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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Hellebarde angeführt wurden. Und das war beileibe noch nicht alles.
    Mit jedem Schritt kam sie dem Haus von Sire Van de Veere ein Stückchen näher. Eine Weile musterte sie die Soldaten, die ihr den Durchgang versperrten. Unter ihren blitzenden Helmen hielten sie den Blick starr geradeaus. Ihnen folgte der gesamte Adel von Brügge, der Großkanzler von Flandern, der Obervogt der Kaufleute, die Richter, die Schöffen und die Offiziere.
    Alix musste erst diesen ganzen Aufmarsch an sich vorbeiziehen lassen, ehe sie schließlich das stattliche dreistöckige Haus des Bankiers erreichte. In der Fassade aus roten Backsteinen reihten sich bis hin zur obersten Etage viele bleiverglaste Fenster aneinander. Und ganz oben unter dem Giebel war das Wappen der Stadt angebracht.
    Das breite zweiflügelige Tor, das vermutlich wegen der Prozession offen stand, führte in einen großen gepflasterten Innenhof. Alix wollte sich vergewissern, dass es auch wirklich das Haus von Sire Van de Veere war, entdeckte aber kein Namensschild. Trotzdem sprang sie von ihrem Pferd, nahm es an der Leine und betrat den Hof.
    Ein Diener in blaugelber Livree kam auf sie zu.
    »Guten Tag, ich bin Alix Cassex. Könnt Ihr Sire Van de Veere meine Entschuldigung ausrichten. Es tut mir sehr leid, dass ich zu spät komme, aber die großen Feiern in der Stadt haben mich unerwartet aufgehalten.«
    »Ich werde es ihm ausrichten«, sagte der Diener und verbeugte sich vor Alix, während ein Stallknecht kam, um Jason in den Stall zu führen, den man hinter dem Haus sehen konnte.
    Sie streichelte Jason über den Hals und überließ ihn dem Stallknecht;
dann führte sie der Diener in einen großen Saal, wo sie eine Weile warten musste. Alix nutzte die Gelegenheit, um ihre Kleider in Ordnung zu bringen. Bei dem Gedränge war ihr die Haube ins Gesicht gerutscht, und ihr Brokatumhang mit dem Zobelkragen saß auch nicht mehr richtig.
    Kaum hatte sie ihre kleinen Verschönerungsmaßnahmen beendet, als der Hausdiener auch schon wieder erschien und sie bat, ihm zu folgen. Er führte sie in einen anderen, ebenso großen Raum mit mächtigen Tapisserien an den Wänden, die ganz im flämischen Stil gehalten waren, mit ineinanderverwobenen Motiven in fließenden Farben. Der Teppich, über den sie schritt, stammte vermutlich aus der Türkei. Er fühlte sich weich wie Seide an, und Alix bewunderte sein wunderschönes Muster.
     
    Die große Tür schloss sich geräuschlos. Alix stand vor einem mächtigen aus Holz geschnitzten Schreibtisch, hinter dem ein Mann saß. Seine schlanke Figur, die feurigen Augen und die gerade Adlernase wiesen auf die italienische Abstammung des Flamen hin.
    »Wenn ich ehrlich bin, Dame Cassex«, sagte er und erhob sich zu ihrer Begrüßung, »hatte ich nicht mehr mit Eurem Besuch gerechnet.«
    »Es tut mir leid, aber …«
    »Ja, ja, ich weiß. Die Willkommensfeiern für die venezianischen Galeeren werden von Jahr zu Jahr turbulenter.«
    »Das geht sogar so weit, dass man nicht dorthin kommt, wo man verabredet ist, was ich sehr unhöflich finde«, sagte Alix.
    »Macht Euch keine Gedanken. Das ist doch nur eine kleine Verzögerung, die das Fest verschuldet hat. Konntet Ihr Euch denn wenigstens schon etwas amüsieren?«
    »Nein, leider nicht. Ich bin erst seit gestern in Brügge.«

    Im Stehen wirkte der Mann sehr groß, und seine bodenlange Robe aus schwerem Damast verstärkte diesen Eindruck noch.
    »Möchtet Ihr vielleicht etwas trinken? Ich glaube, Ihr könntet etwas zur Beruhigung vertragen. Wie es aussieht, ist Euch das Volk ganz schön auf den Leib gerückt.«
    Alix wurde rot und fasste nach ihrer Haube, die sie nicht richtig hatte zurechtrücken können. Dazu hätte sie sie erst abnehmen und alle Haare wieder darunter verstauen müssen. Sie strich sich ein paar widerspenstige Locken aus dem Gesicht, ohne ihr Gegenüber aus den Augen zu lassen. Der Mann hatte etwas sehr Einnehmendes an sich. Er lächelte verführerisch, und wenn sein Blick nicht gerade Funken sprühte, war er samtweich.
    Früher hatte schon einmal ein anderer feuriger Italiener eine junge Französin betört, die im Auftrag von Louis d’Orléans nach Mailand aufgebrochen war, weil sie für ihn und seine Truppen die Tore der Stadt öffnen sollte. Und dieses vornehme Fräulein war Jacquous Halbschwester gewesen, die damals noch Isabelle de La Baume hieß. Jacquou hatte darüber aber nie etwas erfahren, und deshalb ahnte Alix auch nicht, wie verführerisch die Italiener mit ihren

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