Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Rat und seid sehr vorsichtig! Vor allem müsst Ihr alles abkochen oder heißem Dampf aussetzen, was von außerhalb kommt. An diese Vorsichtsmaßnahme halten sich alle, sogar wir hier in Romorantin, die wir das Glück haben, in Sicherheit zu sein.
    Die wenigen Boten, die uns im Wald von Sologne erreichen,
berichten uns von Tausenden von Toten und dass die Pestwachen alle betroffenen Häuser mit einem roten Kreuz markieren. Marguerite erträgt den Gedanken an all die armen Menschen nicht, die herumirren, um der Plage zu entkommen, die ihnen auf den Fersen ist. Dennoch bleiben ihnen die Pforten des Schlosses unweigerlich verschlossen, weil sie den Keim der Epidemie übertragen könnten.
    Wie Ihr seht, habe ich leider nichts Erfreuliches zu berichten, meine liebe Alix. Ich hoffe sehr, dass Euch dieses Schreiben erreicht und bei guter Gesundheit antrifft.
     
    Ganz herzliche Grüße von
Eurer Louise.«

12
    Weil Abbé Mirepoix gezwungen war, so schnell wie möglich nach Reims zurückzukehren, damit die Prälaten und vor allem Erzbischof de Lenoncourt seine überstürzte Flucht nicht bemerkten, ließ er Alix und Juan allein in Chartres zurück, sobald sie sich einigermaßen von ihren Verletzungen erholt hatten.
    Zum Glück war es nicht mehr weit nach Chartres gewesen, und Alix, die langsam wieder zu Kräften kam, hatte sich mit Juan, der nicht an seine heftigen Kopfschmerzen denken wollte, beim Fahren der Kutsche abgewechselt.
    Das ganze traurige Abenteuer hätte man schnell vergessen können: Ein wichtiger Auftrag war verloren gegangen, es hatte Drohungen gegeben, man hatte ihre Ehre in den Schmutz gezogen, es kam zu Tätlichkeiten und Gewalt, und um dieses düstere Bild abzurunden, hatte Jacquou nun noch größere Angst um seine Frau und wollte sie nicht mehr allein reisen lassen.
    Alles hätten sie vergessen und mit dem Erblühen der Natur neue Hoffnungen schöpfen können, wäre da nicht dieser grauenhafte Alptraum gewesen, der sich brutal auf die Stadt stürzte und alle Einwohner lähmte: Die Pest war aus der Bretagne zu ihnen gekommen.
    Man hatte zwar einige Ratten gesehen, die die Plage ankündigten, aber nicht geahnt, welche Katastrophe über die Stadt und die ganze Gegend hereinbrechen sollte. Als die ersten Fragen über die drohende Gefahr aufkamen, war man noch weit davon entfernt zu ahnen, welches Ausmaß sie erreichen würde.

    Gerüchte kursierten allerdings genug, und was man sich da so zuraunte, ließ die meisten vor Angst zittern. Man munkelte von schlechten Vorzeichen, von Pech und Kalamität. Es wurde geflüstert, dass die besonders Privilegierten sich am besten aus der Affäre ziehen könnten und die weniger Bemittelten in der Hölle schmoren müssten, weil ihnen die Absolution durch einen Priester verweigert wurde.
    Es hieß sogar, dass die königliche Familie zusammen mit der Familie d’Angoulême Amboise verlassen hätte, um sich auf Château Romorantin zu flüchten, einer Enklave in der Sologne, die abseits vom Weg der schrecklichen Seuche lag. Und auch für Alix blieb es bei dem Gerücht, weil der Brief von Louise sie nie erreichte - kein Bote war aufs Schloss gekommen. Und es war auch sonst nirgends einer aufzutreiben, weil sich jeder hinter seiner Tür verbarrikadierte.
    Unter den ältesten Einwohnern von Tours erinnerten sich noch einige an die letzte Pest, die aus dem Norden gekommen war und einen Großteil der französischen Bevölkerung dahingerafft hatte, weil sie durchs ganze Land gezogen war, ehe sie es im Süden Richtung Italien und Spanien verlassen hatte. Diese hier nun kam aus der Bretagne; bestimmt hatte sie ein Schiff aus England mitgebracht! Wen wollte sie wohl mit sich reißen?
    Die Pest schlich sich oft ganz heimtückisch an und wurde nur sehr selten von Insektenplagen nach Zeiten ununterbrochener heftiger Unwetter angekündigt. Deshalb glaubte die Landbevölkerung wohl auch eher an eine bevorstehende Cholera-, Ruhr- oder Fieberepidemie.
    Und gerade als die Angst ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte, bestätigten sich Alix’ Vermutungen: Weil ihr jeden Morgen übel war und ihre Monatsblutung ausblieb, wusste sie, dass sie schwanger war.

    Doch in diesen Tagen quälten andere Sorgen die Bevölkerung von Tours. Kaufleute, Handwerker und Dorfbewohner tauschten sich mit bekümmerter Miene aus.
    »Fast alle Werkstätten in der Stadt sind geschlossen«, klagte Arnaude mit angstgeweiteten Augen, »und kaum einer öffnet einem noch sein Haus. Was soll nur aus uns werden? Es ist

Weitere Kostenlose Bücher