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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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waren.
    Ludwig hielt sein Pferd an.
    »Darf ich ein paar Worte über Marschall de Gié an Euch richten, Sire?«
    Die Comtesse wendete Orion, um dem König gegenüberzustehen.
    »Ich gehorche all Euren Befehlen, Sire, weil ich weiß, dass sie zum Wohle meines Sohnes sind. Aber ich bin nicht bereit, alle Befehle des Marschalls zu befolgen.«
    Er musterte sie freundlich.
    »Sind das etwa Befehle, die den meinen zuwiderlaufen?«
    »Nein, Sire, das nicht. Aber mir liegt sehr daran, eine gewisse Vertraulichkeit zwischen meinen Kindern und mir zu wahren.«
    »Eine Vertraulichkeit! Großer Gott, welche Geheimnisse verbergt Ihr vor dem Hof, Comtesse?«
    »Bitte glaubt mir, Sire, ich will gar nichts verbergen. Mir geht es nur um das Recht auf die große Liebe, die ich für meine Kinder empfinde. Die vertraulichen Augenblicke finden hauptsächlich während der Musik- und Poesiestunden statt, die ich mit ihnen veranstalte.«
    »Ist das alles?«
    Louise errötete kaum wahrnehmbar.
    »Beinahe, Sire. Abgesehen von einigen wenigen Minuten, die wir ungestört zu dritt vor dem Schlafengehen verbringen.«
    Der König streichelte sein Pferd.

    »Das ist nun wirklich kein Grund zur Aufregung. Ich spreche mit de Gié.«
    Er gab seinem Pferd die Sporen, damit es in den Trab fiel, und lud Louise ein mitzuhalten. Einer plötzlichen Eingebung folgend, machte er eine Volte und prüfte ihre Miene, aber Louise wirkte sehr gelassen.
    »Ich habe beschlossen, so lange in Romorantin zu bleiben, bis die Königin ihr Kind zur Welt gebracht hat.«
    Louise, die sich gehütet hatte, dem König zu gestehen, wie unangenehm ihr die häufigen Begegnungen und die erzwungene Nähe zu seiner Gattin auf dem beengten Schloss waren, ließ sich ihr Erstaunen nicht anmerken, doch ihr Atem ging jetzt schneller, und ihr Herz klopfte wie wild.
    »Die Pest ist vielleicht längst vorbei, ehe es so weit ist, Sire.«
    »Nein, liebe Cousine, die Plage scheint den Westen Frankreichs nicht verlassen zu wollen, und ich will nichts Unvernünftiges tun. Weder darf ich das Leben meines zukünftigen Kindes noch das Eures Sohnes aufs Spiel setzen.«
    Obwohl ihr das Herz fast aus der Brust sprang, nickte sie nur anmutig und lächelte ihn an.
    »Lieber Cousin«, sagte sie und verwendete die gleiche vertrauliche Anrede wie er eben, »diese Pest mit all ihren schrecklichen Folgen kann nicht mehr lange dauern.«
    »Da bin ich anderer Meinung, Louise. Bislang sind sehr viele Opfer zu beklagen, allein in den Nachbarregionen mehr als zehntausend. Und hier in der Sologne sind wir von der Pest isoliert. Deshalb bleiben wir, so lange wie nötig. Schließlich ist es unsere Pflicht, das Leben der uns Anvertrauten zu schützen.«
    Louise benötigte keine besonderen psychologischen Kenntnisse, um zu verstehen, dass der König nur nicht wusste, wie er seine Nachfolge zur Sprache bringen sollte.

    Eine Fasanenhenne lief ihnen über den Weg, und ihr in der Morgensonne funkelndes Gefieder fesselte den Blick der beiden Reiter.
    Der König parierte durch, und sein Pferd blieb stehen. Louise machte es genauso.
    »Hier sind wir in Sicherheit«, wiederholte er und sah dem Fasan nach. »Wir werden Romorantin nur verlassen, falls es Anzeichen für eine Ansteckungsgefahr geben sollte, was mich aber sehr wundern würde. Der Fluss um das Schloss ist ein wahrer Schutzschild.«
    Die Comtesse d’Angoulême hob den Saum ihres Reitkleids und ließ wie unbeabsichtigt einen kleinen Schuh zum Vorschein kommen, in dem ihr zierlicher Fuß steckte. Als sie sah, wie ihn der König unverhohlen bewunderte, hob sie ihren Samtrock noch ein wenig höher, um ihm ihre schlanke Fessel in einem weißen Seidenstrumpf zu präsentieren.
    »Natürlich haben wir große Angst um unsere Kinder, lieber Cousin, und ich kann mir vorstellen, dass Ihr einige Sorge um das Kind habt, das geboren werden soll.«
    Die Worte der Comtesse kamen so unerwartet wie eine plötzliche Detonation. Die beiden Pferde rührten sich nicht von der Stelle, und das Fasanenhuhn verschwand im Dickicht.
    Der König verzog den Mund zu einem flüchtigen Lächeln, aber seine Mundwinkel deuteten eher Enttäuschung als Zufriedenheit an.
    »Wenn die Königin keinen Dauphin zur Welt bringt, Louise, bleibt Euer Sohn Thronerbe. Und einzig und allein aus diesem Grund liegt mir daran, dass ihm nichts zustößt.«
    Louise blieb beinahe das Herz stehen, aber sie ließ sich ihre Erregung nicht anmerken. Das änderte nichts an der zweiten Hypothese, die der König auch

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