Die Seevölker
zugunsten des Tempels, seiner
Priester und Leviten auferlegt; Vieh, Geflügel, Wein Brot und Öl zähl-
ten zu diesen Lebensmitteln. Eine Besteuerung der Bevölkerung zu-
gunsten der Tempel war während der 21. Dynastie eine besonders
stark ausgeprägte Institution in Ägypten, und eine Fülle hieroglyphi-
scher und demotischer Texte befaßt sich mit einer derartigen Besteue-
rung. Vieh und Geflügel und Wein und Brot und Öl waren der Tribut,
den der Staat und seine Bevölkerung den Tempeln und ihren Priestern
abzuliefern hatten.
Während der Perserherrschaft besaß der Tempel von Jerusalem
auch unfreiwillige Diener oder erbliche Sklaven, die zum Tempelper-
sonal gehörten. Nehemia erwähnt sie in seinem Buch (11:3): »Die Prie-
ster, die Leviten und die Nethinim …« – bei letzteren handelte es sich
um die Tempelknechte (die erblichen Sklaven). Erbliche Sklaven gab es
in großer Anzahl in den ägyptischen Tempeln; auch umfangreiche
Ländereien oder Lehnsgüter wurden von abhängigen Bauern bearbei-
tet, die praktisch Leibeigene waren.
Wie schon die Bücher von Nehemia und Esra, so präsentieren auch
die Bücher der Propheten Haggai, Sacharja (der zur Zeit Dareios des
Großen wirkte) und Maleachi das Bild von einer Theokratie, die sowohl
1 Josephus Flavius, Jüdische Altertümer, XI, VII.
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den Tempel als auch das Land regierte. Der Hauptunterschied zwischen
Jerusalem und Ägypten besteht in der Verehrung einer höchsten Gott-
heit in Jerusalem – die weder Partner noch Herausforderer hinsichtlich
ihrer Machtstellung hatte – und der Verehrung eines obersten Gottes
Amun in Ägypten, der im ägyptischen Pantheon Partner und Heraus-
forderer neben sich hat. Für das Ethos des mosaischen Gesetzes und für
das ethische Erbe der Propheten aus der Zeit vor dem Exil gab es nichts
Vergleichbares in den Tempeln von Ägypten, wo der Apis-Kult, ein
Vermächtnis aus früheren Zeiten, die Tempeldienste beeinflußte.
Orakelsprüche waren eine Institution, die andere priesterliche
Funktionen beherrschte und die sogar Vorrang vor anderen Erwägun-
gen bei der Entscheidungsfindung in den Staatsangelegenheiten Ägyp-
tens besaß. In den Tagen der persischen Oberherrschaft gab es auch im
Tempel von Jerusalem ein Orakel: »… ein Priester mit dem Licht und
Recht« (Esra 2:63).
Der Posten des Hohenpriesters war in Juda ebenso erblich wie in
Ägypten. Während wir mit der Genealogie der Hohenpriester unter
den Persern, vor der Ernennung von Herihor, einem Mann ohne be-
sonderen Ruf unter den Priestern auf diesem Posten, nicht gut vertraut
sind, ist uns die Nachfolge, die mit ihm beginnt, wohlbekannt – Psu-
sennes, Peinuzem, Mencheperre und Peinuzem II.
Für Juda ist die gesamte Linie der Hohenpriester von den Tagen des
Kyros bis zur Zeit Alexanders von der Aufzählung im Buch Nehemia
her bekannt (12:10-11): Jesua, Jojakim, Eljasib, Jojada, Jonathan und
Jaddua; diese Liste kennen wir auch von Josephus Flavius.
Bücher mit Priestergenealogien wurden in den Tempeln geführt
und wurden in Jerusalem ebenso häufig konsultiert wie in Ägypten.
Esra stammte zwar aus einer Priesterfamilie, jedoch nicht von einem
Hohenpriester ab. Trotzdem gelang es ihm, die jüdische Religion in
eine Form zu gießen, die sie während der persischen, griechischen und
der römischen Zeit und während neunzehn Jahrhunderten Diaspora
unzerstörbar machte. Die ägyptischen Priester seiner Zeit besserten ihr
Einkommen aus Steuern und Schenkungen durch Raubzüge in den
schatzträchtigen antiken Gräber auf, wo sie die Mumien ihrer Vorfah-
ren entkleideten, um nach Wertgegenständen jeder Art zu suchen. Da-
her erging es den Religionen Ägyptens und Israels in den folgenden
Jahrhunderten sehr unterschiedlich.
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Esra
Die Rolle Esras bei der Schaffung des rabbinischen Judaismus kann gar
nicht hoch genug veranschlagt werden. Er war der Herausgeber des
Pentateuchs und möglicherweise der Autor jener Teile, die unter der
Bezeichnung »Gesetze über Heiligung und Priestertum« (Mos. 2 und 3)
bekannt sind; es ist denkbar, daß er auch das erste und das zweite
Buch der Könige sowie das erste und das zweite Buch der Chronik
herausgegeben hat, und einige Bibelgelehrte nehmen außerdem an, er
habe seine Hand bei der Zusammenstellung jener Bücher im Spiel ge-
habt, die unter den Namen Nehemia und Esra bekannt sind und die
ursprünglich möglicherweise ein einziges Werk waren. Er ließ sich
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