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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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zu verzehrend, und es hatte alles verschluckt, was sie besaß.
    »Alexej.« Sie flüsterte den Namen ihres Bruders wie etwas, an dem sie sich festhalten konnte. »Alexej.« Ihre Augen fixierten den dritten Knopf seines Mantels. Ihm ins Gesicht zu schauen, hätte sie kaum ertragen, denn irgendwie hatte sie das Gefühl, vollkommen wehrlos zu sein. »Nimm mich mit.«
    » Njet . Es ist zu gefährlich. Es wird besser ohne dich funktionieren. Bleib hier.«
    Sie nickte und schloss leise, immer noch ohne einen Blick in sein Gesicht, die Tür. Von innen lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen und hörte, wie sich die Schritte ihres Bruders entfernten. Schnell. Als könnte er es nicht erwarten, sie zurückzulassen. Ganz langsam glitt sie zu Boden, schlang die Arme um ihre Beine und legte das Kinn auf die Knie.
    Die erste Person, auf die Alexejs Blick fiel, als er die Kneipe in der Nähe der Reifenfabrik betrat, war der blonde Lastwagenfahrer, der auf ihrem Rückweg von der Gießerei so schamlos mit Lydia geschäkert hatte. Wie hatte er doch gleich geheißen? Kolja. Er versuchte gerade, eine wackelige Pyramide aus vollen Wodkagläsern auf seinem Tisch zu bauen. Alexej bahnte sich einen Weg zu dem langen Tresen auf der Rückseite des rauchgeschwängerten Raumes.
    »Wodka«, bestellte er.
    Eine Flasche und ein Glas wurden vor ihm platziert.
    »Spassibo.« Er goss sich ein und stürzte das erste Glas hinunter. »Und einen für dich.«
    Der Mann hinter dem Tresen war klein, hatte harte, ernste Augen und einen abgebrochenen Schneidezahn. Er nickte und schenkte sich ein Glas ein, ließ es aber unberührt stehen. Der süßliche Geruch von Mandelöl ging von ihm aus.
    »Was willst du?« Der Mann hatte einen starken Moskowiter Akzent.
    »Ich suche nach jemandem.«
    »Name?«
    »Michail Wuschnew. Man hat mir gesagt, er kommt zum Trinken hierher. Kennst du ihn?«
    »Vielleicht.«
    »Ist er heute da?«
    Er machte sich nicht die Mühe, sich im Lokal umzuschauen. »Njet.«
    Alexej wusste, dass der Mann log. Er zuckte mit den Achseln, schenkte sich noch einmal ein, tat so, als würde er die Bemühungen des Lastwagenfahrers beim Pyramidenbauen beobachten, und schaute sich dabei unauffällig in der Schänke um. Eine Bruchbude, hatte Babitski sie genannt. Und er hatte Recht gehabt. Die Kneipe war stickig, schummrig und hätte dringend eine Runde mit dem Schrubber gebraucht, doch sie war auch auf eine gemütliche Art warm und behaglich. An den Tischen hockten die üblichen Gruppen von Gewohnheitstrinkern. In einer Ecke spielten zwei Männer Schach, vollkommen in das Spiel vertieft.
    Alexej griff nach seinem Glas und schlenderte zu ihnen hinüber, wobei er zwar eine respektvolle Entfernung zum Tisch einhielt, doch nahe genug dastand, um die Züge der Männer zu beobachten. Zehn Minuten stand er dort, ganz auf das Spiel konzentriert. Während dieser Zeit kamen zwei Mädchen in farbenfroher usbekischer Tracht und mit der olivfarbenen Haut der Menschen aus dieser Region aus einem Zimmer im Hintergrund und ließen ihre dunklen Augen durch die Schänke huschen, während sie große Tabletts mit Bierkrügen balancierten. Die Atmosphäre in der Spelunke änderte sich schlagartig, als sie hereinkamen, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Selbst einer der Schachspieler ließ sich törichterweise ablenken und büßte seinen Turm ein, kurz darauf konnte sein Gegenspieler auch den König abräumen. Eine der jungen Frauen streifte Alexej aufmunternd mit der Hüfte, als sie sich an ihm vorbeiquetschte, und machte mit ihren leuchtend roten Lippen einen Kussmund, doch er schüttelte den Kopf und zündete sich eine Zigarette an.
    »Gib ihr keinen Korb«, sagte der jüngere der beiden Schachspieler lachend. »Du weißt nie, wann du wieder so ein Angebot bekommst.«
    »Das Risiko geh ich ein«, erwiderte Alexej und streckte ihm sein Zigarettenpäckchen hin. Der Mann nahm sich eine und steckte sie sich für später hinters Ohr. »Du spielst gut«, lobte Alexej und nickte in Richtung des Schachbretts.
    » Spassibo . Spielst du?«
    »Schlecht.«
    Der ältere Spieler musterte ihn mit tief eingesunkenen Augen. »Das bezweifle ich«, brummte er.
    Alexej beugte sich über den Tisch und rückte den weißen König zurecht. »Man hat mir gesagt, ich würde hier einen ausgezeichneten Schachspieler finden. Michail Wuschnew lautet sein Name. Ich hab Lust auf ein gutes Spiel. Kennt ihr ihn?«
    »Wenn dir der Sinn nach einem guten Spiel steht, Genosse, dann ist Michail nicht

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