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Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
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in seinem Wortschatz existierte, hob sich spitze Bemerkungen jedoch für später auf, wenn er weniger leidend war.
    Als Harding schließlich erschöpft und murrend im Bett lag, schlüpfte Harriet aus der Tür und kletterte an Deck, obwohl ihr Magen dabei revoltierte und ihr schwindelig wurde. Sie hätte es als Feigheit angesehen, sich unten zu verkriechen, während oben vielleicht Männer lagen, die bei ihrer Befreiung ihr Leben gelassen hatten.
    Man hatte die im Kampf gefallenen Männer der Sea Snake und der El Capitano nebeneinander aufgebahrt. Die toten Feinde waren einfach über Bord geworfen worden. Sie schluckte, als einige Männer sich daranmachten, die Toten in Segeltuch zu nähen. Auch sie wurden später dem Meer übergeben, aber erst nach einer kleinen Zeremonie. Sie hatte schon auf dem Weg nach Kuba einer solchen beigewohnt, als ein Mann am Fieber gestorben war. Harding hatte ein paar Worte gesprochen, eher trocken als feierlich, und dann war der in das Tuch genähte Tote auf ein Brett gelegt und ins Meer gekippt worden.
    Sie zwang sich, die Reihe der Gefallenen abzugehen. Es tat bitter weh, als sie so manchen davon erkannte. Hier lag der stets fröhliche Matrose, der ihr einmal ein Ständchen mit einer Mundharmonika gebracht hatte. Dort der finstere, dunkelhaarige Mann, der den Mörder seiner Frau getötet hatte und auf der Flucht vor dem Gesetz auf der Sea Snake gelandet war. Ein weiterer, der ihr einmal aufgeholfen hatte, als sie über ein Tau gestolpert war. Er war so verwirrt und verlegen gewesen, dass er nicht einmal ihren Dank angenommen hatte, sondern bei seiner Flucht selbst beinahe zu Boden gegangen wäre. Keine Freunde, aber Gefährten, mit denen sie viele Tage gemeinsam verbracht hatte. Und jetzt lagen sie hier, verstümmelt, tot, mit verzerrten Gesichtern. Unbemerkt liefen ihr Tränen über die Wangen, als sie langsam an ihnen vorbeiging.
    Hardings Zweiter Offizier sprach sie an. »Miss Dorley?«
    Sie blieb stehen, blinzelte und wischte sich dann mit dem Handrücken über die Augen. »Ja?« Ihre Stimme klang zittrig.
    Die Augen des Mannes waren voller Mitleid. »Das sollten Sie nicht tun, Miss. Das ist kein Anblick für eine Lady.«
    Sie hätte sich auch lieber abgewandt, aber … »Ich habe das Gefühl, ihnen das schuldig zu sein«, brachte sie hervor.
    Der Offizier nickte. »Wir sind solche Szenen gewöhnt, Miss. Bevor ich zur Sea Snake kam, war ich seit meinem achten Lebensjahr immer auf Schiffen der königlichen Marine. Mitten in der Kriegszeit verging oft nicht einmal ein Tag, an dem nicht viele gute Männer über Bord gingen. So ist es eben auf See und im Krieg. Kommen Sie, ich begleite Sie unter Deck.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Charles’ unpersönliche Stimme in ihrem Rücken. »Sorgen Sie dafür, dass Miss Dorleys Sachen gepackt werden. Sie übersiedelt sofort auf die El Capitano .«
    »Dazu sehe ich nicht den geringsten Grund«, erwiderte Harriet, allein schon, um ihm zu widersprechen. Damit drehte sie auf der Stelle um und stapfte davon. Sie hätte laut schreien mögen.
    * * *
    Die Schrecken nahmen jedoch immer noch kein Ende. Kaum hatte sich Harriet von dem Kampf und Charles’ spöttischer, liebloser Art erholt, als sie auch schon trotz ihres Protests dazu gezwungen wurde, tatsächlich auf die El Capitano überzusiedeln. Charles war bereits drüben, und sie wollte wütend, weil er so einfach über sie bestimmte, auf ihn zustürmen, als etwas ihren Schwung bremste: eine dunkelhaarige, sehr reizvolle Frau, der er galant über das Deck half.
    Lan Meng, die Harding nur ungern allein ließ, sich jedoch nicht von Harriet trennen wollte, stand dicht hinter ihr, als Harriet mitten in der Bewegung verharrte, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand gerannt. »Ich bin nicht dazu gekommen, es dir zu sagen. Das ist Jessica O’Connor.«
    Dieser Name schlug in Harriet ein wie ein Blitz. Ihr blieb der Mund offen stehen, bis Lan Meng ihr einen sanften Rippenstoß gab. In Harriets Kopf wirbelten die Gedanken nur so durcheinander. Was, von allen Menschen auf dieser Welt, machte ausgerechnet diese Frau hier?
    Charles’ Miene war reglos, als er gemeinsam mit Jessica auf Harriet zutrat. »Mrs.O’Connor, darf ich Ihnen Miss Dorley vorstellen? Miss Dorley, Mrs.Jessica O’Connor wird uns nach Boston begleiten.«
    So war das also. Deshalb wollte er plötzlich unbedingt nach Boston! Und deshalb dieser Spott, diese Kälte! Weil seine große Liebe aufgetaucht war. Anstatt sie zu trösten, weil

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