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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gute Patin für sein erstes Kind werden.«
    Alix warf ihre rotblonden Locken zurück und richtete sich auf.
    »Genügen Euch diese Erläuterungen?«
    »Vollkommen.«
    Van de Veere machte eine Pause, während er sie mit seinen schwarzen Augen neugierig musterte, sagte aber nichts mehr. Dann schob er mit einer beringten Hand seine rote Mütze zurück, die er nach Art der Florentiner trug. Sie war mit einem gewaltigen Smaragd verziert, der sehr schön grün auf dem roten Barett funkelte.
    Alix spürte, dass ihre ganze Zukunft von diesen wenigen Sekunden abhing, war aber völlig überrascht, als er plötzlich aufstand und sagte:
    »Ich bitte Euch, morgen Abend um die gleiche Zeit wiederzukommen. Ich muss mir die Sache durch den Kopf gehen lassen.«
    »Bekomme ich dann eine Antwort?«
    »Auf jeden Fall. In welchem Gasthaus seid Ihr abgestiegen?«
    »Im Gasthaus ›Zum Goldenen Vlies‹.«
    »Sehr gut. Ich lasse Euch von meinem Kutscher abholen.«
    Damit war sie einverstanden, es war sicher besser so.
    »Mein Stalljunge bringt Euch Euer Pferd.«
    Er lächelte sie an und machte eine tiefe Verbeugung.
    »Dann also bis morgen Abend. Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Dame Cassex.«
     
    Weil Jason nicht im Hof auf sie wartete, ging Alix zu den Ställen. Entgegen Van de Veeres Ankündigung war der Pferdeknecht nirgends
zu sehen. Im Stall war es ziemlich dunkel, nur die große offene Tür ließ etwas Licht herein.
    Plötzlich stieß sie mit einem Mann zusammen, der erst fluchte, sich dann aber entschuldigte, als er feststellte, dass er es mit einer Frau zu tun hatte. Er sah sie sich genauer an, und als sie ihn ebenfalls seltsam neugierig musterte, sagte er mit einer ebenso klangvollen wie skandierten Stimme:
    »Oh, das Fräulein hier kommt mir irgendwie bekannt vor. Leider kann ich mich nicht mehr an den Namen erinnern. Würdet Ihr ihn mir verraten, schöne Fee?«
    Alix antwortete nicht und versuchte sich auch zu erinnern, was sich aber gleich erübrigen sollte.
    »Ich bin Albrecht Dürer.«
    Alix erblasste und wäre am liebsten im Boden versunken. Himmel! Die Geschichte war schon so lange her, dass sie sich kaum noch an Einzelheiten erinnern konnte.
    »Mittlerweile seid Ihr sehr berühmt, Meister Dürer!«
    Sein Gesichtsausdruck wechselte, aber er ließ den Blick nicht von ihr.
    »Verflixt! Das ist ja die kleine Alix!«, rief er. »Was macht Ihr denn bei meinem Freund Alessandro?«
    »Was werde ich schon hier machen? Auch nichts anderes als alle anderen Leute, die einen Bankier aufsuchen.«
    »Ihr wollt also Geld von ihm leihen?«, fragte er und lachte laut.
    »Hat er es Euch denn gegeben?«
    »Das geht Euch nichts an, Meister Dürer.«
    »Verflixt!«, sagte er noch einmal. »Verflixt, wart Ihr damals jung!«
    »Gott sei Dank ist das lange her.«
    »Zum Teufel, schönes Fräulein! Seine Jugend sollte man nie bereuen!«

    Alix zog ihr Pferd aus dem Stall, und der Maler folgte ihr auf den Hof. Sie warf einen Blick auf das Haus und sah, dass sich ein Vorhang bewegte, und erkannte hinter dem Fenster die Umrisse von Van de Veeres Gestalt. Ehe sie aufsteigen konnte, hatte sie der Maler am Arm gepackt und zu sich gedreht, so dass sie sich ganz nah gegenüberstanden. Sein Gesicht war noch immer schön, wenn auch in den vergangenen acht Jahren ein wenig gealtert. Seine blonden Haare waren grau geworden, aber er trug sie nach wie vor schulterlang, und seine große, aufrechte Gestalt wirkte in dem weiten schwarzen Mantel sehr stattlich.
    »Ihr wisst, dass ich nicht mehr in Eurer Schuld stehe, Meister Dürer, und auch nicht in der von Maître de Coëtivy, dessen Zorn ich damals gefürchtet habe.«
    »Ach, lassen wir doch diese alte Geschichte. Ich habe sie längst vergessen.«
    »Ja, natürlich, ich hatte Euch ja auch nichts gestohlen.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Warum habt Ihr mich dann damals so genötigt?«
    »Wie könnt Ihr nur so nachtragend sein? Immerhin habt Ihr doch so Euren jungen Liebhaber wieder gefunden.«
    »Ihr hattet kein Recht dazu - ich war verheiratet, und das hatte ich Euch auch gesagt. Ihr habt mich nicht verführt, Meister Dürer, Ihr habt mich gezwungen.«
    Sie wollte von ihm weg, aber er ließ sie nicht los. Vergeblich versuchte sie sich zu wehren und bemerkte dabei, dass der Vorhang noch immer einen Spalt weit geöffnet war und Sire Van de Veere die Szene beobachtete. Da wurde sie wütend und schrie:
    »Lasst mich endlich los, Meister Dürer! Ich habe Euch damals schon gesagt, dass ich keines von Euren Modellen

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