Die Seemannsbraut
überholen.
Haven war seinen mündlichen Instruktionen ohne Überraschung oder Erregung gefolgt. Bolitho hatte ihm mehr als einmal eingeschärft, daß er als Flaggkapitän verpflichtet war, über das Geschwader zu wachen, und sich nicht lediglich um die Angelegenheiten seines eigenen Schiffes kümmern durfte. Welch beeindruckende Vorschläge Kapitän McKee von der Fregatte
Tybalt
auch machen würde, um sich fortzustehlen, warnte er Haven, sie seien alle abzulehnen. Er brauchte die Fregatte ebensosehr wie ihn, wenn nicht noch mehr als ihn.
Nach der Kajüte der
Hyperion
kamen ihm die Unterkünfte der Brigg eng wie ein Küchenschrank vor. Er konnte nur unter dem Oberlicht aufrecht stehen und erfuhr, daß die Mannschaft in Quartieren lebte, deren Stehhöhe nur vier Fuß und sechs Zoll betrug. Aber das Schiff wirkte binnenbords so lebhaft und tüchtig wie nach außen. Bolitho bemerkte schnell das aufgelockerte Verhältnis zwischen Achterdeck und Mannschaftslogis und war heimlich stolz auf das, was sein Neffe geleistet hatte.
Es störte ihn nur der Umstand, daß er nichts Neues mehr von Catherine erfahren hatte. Vermutlich suchte sie ein normales Leben zu führen, bis die Gerüchte verstummten, oder sie war umgezogen. Dennoch beunruhigte es ihn, besonders nach dem Lesen des einen Briefes, den ihm Belinda geschickt hatte.
Es war ein kühler Brief, viele hätten ihn als vernünftig bezeichnet. Sie erwähnte nur kurz seine Leidenschaft für »dieses Weib« als etwas, das man vergeben, aber nicht verstehen konnte. Nichts durfte zwischen ihnen stehen: »Ich werde es nicht tolerieren«. Hätte sie im Zorn geschrieben, wäre er weniger beunruhigt gewesen. Vielleicht hatte sie Catherine schon auf einem jener Empfänge getroffen, die Belinda so liebte? Aber das schien unwahrscheinlich.
Auf dem Ozean begann die
Firefly
ihrem Namen getreu förmlich zu fliegen. Adam hielt sich weit draußen, weg von Land, als sie Tag für Tag ihren Weg entlang der Küste Portugals nahmen und dann in die Biskaya abdrehten. Als Bolitho fragte, warum er so weit draußen segelte, erklärte Adam ihm grinsend, daß er die Blockadegeschwader meiden wolle. »Jeder Kommandant, der die
Firefly
sichtet, will mir Post für England mitgeben. Diesmal aber habe ich keine Stunde zu verschenken.«
Bolitho bedauerte die Männer auf den Blockadeschiffen. Woche um Woche kreuzten sie bei jedem Wetter hin und her, während der Feind sich im Schutz des Hafens ausruhte und jede ihrer Bewegungen beobachtete. Blockadedienst war der meistgehaßte von allen, was die neuen Leute der
Hyperion
bald erfahren würden.
Die zwölfhundert Meilen von Gibraltar nach Portsmouth wurden zu einer der lebhaftesten Überfahrten, an die sich Bolitho je entsann. Er verbrachte viel Zeit an Deck mit Adam, wo sie den Lärm von Wind und Gischt überschreien mußten und die Brigg ihre Segel dermaßen strapazierte, daß er sich fragte, wie das ihre Masten aushielten.
Es machte ihm Spaß, wieder mit Adam zusammen zu sein und zu sehen, daß er sich vom eifrigen Leutnant zum Kommandanten gemausert hatte, der die Stärke jedes Tampens und Segels kannte und den Unerfahrenen Vertrauen einflößte. Gern zitierte er Nelson, den Helden, den er rückhaltlos bewunderte. Adams Erster Leutnant, Bolitho bisher unbekannt, hatte, als die Biskayastürme plötzlich über sie herfielen, ängstlich Segel reffen wollen. Adam hatte das Getöse überschrien: »Es ist erst dann Zeit zu reffen, wenn man dazu Lust hat!«
Ein andermal hatte er seinen Onkel zitiert, als ihn ein Meistersgehilfe fragte, ob die Mannschaft vor oder nach dem Wenden essen solle. Adam hatte Bolitho angesehen und gemeint: »Die Mannschaft geht vor.«
Dann erreichten sie die Westlichen Zufahrtswege und den Kanal, tauschten Signale mit wachsamen Vorposten und sichteten an einem herrlichen Frühlingsmorgen die Is le of Wight. Nur fünfeinhalb Tage hatten sie von Gibraltar hierher gebraucht.
Bolitho und Adam begaben sich in Portsmouth zu einem kleineren Gasthaus, nicht zum »George«, um die Postkutsche nach London zu erwarten. Vielleicht hätte das »George« zu viele Erinnerungen geweckt.
Es hatte Bolitho während der Überfahrt auch Freude gemacht, Allday mit seinem Sohn zu beobachten. Nun sagten sie einander Lebewohl, als der junge Bankart auf seinem Schiff blieb und Allday die Kutsche bestieg. Bolitho protestierte, als Allday wegen der belegten Sitze draußen Platz nehmen sollte. Der aber musterte verächtlich die rundlichen Kaufleute, die
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