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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Lagerstätten nieder, die sie am Vorabend aus Laub und Reisig aufgehäuft hatten. »Wenn die Panik so groß wird, dass sie die Leinen zerreißen, ist es auch Zeit, sie ziehen zu lassen. Beutetiere können hier nur eine begrenzte Zeit bleiben, dann verlieren sie den Verstand. Raubtiere halten etwas länger durch.« Er reichte ihr das Bündel mit dem Proviant. »Ein wahnsinniges Pferd ist kein schöner Anblick. Bevor es dazu kommt, sollen sie lieber weglaufen.«
    »Das heißt wohl, wir werden heute nicht reiten.« Sie wollte ihm das Bündel zurückgeben, ohne es geöffnet zu haben, aber er nahm es nicht an. »Ich habe hier keinen Appetit«, protestierte sie.
    »Umso mehr ein Grund, etwas zu essen.« Er sah sie so lange an, bis sie sich mit einem Seufzer geschlagen gab und ein Stück Käse und einen Streifen Salzfleisch aus dem Beutel fischte. Verdammt, er hatte ja recht. »Und ja, ich meine, für die Pferde ist die Reise hier zu Ende. Ich hatte ein paar Tränke bei mir, um sie ein wenig zu beruhigen – Mittel, die wir oft verwenden, wenn wir so hoch im Norden unterwegs sind –, aber sie sind nicht mehr da.« Seine Miene verdüsterte sich. Er sprach nicht oft von seinen Erlebnissen in der Zitadelle, aber man merkte ihm an, dass er Anukyats Verrat an der Sache der Heiligen Hüter weder verstehen noch verzeihen konnte.
    Er hockte sich neben Kamala und kramte auch für sich ein paar Streifen Trockenfleisch aus dem Bündel. Heute gab es nichts Besonderes, keine Speisen, die erst zubereitet werden mussten. Er war mit seinen Gedanken weit weg.
    Wie sehr er doch Andovan glich, wenn die tief stehende Morgensonne sein goldenes Haar entflammte! Als ihr die Ähnlichkeit zum ersten Mal aufgefallen war, hatte sie noch geglaubt, ihr Unterbewusstsein hätte das Gesicht dieses Kriegers mit den Zügen ihres ehemaligen Konjunkten und Liebhabers vertauscht, um sie zu narren. Doch dann hatte Rhys ihr eines Abends seine Familiengeschichte erzählt, und sie hatte begriffen. Beide Männer waren vom gleichen Erbgut geprägt; in beider Adern floss das Blut der Lyr . Magisches Blut, wie er es genannt hatte. Der Stoff, aus dem Helden gemacht wurden.
    Bei diesen Worten hatte sie eine seltsame Bitterkeit in seiner Stimme gehört. Als wäre ein solches Erbe kein Geschenk, sondern ein Fluch. Er war ein rätselhafter, tief verbitterter Mann, ganz anders als sein Neffe. Auch der todgeweihte Prinz war Halb- Lyr gewesen, aber ihm hatte das nicht viel bedeutet. Seine Zukunft hatte in Schlössern und Palästen gelegen, nicht in den Höhlen von Ungeheuern.
    »Wie weit sind wir von diesem Speer denn noch entfernt?«, fragte sie.
    Er zögerte. »Wir spüren den Heiligen Zorn hier schon so stark, dass ich unter normalen Umständen höchstens mit ein paar Stunden gerechnet hätte. Aber wer weiß? Der Fluch war früher sehr viel besser abgeschirmt; man konnte sich einem Speer bis auf Sichtweite nähern, bevor einen seine volle Macht traf. Doch jetzt?« Er zuckte die Achseln. »Wir werden noch vor Einbruch der Dunkelheit dort sein, so viel kann ich mit Sicherheit sagen. Oder jedenfalls so nahe, wie es uns möglich ist.«
    »Ich dachte, die Heiligen Hüter beseitigen Schäden an diesen Gebilden. Dazu könnt Ihr doch wohl nicht auf Abstand bleiben?«
    »Es gibt die Tränke, von denen ich Euch erzählt habe, und man hat für solche Fälle eigene Rituale entwickelt. Manchmal sind dabei auch die Magister behilflich, aber man merkt ihnen an, wie ungern sie das tun. Da wir jedoch auf keine dieser Hilfen zurückgreifen können, müssen wir uns schlicht auf unseren Mut verlassen.« Er sah sie an. »Ihr braucht nicht bis zum Ende mitzukommen. Ihr könnt hier auf meine Rückkehr warten. Das ist keine Schande.«
    Ihre Züge verhärteten sich. »Ich bin nicht feige.«
    »Nein, aber Ihr seid auch kein Heiliger Hüter. Euch sitzt die Pflicht nicht im Nacken.«
    Dafür habe ich andere Gründe, hier zu sein , dachte sie. Und die sind nicht weniger wichtig als die deinen.
    »Ich begleite Euch so weit, wie ich kann«, erklärte sie. Und er kannte sie inzwischen wohl gut genug, um ihr nicht weiter zu widersprechen.
    Sie ließen den Lagerplatz, wie er war, nahmen sich aber die Zeit, das Feuer zu löschen, um den umliegenden Wald nicht zu gefährden. Rhys wickelte einen Teil des Proviants in ein Leinentuch und steckte sich das Bündel in die Tasche, und beide nahmen ihre Wasserschläuche mit. Alle anderen Vorräte blieben zurück. Was das bedeutete, war erschreckend klar: Entweder

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