Die Seidenstickerin
zu studieren, zu singen und Instrumente zu spielen. Die übrige Zeit wird sie mit Gebeten zubringen. Wir sollten einen stillen Orden für sie suchen.«
Antoinette wischte sich verstohlen eine Träne aus dem linken Augenwinkel.
»Euch habe ich es zu verdanken, dass meine Tochter in Eurer Gesellschaft so gut geraten ist, meine Liebe«, sagte sie milder gestimmt.
»Dann beraubt sie nicht dieses Vorteils und macht Euch vor allem keine Sorgen. Madeleine wird ihrer Eingebung folgen, ohne ihre intellektuellen Fähigkeiten aufzugeben.«
»Ist sie denn nicht viel zu jung dafür?«, seufzte Antoinette, noch immer widerstrebend.
»Sie ist durchaus in der Lage, ihr Noviziat in Saintes zu machen. Eure Tochter ist kein kleines Mädchen mehr, Antoinette. Und sie hat den dringenden Wunsch, an der Seite anderer junger Frauen zu leben, die nach dem gleichen Ziel streben wie sie.«
»Hat sie Euch das gesagt?«
Louise zögerte kurz, antwortete dann aber doch entschlossen, auch wenn sie ihrer Freundin damit vielleicht Kummer machte.
»Sehr oft sogar. Sie hat mir ihren sehnsüchtigen Wunsch anvertraut, so schnell wie möglich das Schloss zu verlassen und Novizin zu werden. Und ich glaube, dass wir sie nicht länger hinhalten dürfen.«
»Meinetwegen«, sagte Antoinette jetzt müde und resigniert. »Soll sie also ins Kloster nach Saintes gehen.«
Dann zupfte sie an der Spitze ihres roten Seidenmieders und fügte trotzig hinzu:
»Trotzdem wird mir keiner die Sorge nehmen, dass Madeleine ihre Entscheidung eines Tages bereuen könnte, Louise.«
Louise ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab, fuchtelte ungeduldig mit den Armen in der Luft und verschränkte sie schließlich vor der Brust. Sie sah ihre Freundin an und erklärte unmissverständlich:
»Es dauert ein paar Jahre, bis Madeleine das Noviziat absolviert. Da hat sie Zeit genug, um nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen. Und Ihr könnt mir wirklich glauben, dass mir die ganze Tragweite dieser Entscheidung bewusst ist, Antoinette.«
»Und was machen wir dann?«
»Wenn sie tatsächlich den Schleier nehmen will, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Vielleicht könnten wir ihr die zweitausend Taler geben, die Charles ihrer älteren Schwester hinterlassen hat; sie braucht sie ja nicht, wenn Königin Anne sie ausstattet.«
Hinter diesen so zuversichtlich vorgebrachten, tröstenden Worten verbargen sich allerdings einige Bedenken, die sich Louise nicht eingestehen wollte. All ihrer Hellsichtigkeit zum Trotz wusste sie nämlich noch nicht einmal, wie sie ihre eigenen finanziellen Angelegenheiten regeln sollte. Dennoch blieb sie hoffnungsvoll und zuversichtlich.
Auch wenn von allen Seiten neue Ausgaben auf sie zukamen, bewahrte sie eiserne Ruhe, und ihre grünen Augen strahlten so vergnügt, dass keiner in ihrer Umgebung auch nur auf den Gedanken kam, es könnte einen Grund zur Besorgnis geben.
Es dauerte eine Weile, bis die neuesten Gerüchte ihren Weg vom prächtigen Hof in Amboise in das bescheidene Schloss in Cognac gefunden hatten; aber dann erfuhr man dort, dass Königin Anne de Bretagne einen Sohn tot zur Welt gebracht hatte, dass sie aber bereits wieder schwanger war.
Erst freute sich die Gräfin d’Angoulême, dann war sie verärgert. Das erste Ereignis brachte ihren Sohn näher zum Thron, das zweite rückte ihn wieder in weite Ferne. Ihr Ärger war umso größer, als Anne noch sehr jung war und deshalb noch viele Mutterschaften erleben konnte.
Eine erste Hoffnung, eine erste Enttäuschung. Und es sollte nicht die letzte sein – viele weitere würden folgen. Und Königin Anne musste nun darauf vorbereitet sein, mit den gleichen Gefühlsschwankungen fertig zu werden. Es war nicht abzusehen, welches der beiden Frauenschicksale die Oberhand behalten sollte.
Louise hatte auch erfahren, dass ihrem Cousin, dem König, auf seinem Schloss in Amboise kein Luxus zu viel war. Denn wenn es um seine Bequemlichkeit ging, achtete Louis XII. nicht auf die Kosten. Man hatte einen neuen Flügel an das Hauptgebäude des Schlosses angebaut, den die Königin mit dem prunkvollsten Dekor ausgestattet hatte, das ihre Untertanen je gesehen hatten. Seidene Tapisserien aus Flandern, kostbare Stoffe mit schillernden Mustern, vergoldetes Geschirr und Möbel aus Edelhölzern, Kannen, Spiegel und Porzellan aus Delft und Gläser aus Venedig – bis hin zur Hauskapelle der Königin mit ihren zwei großen Kaminen, strahlte alles Reichtum und Pracht aus.
Und wie hätte Louise ihre
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