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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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verstehen, wie verwirrt Ihr sein müsst, viel mehr als ich es damals
war, als ich Witwe wurde. Charles ist mir immer so fremd geblieben, während Ihr Eurem Jacquou so nahe wart. Ihr habt ihn so sehr geliebt! Das Leben ist oft furchtbar grausam, dennoch geht es weiter, und wir müssen handeln. Bestimmt hilft Euch die Arbeit über den Schmerz hinweg, Alix, und Ihr webt die schönsten Tapisserien des Jahrhunderts. Jacquou wird Euch Mut machen. Dann liefert Ihr euer Meisterstück und dürft Eure Werkstätten wie jeder andere bedeutende Webermeister führen. Ihr dürft nur nicht aufgeben, Alix. Am besten denkt Ihr jetzt erst einmal nur an Eure bezaubernden Einhörner und Eure Florentiner Madonnen. Ich bin überzeugt, dass Ihr wunderschöne Teppiche weben werdet, und Eure hoffnungsvollen Anstrengungen werden vom Erfolg gekrönt sein.
    Was meine Hoffnungen betrifft, so bin ich überglücklich, weil Königin Anne gerade ein Mädchen zur Welt gebracht hat. Mein kleiner Cäsar bleibt also Thronfolger! Ich gestehe, ich kann meine Freude darüber nicht verhehlen, und sogar das Ungeheuer de Gié hat zum ersten Mal meine Begeisterung geteilt. Diesmal strahlten seine Augen weder Überheblichkeit noch Aggression aus, sondern leuchteten in freudiger Erwartung einer Dauphine. Einen kurzen Moment lang hatte ich sogar das Gefühl, die Erleichterung hätte uns geeint.
    Nun geht aber alles wieder seinen Lauf, und de Gié besteht trotz meiner Einwände darauf, meinen Sohn zu einem überragenden Kavalier zu machen, und ermutigt ihn zu allerlei Leichtsinn. François muss man nicht lange überzeugen - er ist begeistert. Er galoppiert, springt über Hindernisse, lässt sein Pferd im Kreis herumlaufen und amüsiert sich königlich.
    Marguerite würde ihren Bruder am liebsten bei all seinen Eskapaden begleiten und kann kaum erwarten, dass es Abend wird und François ihr von seinen Abenteuern erzählt.

    Wir werden sehr bald nach Amboise zurückkehren, weil die Pest weitergezogen ist. Wie viele arme Seelen wird sie sich wohl dort noch holen, wo sie jetzt Station macht?
    Meine liebe Alix, seid herzlich umarmt von meinen Kindern und mir. Wir wünschen Euch allen Mut, den Ihr brauchen werdet, um die große Aufgabe zu bewältigen, die Euch bevorsteht.
     
    In inniger Verbundenheit
Eure Louise.
    Die Handarbeitsstunde war vorbei, Louise las den Brief noch einmal durch, faltete ihn zusammen und steckte ihn in einen Umschlag. Dann wollte sie mit ihrer Tochter zu den Stallungen gehen, um François zu begrüßen, wenn er von seinem Ausritt zurückkam.
    »Ich komme gleich nach, Mutter«, sagte Marguerite. »Ich will nur noch mein Täschchen aus dem Zimmer holen.«
    »Soll ich nicht hier auf dich warten?«
    »Nein, danke, wir treffen uns bei den Ställen.«
    »Wie du willst.«
    Louise verließ den Salon und nahm den Korridor, der zur Haupttreppe führte. Am Treppenaufgang saßen zwei Pagen der Königin und spielten Fangbecher.
    Die beiden trugen ein Wams aus makellos weißem Satin mit Spitzen an den Ärmeln und weiße Hosen, und ihre Füße steckten in schwarzen Samtschuhen. Vermutlich waren sie nur ein paar Jahre älter als François, und Louise bewunderte von weitem ihr perfektes Aussehen.
    Doch leider blieb es beim Anblick der großartigen Toilette. Die Pagen von Königin Anne verhielten sich, genau wie ihre Zofen und Hofdamen bis hin zu den einfachsten Dienstboten aus ihrem
Gefolge, der Familie d’Angoulême gegenüber gleichgültig und kalt, um nicht zu sagen unhöflich. Es war, als hätte man eine Losung im Schloss ausgegeben. Das gespannte und feindselige Verhältnis der beiden Frauen übertrug sich auf sämtliche Dienstboten, und die beiden Familien samt Gefolge beäugten sich misstrauisch und verächtlich.
    Louise ging an den beiden Pagen vorbei, ohne dass die sie gegrüßt hätten. Sie sahen ihr dreist ins Gesicht und setzten ihr Spiel fort. Hinter sich hörte sie eine Tür ins Schloss fallen. Als sich Louise umdrehte, sah sie Catherine in Begleitung eines Küchenmädchens mit einem großen Weidenkorb. Sie mochte wohl etwa so alt sein wie ihr Zimmermädchen, sechzehn oder siebzehn Jahre alt.
    Catherine war jung und hübsch, das andere Mädchen aber war eine Schönheit. Und zwar keine oberflächliche von der Art, die einem auf den ersten Blick auffällt, sondern eine wahre Schönheit.
    »Ach, Catherine«, seufzte Louise, »du musst mir unbedingt die Stickerin bestellen. Ich habe einige Arbeit für sie. François’ Wamse sind nicht mehr schön

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