Die Sehnsucht des Piraten: Er ist der Schrecken der Meere - doch gegen sie ist er machtlos (German Edition)
daran, dass Abstinenz der Schlüssel zur Gesundheit wäre.
»Ich fange an, Eure Denkweise zu verstehen«, erklärte Christopher ihm.
St. Cyr blieb unbewegt. »Ein Glas Port gemischt mit Wasser, einmal in der Woche, mehr benötigt man nicht, um die Körpersäfte im Gleichgewicht zu halten.« Diesen Satz hatte er schon sehr häufig geäußert, und Colby behauptete nicht zuletzt deshalb, dass St. Cyr verrückt wäre.
»Wenn ich nicht bei Mrs. Raine bin«, fuhr Christopher fort, »dann sorgt dafür, dass sie den Männern nicht in die Quere kommt. Aber alle disziplinarischen Maßnahmen gegen die Mannschaft, die sie betreffen oder die Konsequenzen ihrer Handlungen, werden von mir getroffen, nicht von Colby.«
Normalerweise war Colby für die Disziplin unter den Männern verantwortlich, und er machte seine Sache gut. Er war unparteiisch und fair und sorgte dafür, dass sich alle an die Regeln hielten. Und er führte die Bestrafung bei denen durch, die die Vorschriften verletzten. Nicht mehr und nicht weniger.
»Jawohl, Sir«, antwortete St. Cyr.
Christopher war sich nicht sicher, aber er glaubte, ein amüsiertes Funkeln in den Augen des Eisberges zu erkennen.
»Sorgt dafür, dass dieses ganze Zeug verstaut wird, und macht das Schiff dann für die Nacht klar.«
»Aye, Captain.«
Christopher wandte sich ab. Er verriet St. Cyr nichts von seiner Spur zu Manda, weil er keine falschen Hoffnungen wecken wollte. Er hatte nur einen Namen und eine Grafschaft. Dieser Lord Switton hatte vielleicht nicht das Geringste mit Manda zu tun, ja kannte sie eventuell nicht einmal. Christopher hatte sich vielleicht verhört, was den Namen anging, oder es war ein ganz anderer Switton gemeint gewesen. Das würde er erst wissen, wenn Henderson und er den Earl besucht hatten.
Er lachte leise. Henderson hatte also eine Schwäche für Finleys Frau. Ein interessanter Mann. Ein Geck und ein Narr, oberflächlich betrachtet, aber Christopher war bereit, einen dicken Batzen Geld darauf zu verwetten, dass mehr hinter der geschniegelten Fassade steckte, als man auf den ersten Blick sah.
Christopher ging nach unten und fand Honoria und Mrs. Colby in seiner Schlafkammer. Honoria sortierte das Leinen, und Mrs. Colby machte das Bett. Sie strahlte ihn mit ihrem feinsten Barmädchenlächeln an, während sie die Kissen aufschüttelte.
Mary Colby war um die vierzig, hatte eine rundliche Figur und war gutmütig. Barmädchen lernen früh, wie man Männer freundlich stimmt, ob im Bett oder während eines rauschenden Chors von Kneipenliedern. Mrs. Colby beherrschte es perfekt, diese Art von Lockerheit auf dem ganzen Schiff zu verbreiten und den jähzornigen Colby friedlich zu stimmen. Sie hatte eine erfrischend nüchterne Sicht der Beziehungen zwischen Männern und Frauen und sprach mit einer solchen Gelassenheit selbst über die anzüglichsten Dinge, dass selbst Piraten erröteten.
Jetzt zwinkerte sie Christopher wissend zu und gab seinem Kissen einen Klaps. »Amüsiert Euch, meine Lieben. Ihr habt viel nachzuholen. Ich muss Colby ins Bett bringen, bevor er das Schiff auseinandernimmt.«
»Danke für Eure Hilfe, Mrs. Colby«, sagte Honoria.
»Aber das ist doch gern geschehen, Liebes. Das hier wird mir ein wirkliches Vergnügen.« Sie zwinkerte Christopher erneut zu, als sie an ihm vorbeiging, und schloss die Tür der Kabine mit einem vernehmlichen Klicken.
Christopher verschränkte die Arme und lehnte sich an den Türrahmen. Er streifte mit einem Blick das Bett, auf dem sich eine Daunendecke und Kissen türmten, den gepolsterten Lehnstuhl, auf dem Seidenkissen lagen, und die bronzene Statuette in der Ecke. Honoria stand mitten in dem überfüllten Raum. Ihre wundervollen Augen blitzten.
Eine Laterne hing an einem niedrigen Deckbalken. Die Kerze verbreitete einen weichen gelben Schimmer. Durch das offene Fenster am Heck drang das leise Rauschen des Flusses herein. Es war ruhig auf dem Schiff, aber es herrschte eine Atmosphäre, als wäre es ungeduldig, in See zu stechen.
Honoria wartete auch, aber sie verriet ihre Ungeduld. Ihre Locken umgaben ihr Gesicht wie ein Heiligenschein und bewegten sich in dem sanften Wind. Ihre grünen Augen funkelten trotzig, während sie nur darauf wartete, dass er sie anschrie, damit sie die würdevolle Märtyrerin spielen konnte.
Pech für sie, dass Christopher geduldiger war als sie. Nein, Geduld war nicht das richtige Wort. Er hatte gelernt abzuwarten, wie ein Leopard, der sich an die Beute heranschlich,
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