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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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der Mann, den du suchst«, lachte der jüngere hämisch. »Der ist an einem Schachbrett ebenso wenig zu gebrauchen wie eines der Mädchen hier in einem Nonnenkloster, also …«
    »Leonid«, unterbrach ihn der ältere, »vielleicht ist es ja gar kein Schachspiel, das unser Freund hier im Sinn hat.«
    Verdammt. Der Mann war schlau. Alexej schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln. »Ist er hier, dieser Wuschnew?«
    »Njet.«
    Der jüngere schaute ihn überrascht an. »Boris, bist du heute ein bisschen weich in der Birne oder was?«
    »Njet.« Dieses Mal hörte auch Leonid den Nachdruck in der Stimme seines Schachgegners und hielt den Mund.
    »Jedenfalls vielen Dank«, sagte Alexej freundlich.
    In dem Bewusstsein, dass man ihm hinterherschaute, ging er zurück an den Tresen, wo Kolja gerade eines der Mädchen tätschelte und dafür mit einem Klaps auf die Hand bedacht wurde. Alexej bestellte sich noch einen Wodka und drehte sich dann in aller Seelenruhe wieder um, als hätte er alle Zeit der Welt und keine andere Sorge als die, woher sein nächster Schnaps kam. Er ließ den Blick über die Tische schweifen, die Augen zum Schutz gegen den Rauch zusammengekniffen, und blieb dabei nur einen Herzschlag länger bei einem hageren Mann mit vor Brillantine glänzendem Haar hängen, der am Ofen saß und eine Pfeife mit langem Rohr im Mund hatte.
    Alexejs Blick wanderte scheinbar gleichgültig an ihm vorbei. Doch er hatte seinen Mann gefunden. Der junge Leonid hatte ihm das verraten, ohne es zu wissen: Nur ein kurzer Blick zu dem Mann bei der Erwähnung seines Namens hatte genügt.
    Alexej stellte eine Flasche Wodka und zwei Gläser auf den Tisch des Mannes.
    » Dobry wetscher . Guten Abend, Genosse. Darf ich mich zu dir setzen?«
    Er wartete die Antwort gar nicht ab, sondern zog sich einen Stuhl heran und nahm Platz. Die Tatsache, dass das kantige Gesicht des Mannes keine Überraschung zeigte, war ihm nicht entgangen. Alexej schenkte ihnen beiden ein Glas Wodka ein.
    »Sa twojo sdorowje!« , sagte er und hob sein Glas. »Auf deine Gesundheit!«
    »Sa twojo sdorowje, towarischtsch« , erwiderte Wuschnew den Trinkspruch, rührte sein Glas aber nicht an. Aus seinen grauen Augen sprachen Nachdenklichkeit und Neugier, doch er stellte keine Fragen. In Sowjetrussland konnte man mit Fragen in Schwierigkeiten kommen. Er war um die vierzig und hatte die Pfeife zwar im Mund, begnügte sich jedoch damit, auf dem Mundstück herumzukauen. Schatten fielen über die dunklen Höhlen seines Gesichts, ab und zu blitzte das Licht auf seinem schimmernden Haarschopf. Etwas an dem Gehabe des Mannes ging Alexej auf die Nerven, aber er brachte eine Art Lächeln zu Stande und fragte: »Du bist Genosse Wuschnew, glaube ich.«
    »Ich hab mich schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis du mich findest.«
    »Du wusstest, dass ich nach dir suche?«
    Der Mann schnaubte in gespielter Entrüstung. »Natürlich.«
    »Dann verbreiten sich in Felanka Gerüchte schnell.«
    Alexej nahm sein Glas und streckte die Beine in Richtung Ofen aus. Am anderen Ende fingen zwei Männer zu singen an, während ein anderer im Takt dazu klatschte. Alexej nahm sich die Zeit, dem Lied zuzuhören, das er noch aus seiner Kindheit kannte. Erinnerungen an Jens Friis mit seiner Geige, die er jedes Mal, wenn er den Bogen auf ihre Saiten legte, ebenso auf Dänisch verfluchte, wie er sie umschmeichelte, bestürmten ihn. Er kippte seinen Wodka in einem Zug hinunter.
    »Sie singen gut«, kommentierte er. »Außergewöhnlich gut.«
    »Die haben das früher beruflich gemacht. Jetzt schuften sie in der Metallindustrie, die armen Teufel.« Wuschnew legte seine Pfeife auf dem Knie ab, und an der veränderten Spannung seiner Schultern war ihm zum ersten Mal wirkliches Interesse anzusehen. »Heute sind wir alle Arbeiter für unser großes sowjetisches Vaterland.«
    Das war der Moment. Alexej steckte eine Hand in seine Manteltasche, als wollte er sie warm halten, und klimperte dabei beiläufig mit ein paar Münzen. Er machte den ersten Schachzug.
    »Du musst es leid sein, Genosse, dass all diese Leute zu dir kommen und sich für deine Arbeit im Dienste des Vaterlandes interessieren.«
    Kurzes Schweigen. Der Hauch eines Lächelns. Mehr nicht. »Du würdest gar nicht glauben, wie viele. Aus allen Teilen des Landes kommen sie und klopfen an meine Tür«, erwiderte er seelenruhig.
    Alexej zündete sich eine neue Zigarette an. Seine Kehle war so trocken wie die Staubflusen auf dem Boden. In der Schänke

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