Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
Vom Netzwerk:
Daten
durch. Rabea hatte eine Adresse. Sofort gab sie sie in ihren Laptop ein. Das
erste was dazu erschien, war eine Immobilienanzeige. Das Haus wurde exakt seit
dem heutigen Tag zum Verkauf angeboten. Der Vogel war bereits dabei
auszufliegen. Sie musste sich beeilen.
    Damit
sich Pater Simone keine Sorgen machen würde, wohin sie verschwunden war,
hinterließ sie ihm eine kurze Nachricht auf dem Schreibtisch und dass sie sich
von unterwegs aus bei ihm melden würde. Sie steckte den Zettel mit der Adresse
ein und machte sich allein auf den Weg. Es war kurz vor halb neun.
     
    Vor
sich hin pfeifend, bog Pater Simone mit seinem alten Fahrrad um die Ecke. Es
hatte alles wunderbar geklappt und er hatte den reparierten Scanner in seinem
Fahrradkorb vor sich. Seine Armbanduhr zeigte ihm kurz vor halb neun Uhr abends
an. Rund um die Fontana di Trevi herrschte, wie stets um diese Zeit, viel
Trubel: In den engen Gassen drängten sich Italiener, die ihren Feierabend
genossen und jede Menge Touristen, von denen mindestens die Hälfte Japaner zu
sein schienen. Kaum ein Besucher versäumte es, eine kleine Münze in den
berühmten, am Abend in ein zauberhaftes Licht getauchten Trevi-Brunnen zu
werfen, einer alten Legende eingedenk, dass sie dadurch eines Tages sicher nach
Rom zurückkehren würden. Aber auch viele junge Römerinnen und Römer trafen sich
an dem beliebten Platz zu einem romantischen Stelldichein.
    Pater
Simone verspürte beim Anblick eines jungen Paares, das sich eine Handpizza
teilte, bohrenden Hunger. Seit dem Toast am frühen Nachmittag hatte er nichts
mehr gegessen. Normalerweise säße er um diese Uhrzeit bereits vor einem
dampfenden Teller Pasta. Doch sie hatten durch den defekten Scanner bereits zu viel
Zeit verloren. Außerdem brannte er darauf, weiter an der Übersetzung der
Schriftrolle zu arbeiten. Das Essen musste warten und er trat tüchtig in die
Pedale. Er stand soeben im Begriff, das schwere Portal des Mietshauses
aufzudrücken, um sein Fahrrad hineinzuschieben, als er plötzlich im Augenwinkel
etwas wahrnahm, das seine Aufmerksamkeit erregte. Im Licht der Straßenlaternen
glaubte er, inmitten einer Gruppe Touristen eine schmale Gestalt in Jeansshorts
und weißer Bluse entdeckt zu haben, die sich rasch entfernte. Er wollte sich schon
abwenden, als plötzlich im Licht einer Straßenlaterne ein hin und her
schwingender roter Haarzopf aufblitzte. Also doch Rabea! Aber, wo wollte sie
jetzt, um diese Uhrzeit alleine hin, fragte er sich verdutzt? Jedenfalls nicht
zu Lukas, denn sie lief schnurstracks in die entgegengesetzte Richtung. Was
sollte er tun? Ihr folgen? Er musste sich schnell entscheiden. Hinter sich
hörte er seinen jungen Nachbarn die Treppe herunter kommen. Kurz entschlossen
drückte Simone dem verblüfften Mann den Scanner in die Hand, rief ihm über die
Schulter zu, dass er ihn später bei ihm abholen würde und hastete dann zu Fuß
die enge Gasse hinter Rabea her. Er hatte sie schnell eingeholt, nur einige
lautstark grölende, englische Touristen trennten sie noch. Er wollte sich ihr
bereits zu erkennen geben, als er plötzlich Gefallen an dem Spiel fand, ihr
heimlich zu folgen. Es konnte vielleicht nicht schaden, erst einmal zu wissen,
wohin sie wollte. Über Nebengässchen erreichten sie die Via del Quirinale, die
direkt in die Via XX. Settembre mündete. Rabea hastete die lange Straße bis zu
deren Ende am Porta Pia weiter, an der dort ansässigen britischen Botschaft
vorbei und bog dann in die Via del Policlinico ein. Während sich Pater Simone
einmal mehr mit seinem Taschentuch die feuchte Stirn wischte, bereute er seinen
vorschnellen Entschluss, Rabea heimlich zu folgen. Nicht nur, dass es
inzwischen dunkel geworden war und er die junge Frau im matten Licht der
Straßenlaternen schon mehrmals beinahe aus den Augen verloren hätte, auch seine
untrainierte Korpulenz machte ihm zu schaffen. Rabea legte leichtfüßig ein
hohes Tempo vor. Endlich, nach zwanzig Minuten Fußmarsch, schien sich Rabea
ihrem Ziel zu nähern. Nachdem sie die Piazza della Croce Rossa überquert hatte,
steuerte sie die Via di Villa Patrizi an. Hier begann das Diplomatenviertel von
Rom. Stille Straßen, in denen einsame Villen und vornehme Palazzi hinter hohen
Mauern ein verstecktes Dasein führten. Rabea näherte sich einer imposanten
Villa aus dem 18. Jahrhundert am Rande einer weitläufigen Grünanlage. Mit
Ausnahme eines einzigen beleuchteten Fensters im ersten Stock, lag das Haus
völlig im Dunkeln. Fast

Weitere Kostenlose Bücher