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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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Ihre Künste beim Verbinden waren auch nicht besser als ihre Nähkünste. Ohne ihn zu fragen, schnitt sie seinen Gummischuh auf und band ihn mit einigen Stoffstreifen an die Unterseite des Verbandes.
    »So«, sagte sie, als sie fertig war. »So ist es schon besser.«
    »Danke.«
    Chang verneigte sich tief vor ihr, während er dort im Gras saß, und sie hatte das Gefühl, als wolle er ihr sein Gesicht nicht zeigen. Warum? Was hatte er zu verbergen?
    »Du brauchst mir nicht zu danken. Wenn wir uns andauernd gegenseitig das Leben retten, gibt uns das Verantwortung füreinander. Findest du nicht?« Sie lachte.
    Sie hörte, wie er scharf den Atem einzog. Hatte sie ihn mit ihren Worten verärgert? Waren sie anmaßend gewesen? Plötzlich fühlte sie sich wie jemand, der den Boden unter den Füßen verloren hat, und wusste gar nicht mehr, wie sie in diesen unergründlichen und unbekannten Gewässern Chinas navigieren sollte. Sie rappelte sich auf, trat ihre Sandalen weg und watete in das flache Wasser. Der Bach umspülte ihre Beine, kühlte ihre Haut, und sie spritzte Wasser auf den Saum ihres Kleides, um das Blut herauszuwaschen. Sein Blut. Das bis in die Fasern ihrer Kleidung eingedrungen war. Sie starrte es an, berührte einen der Flecke mit den Fingern und verspürte auf einmal das Bedürfnis, ihn nicht auszuwaschen.
    »Lydia Iwanowa.«
    Es war das erste Mal gewesen, dass er ihren Namen ausgesprochen hatte. Aus seinem Munde klang er anders. Weniger russisch. Mehr …
    »Lydia Iwanowa«, sagte er wieder, und seine Stimme war so leise wie der Wind, der in den Gräsern spielte. »Was ist es, das dir so viel Kummer bereitet?«
    Ein Beben durchlief sie. Sie wusste nicht, ob es ihr eigenes Blut war, das zum Erzittern gebracht worden war, oder das Wasser, doch in jenem sonnendurchfluteten Moment wurde ihr klar, dass sie ihn missverstanden hatte. Es war, als könnte er durch sie hindurchsehen, weil ihre Gedanken für ihn so klar waren wie die Wassertropfen, die von ihrer Hand herabfielen. Als er so scharf den Atem einzog, war es nicht aus Verärgerung gewesen. Es war, weil er ebenso wusste wie sie, dass sie jetzt wirklich verantwortlich füreinander waren. Als sie zu Chang An Lo hinüberschaute, der sie mit seinen schwarzen Augen betrachtete, spürte sie, wie etwas zwischen ihnen greifbar wurde. Wie eine Art Faden, der schimmernd in der Luft hing. Er war kaum wahrnehmbar, kaum mehr als ein winziges Kräuseln des Bachwassers, und doch war er so stark wie eines der Stahlkabel, an denen die neue Brücke über den Peiho hing.
    »Sag mir, Lydia, was liegt dir auf dem Herzen?«
    Sie ließ den Saum ihres Kleides los, und als der Stoff um ihre Beine herum im Wasser trieb, wurde ihr wieder einmal schmerzlich bewusst, wie schäbig ihr Kleid war. Sie traf eine Entscheidung.
    »Chang An Lo«, sagte sie. »Ich brauche deine Hilfe.«
    »Gestern Abend habe ich einem Mann eine Kette aus der Manteltasche gestohlen.« Sie saß wieder auf ihrem Felsen, hockte auf dem Stein wie eine der hiesigen, orangeroten Eidechsen, den Kopf hoch erhoben und die Glieder angespannt, bereit zu fliehen. »Im Ulysses Club.«
    Der Ulysses Club war das Stammlokal der Briten, die in der internationalen Siedlung in Tschangschu lebten, ein Club, der auf absurde Weise pompös und abgehoben war – und deshalb eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Lydia ausübte. Versuch du mal in einer schäbigen, ungelüfteten Dachkammer zu leben, hatte sie einmal ihrer Freundin Polly gegenüber geschimpft, und schau dann, ob der Ulysses Club nicht auch auf dich seinen Zauber ausübt.
    »Deshalb ist auch gestern Abend die Polizei im Club aufgetaucht«, erklärte sie Chang. »Der Verlust wurde entdeckt, bevor ich rauskonnte. Deshalb musste ich die Kette verstecken.« Sie redete viel zu schnell und bemühte sich, etwas langsamer zu werden. »Ich musste ohne sie gehen, nachdem wir alle befragt und durchsucht worden waren.«
    Immer wieder warf sie Chang vorsichtige Seitenblicke zu, aber er verzog keine Miene und schien auch nicht schockiert zu sein. Das war immerhin schon mal was. Bislang hatte sie noch nie jemandem gestanden, dass sie stahl, und keines der Dinge, die sie je entwendet hatte, war so wertvoll gewesen wie diese Kette. Sie war nervös.
    »Es war schrecklich«, fügte sie hinzu.
    Obwohl er durch den Verband behindert war, rappelte er sich mühelos aus dem Gras hoch, setzte sich auf und beugte sich nach vorne. »Wo hast du die Kette versteckt?«
    Lydia schluckte. Sie musste

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