Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sehnsucht der Falter

Die Sehnsucht der Falter

Titel: Die Sehnsucht der Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Klein
Vom Netzwerk:
Kiki sind seit Sonntag wieder hier, damit sie ihre Prüfungen machen können. Alles ist praktisch normal.
16. Januar
    Ich rauche nie wieder Dope.
     
    Die schwarze Spinne: »Sorglich und freundlich barg es brave Leute in süßem Schlummer, welche Gottesfurcht und gute Gewissen im Busen tragen, welche nie die schwarze Spinne, sondern nur die freundliche Sonne aus dem Schlummer wecken wird.«
    Was trägt Lucy im Herzen? Kann ich das wirklich wissen?
17. Januar
    Es war als Feier geplant.
    Lucy, Carol, Kiki und ich schlichen uns spät am Freitagabend in Claires Zimmer und rauchten Hasch, das Claire von zu Hause mitgebracht hatte. Sie hat es von ihrer Kusine. Ernessa war auch da. Ich weiß nicht mehr, wer sie eingeladen hatte. Ich hatte schon ein paar Mal geraucht, kann mich aber nicht entspannen, wenn ich stoned bin. Ich komme mir immer vor, als würde ich bei einem Quiz mitmachen, von dem ich keine Ahnung habe, bei dem sich die Fragen verändern, bevor ich die Antworten hinschreiben kann. Aber dass es so schlimm sein könnte, hätte ich nicht gedacht, ich war nämlich nicht stoned, sondern halb tot.
    Claire stopfte die Pfeife. »Dieses Zeug schießt euch geradewegs ins Kaninchenloch«, sagte sie. Sie klang wie Charley.
    Sie hielt ein Streichholz an die Pfeife, inhalierte tief und gab sie weiter. Dann stellte sie ein paar Räucherstäbchen in einen Halter, der wie ein Elefant aussah, und zündete sie an. Ernessa, die neben ihr saß, blies die Flamme aus. »Lass das«, sagte sie.
    »Was?«, fragte Claire.
    »Das mit dem Weihrauch.«
    »Was für eine Pille hast du denn genommen?«, fragte Claire. »Du bist wie Alice, wenn sie so groß ist. Oder ganz klein. Es überdeckt den Geruch.«
    Claire lachte über ihren eigenen Witz und nahm das Streichholzbriefchen. »Denk dran, was die Haselmaus gesagt hat.«
    Doch Ernessa hob die Hand. »Ich meine es ernst. Ich ertrage den Geruch nicht. Dann kann ich nicht im Zimmer bleiben. Der Rauch erstickt mich. Er ist unerträglich süß.«
    Claire zuckte die Achseln. »Na schön. Leute, macht die Fenster auf und haltet die Pfeife raus. Dann frieren wir uns eben den Arsch ab.«
    Wir rauchten ein bisschen. Ich wollte gerade sagen: »Ich kann nicht mal fühlen …«, brachte den Satz aber nicht zu Ende. Die letzten Worte waren Millionen Meilen entfernt, ich konnte nur mühsam heranrobben. Ich stand auf und lief durchs Zimmer, wollte diesem Gefühl entkommen, doch das Zimmer war nicht groß genug, und mir stand dauernd jemand im Weg.
    »Hör auf«, sagte Claire, »du machst mich wahnsinnig. Du bist wie der verrückte Hutmacher.«
    »Ich kann nicht«, sagte ich. »Ich kann nicht. Ich kann nicht. Mir gehen alle Wörter verloren.«
    Mein Herz raste. Ich konnte mich nicht beruhigen. Carol stand auf und legte den Arm um mich, doch ich stieß sie weg und lief weiter auf und ab.
    »Sie wird echt seltsam«, meinte Carol, und ich merkte, dass sie sauer war.
    »Was sollen wir mit ihr machen? Die erwischen uns noch wegen ihr«, sagte eine Stimme.
    Lucy saß mit Ernessa auf dem Bett. Lucy hatte eine Decke um die Schultern, obwohl es trotz des offenen Fensters nicht kalt war. Sie steckten die Köpfe zusammen, schwarzes Haar neben hellem, sie flüsterten. Sie waren allein. Ich konnte nichts hören. Alle Geräusche verhallten.
    »Ich kann dieses Gefühl nicht mehr ertragen.« Meine Worte klangen gedämpft. Sie kamen aus einem anderen Zimmer, durch eine verschlossene Tür.
    Ernessa sah zu mir hoch. Ihr Körper schwoll an und schrumpfte. Ihre Zähne waren groß und verfärbt, die Lippen reichten nicht darüber. Über den Zähnen sah man das rote Zahnfleisch. Ihre Brauen lagen wie ein schwarzes Band über der Stirn. Ihr Gesicht war aschgrau. Als sie ihr dichtes Haar zurückschob, konnte ich die weißen Ohren und die dunklen Haare auf ihren Händen sehen. Überall waren dunkle Haare, auf den Wangen, um den Mund. Sie lächelte mich ganz ruhig an. Sie kümmerte sich gar nicht darum, was mit ihr geschah.
    »Was geht hier ab?«, fragte ich. Aber ich muss geflüstert haben, denn mir hörte keiner zu, und keiner bemerkte, was mit ihr passierte. Sie lachten alle und aßen Kekse. Wenn jemand die Hand in die Tüte steckte, erscholl das ohrenbetäubende Knistern des Zellophans.
    Ich hörte Ernessas Stimme, noch bevor sie durchs Zimmer gegangen war und den Kopf gesenkt hatte, sodass ich ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte. »Du kannst mich hören. Ich muss dir erzählen, wie es war, als ich herkam. Auf dem Schiff schaute

Weitere Kostenlose Bücher