschleichen?"
"Dito.
Wenn du dich so einfach ohne etwas zu sagen wegschleichst? Wo sind wir
überhaupt, und was machen wir hier? Wer wohnt denn so Interessantes in dem
Haus, dass wir in den Büschen sitzen müssen?", erkundigte er sich
neugierig, während er ein paar Zweige zur Seite drückte, um einen besseren
Blick auf die Villa werfen zu können.
"Vermutlich
die Person, der wir den ganzen Ärger zu verdanken haben. Ich bin in
Bentivoglios Unterlagen auf einen Namen gestoßen und habe eins und eins
zusammengezählt. Dann noch ein paar Recherchen, ecco qua. Eigentlich bin ich
nur meinem Instinkt gefolgt und hierher gelaufen. Außerdem stimmt es nicht,
dass ich ohne eine Nachricht verschwunden bin. Ich habe dir einen Zettel auf
dem Schreibtisch hinterlassen, dass ich dich von unterwegs aus anrufen würde.“
Während sie dies sagte, griff sie automatisch in ihre Jeansshorts und stellte
fest, dass die Tasche leer war. Hastig tastete sie die andere Hosentasche ab.
„Mist, ich habe mein Handy vergessen, oder sogar verloren. Verdammt, da waren
wichtige Telefonnummern und Informationen gespeichert“, schimpfte sie und
suchte den Boden um sich herum auf Knien ab.
"Vielleicht
ist es dir ja in der Wohnung aus der Tasche gerutscht, als du die Dokumente auf
dem Fußboden ausgebreitet hast“, versuchte Simone sie zu beruhigen, half ihr
aber beim Absuchen des Bodens. Ohne Erfolg. Rabea fluchte.
„Würdest
du bitte in meiner Gegenwart gnädigerweise weniger fluchen“, bat Simone sie
pikiert. „Schön. Zurück dazu, warum wir hier sind. Du bist also deinem Instinkt
gefolgt und ich dir. Und was fangen wir beiden Hübschen jetzt mit dem
angebrochenen Abend an? Sollen wir hier weiter Botanikkunde betreiben und dazu
unserem gegenseitigen Magenknurren lauschen?" Bereitwillig ließ sein Magen
ein tiefes Brummen folgen. "Halt, ich habe eine bessere Idee!“, Simone
tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn, als hätte er eine Eingebung. “Vielleicht
sollten wir da drüben einfach klingeln, uns untertänigst für die späte Störung
entschuldigen und höflich anfragen, ob die Herrschaften des Hauses sich
erinnern können, sich in letzter Zeit irgendwelchen kriminellen Machenschaften
hingegeben zu haben? Oder wie stellst du dir das vor, Rabea? Warum hast du denn
nicht einfach Commissario Grassa angerufen? Lass ihn doch die schmutzige Arbeit
erledigen. Dazu ist die Polizei schließlich da", schloss er sarkastisch.
"Psst.
Bitte sprich etwas leiser", flüsterte Rabea und beantwortete dann seine
Frage: "Weil ich mir noch nicht hundertprozentig sicher bin. Bevor ich die
Pferde scheu mache, wollte ich mich hier zuerst noch ein wenig umsehen."
Sie kramte ein Viktorinox-Präzisionsmesser aus ihrer Hosentasche hervor und
klappte es auf. Mit Daumen und Zeigefinger betätigte sie einen bestimmten
Mechanismus und ein kleiner Dietrich schnellte hervor. Es war eine
Spezialanfertigung. Jules hatte es ihr vor einigen Jahren
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