Die seidene Madonna - Roman
und uns dann ein großes Diner zubereiten.«
»Ja, wir wünschen Pasteten, Schinken, Poularde und reichlich Clairette«, sagte der Marschall und scheuchte den Pagen los.
René sah seine Herrin unschlüssig an.
»Tu, was dir der Marschall gesagt hat, René, und frag in der Küche nach Honig- und Blaubeerkuchen. Darauf sind Marguerite und François so versessen, dass sie mir bestimmt auch Appetit machen.«
Als der Page loslaufen und die Anweisungen der Gräfin erledigen wollte, rief sie ihn noch einmal zurück.
»Wenn du Jeannette verständigt hast, geh meine Zofen holen. Sie sollen uns bei dem Essen Gesellschaft leisten.«
Man sah dem Marschall zwar seine Verärgerung nicht an, seine Bemerkung dazu war aber umso deutlicher.
»Musste diese Einladung jetzt sein?«
»Seit wann speisen wir denn zu zweit zu Abend, mein lieber de Gié? Das ist doch wohl noch nie vorgekommen!«
Louise bereute aber sofort ihren feindseligen Ton und sagte:
»Bitte entschuldigt. Ich wollte nicht unfreundlich sein. Jedenfalls nicht heute Abend.«
De Gié nickte.
»Das ist wohl die Macht der Gewohnheit. Nun gut, machen wir uns also gefasst auf die entsetzliche Konversation Eurer Zofen und ihr belangloses Geplapper.«
Louise hütete sich zu antworten, weil sie die Stimmung nicht verderben wollte. Außerdem kam auch schon Jeannette mit zwei Knechten im Schlepptau, die ein paar gewaltige Holzscheite neben den Kamin legten. Der eine richtete den Feuerbock, der andere zündete das Kleinholz an, und dann warteten sie, bis die ersten Flammen an dem großen Holzscheit züngelten, das sie inzwischen auf den Bock gelegt hatten.
Als die Knechte gegangen waren, fachte Jeannette das Feuer weiter an und machte sich daran, den schweren Eichentisch zu decken. De Gié sah ihr zu, wie sie an den Buffets hantierte, in denen Tischdecken und Geschirr verstaut waren.
Sie war sehr schön und zog alle Blicke auf sich, obwohl sie ihr üppiges blondes Haar unter der weißen Leinenhaube versteckte, die sie stets im Dienst trug. Blieben immer noch ihre dunkelblauen Augen, ihre zierliche Taille und ihre sinnlichen Bewegungen zu bewundern.
Vor dem dicken, ständig schwitzenden Koch mit seinem roten Kopf, der ihr dauernd unter den Rock greifen wollte und gegen den sie sich nicht richtig wehren konnte, war sie aus der Hofküche von Blois geflohen, und Louise hatte sie in ihrem Gefolge aufgenommen. Catherine war mittlerweile ihre beste Freundin und der Comtesse für diese großzügige Geste sehr dankbar.
Immerhin hatte sie Jeannette vor den Nachstellungen des dicken Kochs - um nur einen Übeltäter zu nennen - gerettet.
Überrascht beobachtete Louise, wie de Gié schweigend der fleißig hantierenden Jeannette zusah, und als der Marschall schließlich sein reizvolles Ziel aus den Augen ließ, warf er der Comtesse einen herausfordernden Blick zu.
Als sich Antoinette und Jeanne zu ihnen gesellten, entspann sich ein etwas zusammenhangloses, aber angenehmes Gespräch. Jeder bemühte sich um möglichst viel Feingefühl, was auch mehr als nötig war angesichts der albernen Themen.
Jeannette servierte sehr stilvoll und gekonnt, wobei René sie zu unterstützen versuchte. Allerdings beschränkte er sich mehr auf höfliche Gesten oder Aufmerksamkeiten. Er holte die Teller, legte Brot nach oder rückte Wasser oder Wein an eine andere Stelle. Er versuchte eben den Eindruck zu erwecken, er sei eine große Hilfe und ganz unersetzlich.
De Gié sagte wie üblich nichts, außer um François’ Worte auf den Prüfstein zu legen und äußerst ernsthaft zu kommentieren. Bestand nicht zumindest in diesem einzigen Punkt heimliches Einverständnis zwischen Louise und ihm?
René bemerkte, dass die Comtesse nichts mehr von dem kleinen Mandelbrot hatte, das sie so sehr mochte und das Jeannette an beiden Tischenden angerichtet hatte. Diskret, wie man es ihm beigebracht hatte, ging er hinter Antoinette vorbei, nahm den Brotkorb, der noch gut gefüllt war, und reichte ihn Louise mit einer sehr eleganten Bewegung.
Sie dankte ihm mit einem Lächeln und war sehr erfreut, dass René seine Aufgaben als Page so schnell lernte. Sie lehrte ihn Höflichkeit, Haltung, zu schweigen, wenn es geboten war, und sich zu unterhalten, wenn man es von ihm wünschte.
René las Louise jeden Wunsch von den Augen ab. Er trug einen
Anzug aus weißem Satin und eignete sich begierig alles an, was sie ihm beibrachte - dazu gehörte auch eine gewisse Geisteshaltung.
René wusste mittlerweile, dass ein Page
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