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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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lieber an meine Schildseite wünschen würde. Noch vor Cygfa oder Braint oder Ardacos, sogar noch vor meiner Mutter würde ich mir dich wünschen. In Belins Namen, ich schwöre, dass das die Wahrheit ist.«
    Das war das Beste, was er Eneit nun geben konnte, das Beste, was er jemals gegeben hatte. Und es war, so schien es, mehr, als Eneit erwartet hatte. Sie lagen eine Armeslänge voneinander entfernt. Cunomar streckte die Hand aus und bot sie Eneit zum Handschlag der Krieger an. Eneit schlug ein; seine Hand war ganz schmierig von altem Schweiß, doch ruhig. Eine ganze Weile hielten sie einander so an den Händen. Eneit lockerte seinen Griff als Erster. Sein Lächeln war breit und träge, wenn auch ein wenig schief. »Danke.«
    »Das brauchst du nicht zu sagen.«
    »Nein. Aber ich meine es so.« Eneit stand auf, reckte sich und ließ die Wirbel in seinem Rücken knacken. »Ich denke aber nicht, dass wir meiner Mutter davon berichten sollten, wo wir gewesen sind.«
    Grinsend erhob auch Cunomar sich. »Sehe ich etwa so aus, als ob ich mir gern das Fell gerben lassen wollte? Ich denke noch nicht einmal daran. Aber ich denke, wir sollten mit Graine sprechen, wenn wir wieder zurück sind.«
     
    Doch es blieb keine Zeit mehr, um mit Graine zu sprechen. Sie kehrten in eine Siedlung zurück, in der es vor Geschäftigkeit summte wie in einem Bienenstock. Acht römische Kavalleristen standen mit ihren Pferden innerhalb der Umzäunung und starrten geradeaus, als ob die Menschen um sie herum gar nicht existierten. Einer, der weniger gut geschult war als seine Kameraden, wandte den Kopf und blickte Cunomar an. Ein Gefühl des Abscheus und der Überlegenheit übertrug sich blitzartig von dem Mann auf den Jungen. Zum zweiten Mal an einem einzigen Tag dachte der Sohn der Bodicea, dass ihm das Herz versage, und er spürte, wie es war, die Grenzen seines eigenen Mutes zu überschreiten.
    Als Cunomar am letzten der Wachtposten vorbeimarschierte, trat Ardacos auf ihn zu. In der Gegenwart des Feindes musste sich der Krieger stark zusammennehmen, und jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte erkennen, wie der Bärinnenkrieger sich auf geradezu schmerzliche Weise nach seinem Schwert sehnte.
    Hastig und in dem Dialekt von Mona sagte er: »Wasch dich und halte dich dann bereit, um nach Camulodunum aufzubrechen. In der Kolonie soll eine Zusammenkunft der Vasallenkönige stattfinden, um den neuen Tempel dort zu weihen; danach hat Tagos noch einige Angelegenheiten mit dem Gouverneur zu regeln. Und von dir wird verlangt, dass du ihn begleitest. Der Gouverneur wünscht, die neue Familie des ›Königs‹ kennen zu lernen.«
    Ardacos spuckte verächtlich aus, womit er womöglich bereits Hochverrat beging. Vor dem heutigen Morgen hätte Cunomar angesichts dieser Geste wohl noch gejubelt. Nun aber hatten andere Dinge für ihn Priorität. »Ich gehöre aber nicht zu Tagos’ Familie«, erwiderte er. »Warum muss ich dann mit?«
    »Weil du in den Augen Roms sehr wohl sein Sohn bist, und das ist alles, was im Moment zählt. Ihr werdet kurz nach Mittag aufbrechen.«
    Langsam rückte wieder die Welt jenseits von Eneit und dem Schwert eines Toten in den Vordergrund. Und diese Welt war nicht mehr länger das verhältnismäßig sichere Land, das sie am Morgen verlassen hatten. Cunomar packte Ardacos’ Arm. »Warte - Mutter reist auch nach Camulodunum? Seid ihr denn verrückt? Sie darf nicht mitreisen! Man wird sie erkennen. Was, wenn einer der Römer im Westen gedient und gegen sie gekämpft hat, als sie die Krieger von Mona anführte?«
    »Dann können wir nur hoffen und beten, dass die Umstände sein Erinnerungsvermögen vernebelt haben. Denn sie hat keine andere Wahl. In der Einladung wurde ausdrücklich nach dem König und seiner neuen Ehefrau verlangt. Es mag zwar als Bitte formuliert sein, doch der Gouverneur von Britannien ist ein Mann, dem man besser keinen Wunsch abschlägt. Und wenn sie sich weigerte, würde die Kavallerie sie einfach fesseln und auf ein Pferd werfen. Oder zumindest würden sie es versuchen.«
    »Aber...«
    »Airmid sagt, die beste Methode, um sich zu verstecken, ist, deutlich gesehen zu werden. Das ist auch der Grund, weshalb deine Mutter dem Gouverneur bereits die Präsentmesser geschickt hat. Die Leute sehen, was sie zu sehen glauben, und der Gouverneur verhält sich da nicht anders. Wir haben die Nachricht verbreitet, sie sei eine Schmiedin der nördlichen Eceni, und sie wird dem Gouverneur ein Geschenk übergeben, das, wenn er

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