die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
begrüßen, und wedelten mit ihren langen grauen Schwänzen.
„Ich habe euch auch vermisst.” Er streichelte den Kopf des Hundes, der ihm am nächsten war. „Und die Damen auch.” Er winkte den Weibchen, die hinter ihren größeren Gefährten aufsprangen und bellten.
„Hallo, Areas.” Alanka trat vor und ließ sich dabei von den wilden Hunden nicht stören.
Von der Sonne geblendet, sah er sie blinzelnd an. „Ich habe gehört, du kannst sehr gut mit Pfeil und Bogen umgehen. Jemanden wie dich könnten wir gut brauchen.”
„Ich habe noch nie einen Menschen erschossen.” Alanka berührte ihr Schlüsselbein dort, wo ihr langer Zopf einst gehangen hatte. „Aber es wäre mir eine Ehre, es zu versuchen. Ich meine, eine Ehre, als Krieger ausgebildet zu werden.”
Areas neigte den Kopf. „Danke.” Nach einer unangenehmen Pause räusperte er sich. „Wie wäre es mit einem Ausritt?” Er richtete die Frage an Rhia, schloss aber, ewig galant, Alanka in seinen Blick mit ein.
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„Ich nicht”, erwiderte Alanka. „Ich habe mich noch immer nicht von der Reise aus Kalindos erholt.” Sie rieb sich den Hintern und verzog übertrieben das Gesicht.
Areas wandte sich nun direkt an Rhia. „Dein Vater hat gesagt, die zwei kastanienbraunen Ponys brauchen mehr Bewegung.”
Nickend drehte Rhia sich von ihm weg. Sie konnte ihm nicht ewig Vorwürfe machen. „Ich hole das Zaumzeug.”
Als sie auf dem Pferderücken saßen, ritt Areas gen Südwesten los.
Rhia folgte ihm. „Warum nehmen wir diesen Weg?”
„Ich muss dir etwas zeigen.” Er hob eine Hand. „Es ist eine Überraschung, verdirb sie also nicht mit hundert Fragen.”
Sie ritten schweigend durch die sonnenbefleckten Wälder. Endlich fragte Areas sie: „Was hast du an Asermos am meisten vermisst?”
„Jetzt, wo ich zurück bin, wird mir klar, dass ich die Wolken vermisst habe. In Kalindos sieht man nie mehr als ein winziges Stück Himmel auf einmal, also geht die Form der Wolken verloren. Ich habe es vermisst, mir auszumalen, was sie darstellen.”
„Was hast du noch vermisst?”
„Brot. Bier. Käse.”
„Und?”
„Und Hunde.”
Er seufzte. „Was vermisst du am meisten an Kalindos?” Sie antwortete nicht. Der Weg wurde breiter, und er zügelte sein Pony, um neben ihr zu reiten. „Du hast dort jemanden kennengelernt.”
„Ich habe viele Leute kennengelernt. Die meisten von ihnen waren gut. Selbst Razvin – er hat seine Tochter so sehr geliebt, dass er bereit war, alles zu tun, um sie zu beschützen. Die Menschen dort lieben sehr heftig.”
„Tun sie das?”
Sie sah ihm nicht in die Augen. „Sieh dir Alanka an. Sie 372
ist den ganzen Weg geritten, um uns zu helfen, weil sie meine Freundin und meine Schwester ist. Sie wusste, dass man sie vielleicht feindselig empfängt wegen der Sache, die ihr Vater getan hat.”
„Jetzt, wo sie auf unserer Seite kämpft, würde niemand es wagen, sie schlecht zu behandeln.”
„Wölfe jagen normalerweise im Rudel. Vielleicht kann sie das in der Schlacht für euch nutzen.”
„Gute Idee. Ich frage sie.” Wie beiläufig ließ er die Finger durch die Mähne des Ponys gleiten. „Gibt es noch andere Beispiele?”
„Beispiele für was?”
„Die heftige Liebe der Kalindonier.”
Ihr Herz verkrampfte sich. „Ich glaube, schon”, antwortete sie leise.
„Du wartest darauf, dass noch jemand kommt.”
„Ja, das tue ich.”
Areas verfiel in Schweigen. Von Bäumen gerahmt, lag ein weites Feld vor ihnen, wo der Weizen, noch grün so früh im Sommer, sich im Wind wiegte.
Er griff einen der Zügel ihres Ponys. „Schließ die Augen.” „Warum?”
„Das ist die Überraschung. Vertrau mir.”
Sie schloss die Augen und presste die Oberschenkel enger an das Pony, um die Balance zu halten. Ohne sehen zu können, wurden die Geräusche und Düfte des Feldes und der Bäume um sie herum stärker. Sanfte Halme strichen an Rhias Beinen vorbei und dufteten intensiv. Bald war der Weg frei, sie mussten einen Pfad in der Mitte des Feldes erreicht haben.
„Nur noch ein kleines Stück.” Areas führte sie noch ein Stück weiter und hielt dann beide Ponys an. „Mach die Augen auf.”
Das tat sie und keuchte erstaunt auf.
Das halbe Feld war von einem Ring aus etwa einem Dut373
zend Bäumen umschlossen, die in jeder Farbe des Herbstes leuchteten. Blätter, die scharlachrot, orange und golden waren, stachen vor dem Hintergrund des grünen Waldes hervor.
„Gefällt es dir?”, sagte er. „Ich habe es
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