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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Florins leihen«, antwortete sie vorsichtig.
    »Warum nicht?«
    »Weil ich gehört habe, dass Ihr nur mit Wechseln handelt.«
    »Das stimmt, aber nur wenn ich mit Kaufleuten zusammenarbeite.«
    »Zu denen gehöre ich auch.«
    Jetzt sah er sie offener an, während er sie bisher nur verstohlen von der Seite oder mit gesenktem Kopf gemustert hatte.
    »Womit handelt Ihr?«
    »Wie ich schon sagte - ich arbeite an bedeutenden Aufträgen, die ich als Pfand einsetzen kann. Es handelt sich um zwei Ensembles von jeweils acht auf vier Fuß, von denen jedes aus acht bis zehn Bildern besteht. Sie werden alle auf Hochwebstühlen angefertigt, wobei der Phantasie freier Lauf gelassen wird.«
    »Für wen sind sie bestimmt?«
    »Für den König von Frankreich, Louis XII., und für die Comtesse d’Angoulême, Louise de Savoie. Ich arbeite außerdem noch an einem sehr schönen kleinen Bildteppich zum Thema Weihnachten, den Johanna von Kastilien in Auftrag gegeben hat. Wegen dieser Bestellung ist sie extra in meine Werkstatt gekommen, als sie sich von Amboise aus auf den Rückweg nach Spanien gemacht hat.«
    Als sie sein ungläubiges Gesicht sah, fügte sie hinzu:
    »Ihr wurdet mir von Monseigneur Jean de Villiers empfohlen, Kurienkardinal in Rom.«

    Er lächelte ungläubig, offensichtlich glaubte er weder die Geschichte mit dem König noch die mit dem Kurienkardinal. Und dieses nicht enden wollende vieldeutige Lächeln ließ seine Zweifel an Alix’ Geschichte erahnen.
    Alix sah sich das Ganze eine Weile wortlos an und kam dann zu der Überzeugung, dass sie dieser Mann für eine Lügnerin hielt, weshalb er auch so hohe Zinsen für den Betrag von tausend Florins gefordert hatte. Wenigstens hatte sie ihm noch nicht ihren Namen genannt, und das wollte sie jetzt auch lieber bleiben lassen.
    Andererseits fürchtete sie aber auch, sein Angebot nicht ausschlagen zu können, für den Fall, dass sie kein besseres auftreiben sollte.
    Simon d’Harcourt erhob sich.
    »Lasst es Euch durch den Kopf gehen«, schlug er vor und erklärte das Gespräch damit für beendet.
    Dann nahm er ihren Arm und führte sie zur Tür.
    »Lasst es Euch durch den Kopf gehen«, wiederholte er, »mein Angebot ist nicht schlecht. Ihr solltet Euch mit Eurer Antwort Zeit lassen, das ist es wert.«
    »Ihr habt recht. Ich muss jetzt nach Brügge; sobald ich zurück bin, melde ich mich bei Euch.«
     
    Die Nacht brach an, und Alix war noch immer auf dem Markt und wurde von der Menschenmenge herumgeschoben. Nach und nach gingen die Lichter an. Leo hatte die Kutsche ins Gasthaus zurückgefahren, weil es kein Durchkommen mehr für Pferde und Wagen gab.
    Da fiel ihr ein Händler auf, der laut tönte und mit der Hand auf ein graziles, verängstigtes Mädchen deutete, das den Mann flehentlich ansah.
    Es schien, als wollte er das Mädchen schlagen, aber nachdem
er einen flüchtigen Blick in die Menge geworfen hatte, ließ er die Hand wieder sinken. Dann schimpfte er erneut auf sie ein.
    »Die Göre ist nicht einmal einen halben Florin wert«, rief er mit heiserer Stimme den Passanten zu, die aber überhaupt nicht auf die Szene achteten, die sich da abspielte. Es war einfach viel zu laut, als dass man den Mann richtig hätte verstehen können. Aber Alix hatte trotzdem dieses Kind entdeckt, das nun den Arm schützend vor sein Gesicht hielt und mit gesenktem Kopf und angehaltenem Atem die nächste Ohrfeige erwartete. Alix kam es so vor, als hätte das Mädchen schon mehr Schläge eingesteckt als es zählen konnte.
    »Keinen halben Florin ist sie wert, sage ich Euch!«, wiederholte der Mann und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Die Göre ist ja nicht mal einen Viertel Florin wert.«
    Als Alix näher kam, stellte sie fest, dass das Mädchen kein Kind mehr war. Wegen ihrer zierlichen Gestalt konnte man sie leicht für ein kleines Mädchen halten, aber ihr angsterfülltes Gesicht war das einer Heranwachsenden - vermutlich war sie etwa zwölf Jahre alt.
    Tatsächlich war sie außergewöhnlich schön. Sie hatte einen durchsichtigen Porzellanteint, und das obwohl sie sich offensichtlich eben erst den Staub von einem langen Fußmarsch aus dem Gesicht geschrubbt hatte.
    Ihre blauen Augen waren vor Schreck geweitet, und als der Mann endlich aufhörte herumzubrüllen, blickten sie so verzweifelt wie zwei stille Wasser, die beim Heranziehen eines furchtbaren Unwetters erzittern.
    Sie war einfach nur ein Häufchen Elend, sogar ihre schmutzigen blonden Haare fielen ihr kraftlos

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