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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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mich ...”
    „Du willst wissen, warum ich es nicht für jeden tue, oder?” „Ich weiß, dass du nicht jeden Tod rückgängig machen kannst, aber wie entscheidest du?”
    Coranna antwortete nicht, und Rhia fürchtete, dass sie einen Fehler gemacht hatte, eine solche Frage zu stellen.
    Endlich sagte Coranna: „Um Krähes Flug umzukehren, muss ein Handel beschlossen werden. Leben für Leben.”
    Rhia wurde kalt. „Damit ein Mensch zum Leben zurückkehren kann, muss ein anderer sterben?”
    „Es ist nicht einfach ein Leben für ein anderes. Es ist Zeit auf Erden, die ich eintauschen muss.”
    „Ein anderes Leben wird verkürzt?”
    „Ja. Um den gleichen Betrag, den der Rückkehrer noch zu leben hat.”
    Der Wald um Rhia herum begann zu schwanken. Und das lag nicht nur am Wind. „Und wer ... für mich ...”
    „Alle.”

27. KAPITEL
    R hia lehnte sich an den Rand des Scheiterhaufens, um nicht umzufallen. „Wenn du sagst, alle ...”
    „Alle Kalindonier. Bis auf die Kinder natürlich. Sie sind nicht alt genug, um so einem Handel zuzustimmen.”
    „Wie lange ...” Rhia wurde schlecht. „Wie viel Zeit habe ich ihnen genommen?”
    „Das kommt darauf an, wie lange du lebst. Verteilt auf alle erwachsenen Dorfbewohner – angenommen, du lebst noch fünfunddreißig Jahre und erreichst mein Alter, und darum bete ich -, dann kaum einen Monat von jedem.”
    Ein Monat. Sie hatte jedem Kalindonier einen Monat geraubt. Ein Monat weniger, die Kinder festzuhalten, das Gesicht in die Nachmittagssonne zu strecken, in den Armen des Geliebten zu schlafen.
    „Warum sollten sie so etwas tun?”
    „Weil eine Krähe selten und wertvoll ist. Eine Krähe ist, um ehrlich zu sein, fünf Otter oder zehn Wölfe wert.”
    „Das stimmt”, kam Mareks Stimme aus der Dunkelheit, wo er Wache stand.
    „Es stimmt nicht”, sagte Rhia. „Wir haben unserem Volk alle gleich wertvolle Gaben zu bieten.”
    „Gleich notwendig vielleicht, aber nicht gleich häufig.” Mahnend hob Coranna den Finger. „Also pass gut auf dich auf.”
    „Auf mich aufpassen? Wenn für jeden Tag, den ich lebe, jemand anderem ein Tag genommen wird? Wie kann ich leben, wenn ich weiß, was ich sie gekostet habe?”
    „Du hast es ihnen nicht genommen. Sie haben es dir gegeben.”
    Rhia blickte zu Marek und lehnte sich dann näher zu Coranna hinüber. „Was ist mit ihm?”, flüsterte sie. „Als seine Partnerin und das Kind ...”
    Coranna hielt eine Hand hoch, um sie zum Schweigen zu bringen. „Marek?”, rief sie in die Dunkelheit. „Bringst du mir bitte meine Zeremonienrobe? Vielleicht muss ich sie vor der Beerdigung morgen noch dämpfen.”
    Widerwillig gab Marek sein Einverständnis. Nach einigen Augenblicken, lange genug, dass er außer Hörweite sein musste, drehte sich Coranna mit ernster Miene zu Rhia um.
    „Er hat es versucht. Er hat versucht, sein Leben für die Frau und das Kind einzutauschen. Er hat mich angefleht. Aber dass Krähe ein Leben statt zweier nimmt, besonders eines, das gerade geboren wurde – das war zu viel verlangt. Ihre Leben wären nicht lang gewesen, und der Handel hätte Marek in genau jenem Augenblick umgebracht. Ich konnte ihn nicht loslassen.” Ihre Unterlippe bebte kurz. „Also habe ich es nicht getan.”
    „Was ist mit den anderen Leuten hier? Hätten sie nicht von ihrem Leben geben können, um sie zu retten?”
    „Es muss in wenigen Augenblicken nach dem Tod geschehen, so wie es bei dir gewesen ist. Für sie blieb dazu nicht die Zeit.”
    Rhia wandte sich ab und verbarg das Gesicht in den Händen, um ihre Tränen aufzuhalten, ehe sie kullern konnten.
    Coranna trat näher. „Du wirst noch lernen, dich von den Schmerzen der anderen zu distanzieren.”
    „Das will ich nicht.”
    „Du musst, um ihnen die Kraft zu geben, die sie brauchen.” Sie nahm Rhia an den Schultern und drehte sie zu sich um. „Du kannst auch Mitleid zeigen, ohne davon ...”
    Hysterisch zu werden, dachte Rhia. Wahnsinnig?
    „... eingenommen zu werden.”
    Ich will das nicht, betete sie zu Krähe. Wie könnte ich je? Corannas Griff wurde fester. „Erinnerst du dich, wie glücklich Etar ausgesehen hat, als er auf die andere Seite getreten ist?” Rhia nickte, auch wenn sie sich erinnerte, wie Etars Lächeln verschwunden war, als Krähes Schwingen ihn umfasst hatten. „Das ist unsere Belohnung”, fuhr Coranna fort. „Und wenn die Dorfbewohner sich morgen an uns wenden, weil sie Trost suchen, werden wir ihn spenden, und dann werden ihre

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