die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
klingen.
„Du kannst nicht allein weglaufen.”
„Ich weiß. Bring mich fort von hier.”
Marek stockte der Atem, ehe er ihn hörbar wieder ausstieß. „Wohin sollten wir gehen?”
„Egal wohin. Lass mich nur nicht auf die andere Seite.” Sie griff nach seinem Hemd. „Ich will hierbleiben. Bei dir.”
Erneut zog er sie an sich, und die Heftigkeit seiner Umarmung drückte den Kampf aus, den er mit sich ausfocht. Sie hasste sich dafür, dass sie ihn bat, Coranna zu hintergehen, aber sie musste leben.
„Rette mich”, flüsterte sie. „Bitte.”
Er ließ sie los und schob sie heftig von sich. „Hilf mir zu packen.”
Sie kramten so viel Notwendiges zusammen, wie sie in ein paar Minuten finden konnten. Marek band sich den Beutel vor die Brust, wo er verschwand, gefolgt von seinem Bogen und seinen Pfeilen.
„Du musst auf meinen Rücken klettern, um meine Tarnung anzunehmen. Nachts sind immer Späher unterwegs.”
Er hockte sich hin, damit sie sich an ihn schmiegen konnte. Nachdem sie verschwunden war, stand er auf und öffnete die Tür.
„Das dürfte lustig werden”, sagte er trocken, ehe er die Leiter bestieg. Er packte die Sprossen hart an und presste seinen Atem zwischen den Zähnen hervor.
Als sie den Erdboden erreicht hatten, durchschritt er das Dorf gen Norden. Er glitt über den Boden hinweg und bewegte dabei nicht einmal eine Piniennadel. Rhia bedauerte seine Beute, der es schwerfallen musste, sein Kommen zu bemerken.
Von seinen Wolfskumpanen konnte man das nicht behaupten. Zwei von ihnen patrouillierten um das Dorf herum. Marek blieb stehen, als er sie sah, und änderte dann die Richtung, damit er und Rhia unbemerkt weitergehen konnten.
Er war so damit beschäftigt, den Menschen aus dem Weg zu gehen, dass er förmlich über einen herumstreifenden Puma stolperte. Erschrocken sprang Marek zur Seite, Rhia verlor den Halt und fiel rückwärts auf die Erde. Der Puma entdeckte sie, überwand seine Überraschung und machte sich zum Sprung bereit.
Rhia hob den Arm, um ihr Gesicht zu schützen, obwohl sie wusste, dass es nutzlos war. Marek brüllte ihren Namen.
Ein scharfes Schnappen und ein leises Knacken ertönten von rechts. Vor ihr fiel etwas Schweres hin.
Rhia senkte den Arm und sah den Puma kaum zwei Schritte entfernt von ihr im Dreck hegen. Sein Blick richtete sich auf sie und verlosch dann mit einem letzten Beben.
Sie setzte sich auf. Ein Pfeil, der immer noch zitterte, ragte aus dem Nacken des Pumas. Der Hals war gebrochen, genauso, wie das Biest auch sie getötet hätte.
„Worauf wartest du? Lauf!”
Rhia hob den Kopf und entdeckte Alanka auf einem großen flachen Stein. In ihrer Hand vibrierte noch der Bogen.
„Dank mir später”, sagte Alanka, „falls wir uns wiedersehen.” Rhia spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Sie rappelte sich auf und kletterte auf Mareks Rücken.
„Jetzt sind wir quitt”, sagte er in Alankas Richtung. Dann rannte er los. Hinter ihnen ertönte ein klagendes Lied für die Seele des Pumas, eine Jagdmelodie, in der sich Triumph und Trauer vermischten. Alankas bebende Stimme verebbte, je weiter sie rannten, und Rhia wünschte sich, sie hätte daran gedacht, sich von ihr zu verabschieden.
Sie flohen über den Gipfel eines steilen Hügels hinweg und die andere Seite hinab, stumm wie der Schnee, bis Kalindos meilenweit hinter ihnen lag. Rhias Arme und Beine schmerzten davon, sich an Mareks Körper zu klammern.
Endlich blieb er hinter einem Gebüsch stehen und wartete. Wäre er ein echter Wolf, seine Ohren hätten sich zuckend in alle Richtungen bewegt. Er horchte auf das leiseste Geräusch.
„Fürs Erste sind wir sicher.” Er ließ sie von seinem Rücken gleiten und sank dann schwer atmend auf den Waldboden.
„Glaubst du, Alanka wird Coranna etwas verraten?” „Wenn Alanka gewollt hätte, dass wir in Kalindos bleiben”, sagte er, „hätte sie uns gezwungen.”
„Du hast gesagt, ihr zwei wärt quitt. Hast du ihr das Leben gerettet?”
„Ein- oder zweimal. In den ersten Tagen der Jagd machen wir alle Fehler. Alanka ist, na ja, vorlauter als die meisten.” Er lachte etwas atemlos. Der Beutel tauchte auf, und zwei Decken kamen daraus hervor. „Wir ruhen uns hier ein wenig aus. Halt dich warm.”
Sie rutschten enger aneinander und zogen die Decken um ihre geduckten Gestalten.
„Wohin gehen wir?”, fragte sie ihn.
„Zu einem Trapperunterschlupf, etwa eine Stunde von hier. In der Nähe des Flusses, dem Lauf entgegen. Je nachdem, wie
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