Die Sehnsucht des Piraten: Er ist der Schrecken der Meere - doch gegen sie ist er machtlos (German Edition)
verstehen. »Wenn es sein muss.«
»Ich will nicht dorthin.« Die Worte kamen wie ein Hauch über ihre Lippen.
»Du gehörst dorthin. Da hast du Federbetten, Gärten und Diener, die dir deinen Tee bringen.«
»Ich gehöre zu dir.«
Er schwieg sehr, sehr lange. Sie schlug die Augen auf. Sein Gesicht schwebte über ihrem, eine dunkle Silhouette vor dem Zwielicht.
»Du musst einen Sonnenstich haben«, meinte er.
»Es ist schon dunkel«, erwiderte sie.
Er schloss sie in seine Arme, atmete in ihr Haar. »Ich will nicht deinen Tod, Honoria.«
»Ich komme aus einer zähen Familie, Mr. Pirat. Sieh nur meinen Bruder an.«
»Mmm. Das fördert nicht gerade meine Zuversicht.«
Der Gedanke an James erzeugte in ihr wie immer eine Mischung aus Melancholie und Ärger. »James ist ein wenig verrückt geworden, vor Rache, denke ich. Bevor er Diana kennenlernte. Paul war genauso. Es hat ihn verändert. Aber er hat seine Rache nie bekommen, ist gestorben, bevor er die Identität des Mannes herausfinden konnte, der seine Frau getötet hatte. James musste die Angelegenheit für ihn zu Ende führen.«
»Ich weiß«, murmelte Christopher.
»Vermutlich hat sich diese Geschichte bereits über den ganzen Atlantik verbreitet.« Letztes Jahr hatte James endlich den Piraten aufspüren können, der sich Black Jack Mallory nannte und der gestanden hatte, Pauls Frau und seine Töchter ermordet zu haben. Diana hatte bei dieser Verfolgungsjagd eine gewisse Rolle gespielt.
»Ich weiß es«, erwiderte Christopher, »weil ich derjenige war, der Ardmore verraten hat, wer die Familie deines Bruders ermordet hat.«
Honoria blieb eine Minute lang regungslos liegen, lauschte der Stille der Nacht, hörte das gedämpfte Gemurmel der Männer unter Deck, das leise Plätschern der Wellen am Schiffsrumpf, während sie überlegte, ob sie eben gerade richtig gehört hatte.
Dann richtete sie sich mit einem Ruck auf und starrte ihn an. » Du hast es ihm gesagt?«, fragte sie ihn. Es dauerte etwas, um diese Worte über ihre trockenen Lippen zu bringen.
»Deshalb hat er mich vor dem Galgen gerettet. Wusstest du das nicht?«
Honoria starrte ihn an, während sich alles in ihr verkrampfte. »Du wusstest es?« Ihre Stimme hob sich. Einige Seeleute hoben den Kopf und sahen zu ihnen hinüber. »Du wusstest es die ganze Zeit? Warum hast du es mir nicht erzählt?«
Er runzelte die Stirn. »Ich dachte, dein Bruder hätte es dir gesagt.«
»Hat er nicht. Wie hast du es erfahren? Und warum hast du es uns verheimlicht? Wie konntest du das tun?«
Ihre Brust krampfte sich zusammen, und alle Mattigkeit war verflogen. Christopher beobachtete sie mit unbewegter Miene. »Ich habe die Information nur durch Zufall erhalten, als ich nach der Rosa Bonita gesucht habe«, erwiderte er. »Dem Mann, der es mir erzählte, war nicht klar, was er da verriet, er hatte wahrscheinlich nicht einmal eine Ahnung von der Bedeutung dessen, was er da sagte. Ich habe die Puzzlestücke zusammengesetzt und es Ardmore erzählt, als er mich gefangen genommen hat.«
Honoria ballte die Fäuste. Ihr war eiskalt. »Du hast sie für dein Leben eintauscht? Er hat damit gehandelt?« Tränen der Wut traten ihr in die Augen. »Du hättest wissen müssen, was es mir bedeutet. Wie konntest du sie als ein Unterpfand benutzen? Du, du … Pirat!«
»Das war kein Handel, Honoria«, erwiderte er ernst. »Ich habe es ihm einfach nur erzählt. Er hat kein Wort dazu gesagt, sich nicht einmal bedankt. Als du in dieser Zelle zu mir kamst, hatte ich keine Ahnung, dass er mich retten würde.«
Honoria drehte sich zu ihm herum. Sie atmete schwer und presste die Fäuste gegen ihren Unterleib. Sie glaubte ihm, trotz ihrer Wut. Es sah James viel zu ähnlich, dass er Christopher nicht sagen würde, dass er ihm das Leben retten wollte, bis er es getan hatte. Sie konnte sich vorstellen, wie ihr Bruder Christophers Bericht mit einem ausdruckslosen, leeren Blick seiner grünen Augen aufgenommen und wie er dann wortlos davongegangen war.
»Du hast es mir nicht gesagt«, fuhr sie fort. »Du hast mir den Namen nicht verraten.«
»Damals dachte ich, du würdest all das deinem großen Bruder überlassen, und ich hatte andere Sorgen. Hat er es denn niemals erwähnt?«
»Nein.« Sie atmete tief durch und wunderte sich, dass sie kein Feuer spuckte. »Er hat mir nie verraten, dass du von Black Jack Mallory wusstest, ebenso wenig, wie er mir gesagt hat, dass er dich freigelassen hat.«
»Ich nehme an, dass er seine Beute
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