Die seidene Madonna - Roman
jagte, spielte er mit dem König und dessen Freunden jeu de paume .
Und der junge österreichische Prinz war begeistert von diesem Spiel, das er am Hof von Kastilien noch nicht kennengelernt hatte! Ein Spiel, das ihm größte Freude bereitete. Philipp war muskulös und kräftig gebaut, sein Körper war wie gemacht für Sport, und er lernte schnell. Bald konnte er den kleinen harten Ball aus zusammengebundenen Lederbändern werfen und fangen. Und Louis zeigte ihm, wie man die gegenüberliegende Wand geschickt ins Spiel einbezog, um zusätzliche Punkte zu ergattern und den Gegner zu besiegen.
Obwohl das Spiel für Königin Anne mit traurigen Erinnerungen verbunden war, weil sich ihr erster Mann eine tödliche Verletzung zugezogen hatte, als er mit dem Kopf gegen einen Balken im Ballhaus
von Amboise gestoßen war, machte es ihr weiter Freude, und sie sah den Partien von Louis oft zu.
Johanna schloss sich auch weiterhin tagtäglich in ihrem Zimmer und in ihrer Schweigsamkeit ein und duldete nur eine Ausnahme - die Gespräche in spanischer Sprache mit Louise und ihrer Tochter. Und an diesen Unterhaltungen nahm stets auch Alix teil, die die Comtesse d’Angoulême auf Schritt und Tritt begleitete. In ihrer Gesellschaft ging Johanna sogar so weit, sich in einige Erinnerungen zu ergehen, die ihr das schöne heiße Spanien zurückriefen.
Da Alix keine Gelegenheit verstreichen ließ, bei der sie sich bilden konnte, verbesserte sie ihr Spanisch, indem sie sich ständig von ihren Freundinnen korrigieren ließ. Ihre Formulierungen wurden immer gewandter und ihr Wortschatz immer größer.
Wenn Johanna von Kastilien doch einmal ihr Zimmer verließ, dann ging sie stolz und aufrecht an den wachestehenden Pagen vorbei und begab sich in Begleitung ihrer Betschwester, die ihren Betteppich trug, um ihn ihr unter die Knie zu schieben, zur Schlosskapelle. Die Wappen von Kastilien, die Alix ganz aus Goldfaden gewebt hatte, schienen sie zu beruhigen und zu besänftigen. Und wenn sie dann auf dem Teppich kniete, flehte sie die Jungfrau Maria an, der König von Frankreich möge sich nicht mit ihrem Gatten gegen Spanien verschwören.
Als sie Philipp einen Brief schickte, erhielt sie keine Antwort. Philipp war so beschäftigt mit der Unterhaltung, die ihm der französische König bot, dass er seine Frau völlig vergessen hatte.
Um sich über diese Undankbarkeit hinwegzutrösten, verlangte sie nach ihrem Aloewasser und ihrer Gurkencreme, die man in silbernen Phiolen aus Spanien hatte kommen lassen. Darin badete sie dann ihr Gesicht, weil sie die Spuren der schlaflosen Nächte daraus tilgen wollte.
Schließlich bestand sie darauf, dass man ihr die Schatulle aus fahlrotem Saffian brachte, in der sie den Perlenschmuck, den ihr ihre Mutter zur Hochzeit geschenkt hatte, und das Geschmeide von Philipp zur Geburt des kleinen Charles verwahrte, und betrachtete sie unablässig. Sie legte den Schmuck aber nicht an, sondern bewunderte ihn nur stundenlang und strich hin und wieder zärtlich mit dem Finger darüber.
Als dann sämtliche Vergnügungen ausgeschöpft waren und Philipp und Johanna endlich in Erwägung zogen, nach Spanien zurückzukehren, wohlgemerkt ohne den Umweg über Tours zu vergessen, wo sie unter anderem die Weberwerkstatt von Meister Jacques Cassex besuchen wollten, rief Louis XII. Jacquou und dessen Frau zu sich.
»Da seid Ihr ja, mein lieber Meister Cassex«, sagte der König und begrüßte den jungen Weber mit ausgebreiteten Armen.
Die vertrauliche Geste brachte den jungen Mann mehr als nötig gewesen wäre in Verlegenheit. Jacquou war nun einmal sehr empfindlich und ließ sich schnell von allem beeindrucken, was von seinem vertrauten Alltag abwich. Also war es an Alix, sich gewandt und klug zu zeigen. Nachdem sie sich zunächst im Hintergrund gehalten hatte, trat sie nun neben ihren Mann.
»Aha, und Ihr seid seine hübsche junge Frau!«, meinte der König und musterte Alix wohlwollend.
Ihr Anblick war schließlich nicht dazu angetan, sein Missfallen zu erregen. Alix trug ein langes smaragdgrünes Kleid, das ihre goldbraunen Augen und ihr kastanienbraunes Haar sehr gut zur Geltung brachte. Ihre weiten goldbestickten Ärmel aus schwarzem Samt reichten bis zum Boden, und das enge Mieder über ihrer schmalen Taille endete in einer Spitze über ihrem flachen Bauch, dem man auch so ansah, wie anmutig er sein musste.
Alix machte eine tiefe Verbeugung und die entsprechenden Reverenzen. Als sie den Kopf neigte, hüpften ein
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