Die Seidenstickerin
Hofdamen zu wechseln«, widersprach Jeanne und schürzte die Lippen wie ein schmollendes Kind.
»Ach was! Ihr bleibt meine Gesellschafterinnen; und sollte man mir wirklich andere vorsetzen, gehört Ihr auf jeden Fall weiter zu meinem engsten Gefolge.«
»Das klingt ja sehr tröstlich«, meinte Antoinette misstrauisch. »Aber könnt Ihr Euch solchen Luxus überhaupt leisten, Louise? Die Königin kann Euch bestimmt zu einer Entscheidung zwingen.«
Louise zwinkerte ihr beruhigend zu.
»Ich versichere Euch, dass mir der König dieses und noch einige andere Privilegien gewähren wird. Schließlich habe ich es mit Louis XII. zu tun, nicht mit seiner Gattin. Und er ist immerhin der Vormund meiner Kinder. Macht Euch keine Sorgen. Wir sollten uns lieber überlegen, wie wir unser neues Leben gestalten wollen.«
»Ihr scheint Euch Eurer Sache ja sehr sicher zu sein, Louise«, meinte Antoinette noch immer nicht überzeugt und strich sich mit dem Finger über ihre Wimpern, die sie noch nicht hatte glätten können.
Sie konzentrierte sich ein Weilchen auf diese schwierige Aufgabe, dann seufzte sie und sagte vorwurfsvoll:
»Die Parfümhändlerin hat uns schon eine ganze Weile versetzt. Riecht doch mal an meinem Ärmel, Louise. Ich finde, er riecht nach Kleiderkammer!«, meinte sie und hielt Louise ihren Ärmel unter die Nase.
»Riecht daran, Louise, und sagt mir, wo der Jasminduft geblieben ist, den wir noch vor ein paar Monaten hatten. Und unsere Unterwäsche duftet auch schon lange nicht einmal mehr nach Lavendel.«
Louise und Jeanne brachen in lautes Gelächter aus.
»Es heißt, dass sich am Hof von Anne de Bretagne ständig ein ausgezeichneter Parfümhändler aufhält, der seine Essenzen direkt aus Italien bezieht.«
Antoinette ließ ihren Arm wieder sinken und wollte die fröhliche Reaktion ihrer Freundinnen nicht unbeantwortet lassen, aber Louise fiel ihr einfach ins Wort.
»Ich verspreche Euch hoch und heilig, dass Ihr bereits in wenigen Tagen mit Parfümhändlern, Schneidern, Spitzenhändlerinnen, Strumpfwirkerinnen und anderen angenehmen Leuten dieser Art zu tun haben werdet«, erklärte sie vergnügt.
Jeanne rutschte auf der Bank in der Kutsche hin und her, die zwar mit Samt bezogen, aber dennoch nicht besonders bequem war. Sie sah Louise an und nahm behutsam ihre Hand.
»Eure hochherzige Art rührt uns sehr, Louise, Ihr bleibt stets gleich freundlich und heiter. Dabei müsstet Ihr ja eigentlich in hellem Aufruhr sein. Oder macht es Euch etwa gar nichts aus, Euch von Saint-Gelais zu trennen?«
Louise tat einen Seufzer, der aber nicht sehr verzweifelt klang. »Ihr wisst sehr wohl, dass für mich die Interessen meines Sohnes Vorrang haben, Jeanne.«
Jetzt wandte sich Antoinette an die Gräfin, lächelte ihr zu und sagte spöttisch:
»Seit wann heißen denn Gefühle Interessen?«
»Schon immer, Antoinette, und das wisst Ihr auch. Es mag ja nicht für alle gelten – für mich jedenfalls schon.«
»Für Euch schon! Da habt Ihr aber, glaube ich, die Leidenschaft vergessen, Louise. Was wollt Ihr denn ohne dieses köstliche Vergnügen machen?«
»Louise hat Recht«, mischte sich die reichlich fatalistische Jeanne ein. »Es geht schließlich nur um ein paar Jahre. Wenn sie erst die Mutter eines Königs ist, wird sie alles dürfen. Da lohnt es sich schon, ein wenig zu warten.«
Aber Antoinette war noch längst nicht überzeugt. Sie streckte ihre langen Beine aus und entgegnete:
»Ihr seid jung, Louise. Und die schönsten Jahre im Leben einer Frau vergehen viel zu schnell. Lasst sie Euch also nicht nehmen.«
»Wer sagt denn, dass das jetzt die schönsten Jahre meines Lebens sind, Antoinette!«
»Ihr werdet es schon noch merken«, redete Antoinette weiter auf sie ein. »Wenn Ihr erst in den Spiegel schaut und ein Gesicht voller Falten und einen dicken Bauch seht, glaubt Ihr dann wirklich, dass die schönen Jahre erst noch Eure welke Stirn krönen werden?«
»Wenn ich Euch recht verstehe, redet Ihr von der Zukunft. Und wie sieht die für mich aus? Jeanne hat es gerade gesagt: Ich werde Königsmutter«, gab ihr die Gräfin ganz ruhig zur Antwort.
Da riefen Antoinette und Jeanne vor Schreck einstimmig:
»Und was wird aus unseren Töchtern?«
»Was aus Euren Töchtern wird? Was soll die Frage überhaupt? Ich finde sie vollkommen überflüssig. Sie erhalten natürlich weiter eine angemessene Erziehung, und wenn es so weit ist, bekommen sie ihre Aussteuer und wir verheiraten sie mit einem Ritter aus gutem
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