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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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unschuldigen Mann vor Zeugen hinzurichten. Sein Tod soll als Beispiel dafür dienen, dass auch Römer nicht über dem Gesetz stehen. Man wird von Euch erwarten, dass Ihr das lobend zur Kenntnis nehmt.«
    Dann hatte Graine also zumindest bezüglich des ersten Teils ihrer Voraussage doch Recht. Sie wurden nicht für uns errichtet. Es wird ein Krieger der Stämme sterben und ein Bürger Roms, und beide halten sie bereits gefangen. Breaca begriff und ließ diese Erkenntnis sich auch auf ihrem Gesicht widerspiegeln.
    »In dem Falle bin ich mir sicher, dass man uns unsere lobende Zustimmung ansehen wird, obwohl es mir lieber wäre, wenn die Kinder all das nicht miterleben müssten. Von Euch dagegen, davon gehe ich aus, wird man erwarten, dass Ihr alledem wohl keinen Beifall spenden könnt. Folglich wird man Euch womöglich auffordern, das Theater noch vor uns wieder zu verlassen. Vielleicht könnten wir uns treffen, falls danach noch Zeit dafür sein sollte? Oder Ihr könntet uns einmal in unserem eigenen Land besuchen kommen? Ich habe eine Freundin, die sich sehr freuen würde, Euch kennen zu lernen. Sie besitzt eine gewisse Gabe, was die Geburtsbegleitung betrifft, aber es gibt ja jederzeit noch etwas Neues zu lernen.«
    »Das gibt es in der Tat.« Theophilus’ Augen leuchteten förmlich auf, ebenso wie Airmids erstrahlt wären, hätte man ihr ein solches Angebot unterbreitet. Er berührte mit einem Finger den Äskulapstab, der an einer Kordel von seinem Hals herabhing. »Ich würde mich sehr geehrt fühlen. Das Krankenhaus liegt im Südwesten der Stadt, zwei Blocks von der Villa des Gouverneurs entfernt. Ihr könnt fragen, wen Ihr wollt, sie alle werden Euch den richtigen Weg weisen können, und wenn Ihr dort angekommen seid, macht Ihr Euch auf die Suche nach Nerus und sagt ihm, dass Ihr auf ausdrückliche Einladung von Theophilus von Athen und Kos kommt. Merkt Euch das gut, Athen und Kos. Wenn Ihr diese beiden Namen nennt, wird er Euch einlassen.«
     
    Gekleidet in ihre Togen, ihre verbrämten Tuniken oder die Umhänge ihrer Stämme - alles deutlich erkennbare Erklärungen der Zugehörigkeit ihres Trägers zu Rom, oder auch dessen mangelnder Zugehörigkeit zu Rom -, füllten dreitausend schwatzende und herausgeputzte Bürger von Camulodunum die in Stufen übereinander angeordneten Sitzreihen des Theaters, während der Gouverneur seine Offiziere zu den für sie reservierten Plätzen auf der untersten der Bänke führte. Breaca und ihre Töchter saßen links vom Gouverneur, Tagos zu seiner Rechten.
    Die Luft in dem Theater schien vollkommen still zu stehen, war heiß und übel riechend. Die Frühlingssonne reckte sich über den oberen Rand der mit Marmor verkleideten Wände und ergoss ihr Licht direkt auf den mit Sand bedeckten Halbkreis, der die Sitze von der ihnen gegenüberliegenden hölzernen Bühne trennte.
    Links der Bühne lagen auf einigen aneinander gereihten Tischen die Geschenke der Stammesdelegierten für den Gouverneur. Die Sonne schenkte ihnen allen ihren Segen und polierte das schon viel zu lange polierte Metall scheinbar noch einmal nach, bis es in geradezu blendendem Glanz erstrahlte. Eine große, goldene Schale trug Berikos’ Zeichen: das Symbol des Stammes der Atrebater, die Eiche, verschlungen mit dem Adler der Legionen. Daneben wirkten Breacas in der Kiste eingebettete Speere recht klein und unauffällig. Ein Stückchen weiter stellten eine rote und eine gelbe Emaillebrosche sowie ein um einen Hohlkern gearbeiteter Halsreif die stark romanisierte künstlerische Handschrift der belgischen Goldschmiede unter der Herrschaft von Cogidubnos zur Schau. Ein Messer in einer Scheide aus gefärbtem Leder, ein Gürtel, ein komplettes Pferdegeschirr und ein erst kürzlich gewebter Umhang in Moosgrün vervollständigten die Geschenke der Belger. Am Ende jenes Tisches, der dem Publikum am nächsten stand, lagen auf einem karierten Brett aus zweierlei poliertem Holz je ein Satz blaue und gelbe Spielmarken, die sich entlang der beiden Seiten des Spielbretts aufreihten. Als die Geschenke das erste Mal präsentiert worden waren, im Forum, hatte dieses Spiel noch nicht auf dem Tisch gelegen.
    Unmittelbar hinter Breaca ertönte nachdenklich Corvus’ Stimme: »Irgendjemand hat dem Gouverneur ein Exemplar des Kriegertanzes geschenkt. Was meint Ihr, ob er wohl weiß, wie man dieses Spiel spielt?«
    Ohne sich umzuwenden und als ob sie zu Graine spräche, erwiderte Breaca: »Ich denke, einer seiner Offiziere könnte ihm

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