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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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das Fenster. Wir wollen nicht, dass jemand unten eine böse Überraschung erlebt.”
    Rhia zwang ihre Füße, ihren Körper zu tragen, und schleppte sich zum Fenster. Die Luft war beißend kalt, was ihre Sinne schärfte, sie aber auch an die Qualen, die vor ihr lagen, erinnerte. Sie legte ihre Arme auf das Fensterbrett, stützte ihr Kinn darauf und versuchte, tief durchzuatmen.
    „Wie lange wird es dauern?”, fragte sie matt.
    „Es ist weniger als ein Tagesmarsch nach ...”
    „Wie lang wird es dauern zu sterben?”
    „Das hegt bei dir. Erst werden deine Instinkte dich dazu bringen, zu kämpfen. Aber wenn du dich erst ergeben hast, dauert es nicht mehr lange. Eine Stunde, vielleicht zwei, je nachdem, wie kalt es ist. Man hat mir gesagt, es ist wie einschlafen. Du trägst von Kopf bis Fuß dünne Kleidung, damit du keine Erfrierungen bekommst.”
    Rhia zuckte zusammen. „Das ist nicht fair”, flüsterte sie, auch wenn sie wusste, dass es ein absurder Einwand war.
    „Ich weiß.” Corannas Stimme wurde weicher. „Krähe sein ist eine große Last, aber auch eine große Ehre. Wir müssen darauf vertrauen, dass er nur die wenigen auserwählt, die in der Lage sind, Beschwerlichkeit, Einsamkeit und die Last der Sterblichkeit zu ertragen.”
    Kann Krähe sich noch gegen mich entscheiden, fragte Rhia sich. Wenn sie nur davonkäme, könnten sie vielleicht ihren Pakt neu besprechen.
    In jedem Fall würde sie diese Diskussion mit Coranna nicht gewinnen. Enttäuscht ließ sie die Schultern sinken.
    „In Ordnung”, sagte Rhia. „Ich gehe.”
    Coranna seufzte. „Danke.” Sie berührte Rhias Gesicht und küsste sie auf den Kopf. „Ich verspreche, es wird alles genau nach Plan verlaufen.”
    Ja, das wird es, dachte Rhia, aber nicht nach deinem.
    Rhia warf einen letzten, langen Blick auf die schlafende Coranna, ehe sie die Tür hinter sich schloss.
    Ihr hastig gepacktes Bündel brachte sie aus dem Gleichgewicht, als sie über die Hängebrücke balancierte, die Corannas und Mareks Haus miteinander verband. Sie hatte vielleicht nicht einmal genug Vorräte eingepackt, aber das war ihr egal.
    Wenn Marek Ja sagte, würde er mitbringen, was noch fehlte. Wenn er Nein sagte, würde sie zu Coranna zurückgehen.
    Zurück in den Tod.
    Eine hölzerne Latte unter ihren Füßen quietschte. Sie hielt den Atem an und warf einen Blick zurück auf Corannas Haus, ehe sie zu Mareks Tür weiterging.
    Diese öffnete sich, ehe Rhia klopfen konnte. Sie starrte in die Dunkelheit.
    „Du hättest nicht kommen sollen.” Mareks Stimme erstarb. Eine unsichtbare Hand packte ihre Schulter und zog Rhia ins Haus.
    „Ich konnte nicht ... ich kann nicht ...”
    „Schsch.” Marek schloss sie in die Arme. Sie klammerte sich an ihn und schluchzte.
    „Coranna will mich umbringen.”
    „Ich weiß. Ich weiß.” Beruhigend streichelte er ihr den Rücken.
    „Es muss einen anderen Weg geben. Ich könnte ihre Methoden studieren, lernen, indem ich zusehe ...”
    „Du kannst es nicht nur mit deinem Verstand erfassen.” Er hielt sie eine Armeslänge von sich weg. „Deine Seele muss auch lernen, dass der Tod nicht zum Fürchten ist.”
    Sie wünschte, sie könnte sein Gesicht sehen. „Was, wenn es nicht funktioniert? Was, wenn sie mich nicht zurückbringen kann?”
    Marek wurde still.
    „Ich habe zugehört, als du sie gestern gefragt hast”, sagte Rhia. „Du hast gesagt: ,Was, wenn du es nicht kannst?’ Marek, könnte sie einen Fehler machen und mich auf der anderen Seite lassen?”
    „Unter normalen Umständen kann Coranna jeden zurückbringen. Sie hat es schon früher für andere Krähen getan.” Er strich ihr die Haare aus den Augen. „Aber wenn du zurückkommst, bleibt vielleicht ein Teil von dir drüben. Und der Teil von dir, der hier ist, mag sich wünschen, er wäre es nicht.”
    Ihr fuhr ein kalter Schauer die Wirbelsäule hinab. „Warum?”
    „Der Tod ist verführerisch. Er bringt Frieden, sagt man, und Zufriedenheit und so viele andere Dinge, nach denen wir unser ganzes Leben lang suchen.”
    „So sagt man.” Sie seufzte ungeduldig. „Aber wenn der Tod so etwas wie ein Paradies ist, warum kämpfen wir dann alle so stark dagegen an?”
    „Gute Frage.” Er berührte ihr Bündel. „Was ist da drin?” „Alles, was ich habe.”
    „Willst du bei mir einziehen?”, fragte er vorsichtig. „Nein, ich verlasse Kalindos.”
    „Warum?”
    „Warum? Weil Coranna mich umbringen wird.” Verzweifelt versuchte sie, nicht panisch zu

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