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Die Seelenpest

Die Seelenpest

Titel: Die Seelenpest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seidel
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des jetzigen Rektors Peter Furges, war dicht neben ihr gegangen und hatte nichts davon bemerkt.
    Wochen waren vergangen, bis Andrew Margaret wiedergesehen hatte. Auf der Straße, an der Seite eines älteren Mannes, der eine rote Mütze trug und lebhaft auf sie einredete. Sie lachte hell, die Augen strahlten – bis sie ihn plötzlich erkannte und ihr Gesicht gefror. Vor Freude, denn als sie vorüberging, wandte sie sich um und lächelte. Der Alte, es war Raspale, wie er später erfuhr, hatte sie am Arm gefasst und fortgezogen.
    Seither war über ein Jahr vergangen. Andrew hatte herausgefunden, wo Margaret wohnte, wer sie war. Wochenlang hatte er sich in Bucklesbury herumgetrieben und spioniert. Eines Tages dann entdeckte er sie, als sie mit einer Magd zum Markt in West Cheap ging.
    Er folgte ihnen, behutsam. Erst als sie die engen Ständegassen wieder verließen, stellte er sich so, dass Margaret dicht an ihm vorübergehen musste – und sie erschrak gehörig! Später, als es dunkel wurde, war sie ans hintere Gartentor des Old Barge, ihres Elternhauses, gekommen, aufgeregt und flüsternd. Da hatte er das erste Mal ihre Hand gehalten. Margaret hatte in der Nacht, wie sie ihm später beichtete, kein Auge zugetan.
    Jetzt hockte sie dicht vor dem Blätterhäuschen und schaute alles an. »Hast du wirklich dabei an uns gedacht?«
    »Schon«, druckste er.
    »Ein bisschen wenigstens?« Sie hatte ihn durchschaut. Sie war so klug!
    »Doch ja. Ich hatte ja viel Zeit… Du bist so spät gekommen.«
    »Ich muss immer schleichen und mich überall verstecken, damit mich niemand sieht, die alte Barnes, die Hexe, und am Tellers Court vorbei.«
    Sie machte eine Pause.
    »Wir sind sehr vernünftig, Andrew. Wir wissen, dass wir nicht zusammenkommen können. Aber wir träumen einfach, dass es anders wäre. Schau nur, wie schön das Licht dort durch die Bäume fällt. Da ist es leicht, unseren Herrgott zu lieben, oder?«
    Andrew nickte.
    »Glaubst du, er selbst hat uns zusammengeführt?«, fragte er und hockte sich dicht neben sie. »Das muss er doch, alles ist aus seiner Hand und durch seinen Willen da.«
    Sie nickte.
    »Aber wenn ers war, gehören wir zusammen. Oder spielt er nur mit uns?«
    »Gott?«, fragte sie zurück.
    »Ja.«
    »Sag so was nicht!«
    »Trotzdem!« Er stach einen Stock in das lose Erdreich.
    »Wir müssen nicht immer wissen und verstehen, was Gott will«, sagte sie.
    »So redet bestimmt dein Vater.«
    »Er weiß so etwas.«
    »Ja, weil er mich nicht leiden kann.«
    Sie schwieg.
    Dann fragte sie: »Woran denkst du jetzt?«
    »Das errätst du sowieso nicht.«
    »Doch«, sagte sie. »Du willst Blumen für mich sammeln.«
    »Nein. Ich denke, es wäre schön, dich jetzt zu küssen.«
    Margaret sprang hoch. »Das geht nicht, Andrew!«
    »Warum?«
    »Du weißt, warum.«
    »Nein«, sagte er und sah sie ehrlich an.
    Sie schüttelte den Kopf und tat einen Schritt weg von ihm. »Höchstens auf die Wange. Das nächste Mal.«
    »Auf die Wange? Das ist kein Kuss.«
    »Ein Wangenkuss, kein Mundkuss. Du weißt genau, warum.«
    Sie war sehr entschieden, das spürte er. »Na gut, ein Wangenkuss.«
    »Das nächste Mal. Vielleicht.«
    »Nicht vielleicht. Versprich es mir!«
    »Na gut«, sagte sie. »Und gegen den Willen meines Vaters. Er würde mich töten. Aber es ist mir egal, weil es die Liebe ist.« Sie hob den Kopf. »Wir wollten uns Geschenke machen«, sagte sie und zog etwas aus der Tasche ihres Kleides. »Ich habe ihn für dich gemacht. Damit du an mich denkst.« Es war ein kleiner Hund, aus Holz geschnitzt.
    Andrew hatte einen Brief für sie. »Ein Lied und selbst gereimt. Es ist versiegelt. Du musst warten, wenn du es lesen willst.«
    »Ich kann nicht warten.«
    »Du musst, das gehört dazu.«
    »Höchstens einen Atemzug.«
    »Nein, mehr.«
    »Eine Minute!«, rief sie freudig.
    »Dummkopf.«
    »Eine Stunde.«
    »Nein.«
    »Bis zum Abendgebet. Länger halte ich es nicht aus.«
    »Schon besser«, sagte er.
    »Warum so lange?«
    »Damit du leidest, damit du dich verzehrst, für mich.«
    »Du bist verrückt… und süß.«
    »Dein Herz soll bluten, süß bluten, lieber Engel. Nur für mich. Du sollst nur an mich denken, an niemand sonst.«
    »Wie grausam!«, rief sie.
    Er nahm ihre Hände und zog sie näher. Sie wehrte sich, ein bisschen. Er küsste ihre Hände.
    »Die Nacht verbringe ich weinend, um dich weinend. Ist das gut so?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Wie lieb ich dich jetzt habe…«
    »Schmerz gibt der Liebe ihre Würde«,

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