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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Mailand waren seine Hauptziele.
    Julien folgte also dem Armeekorps überallhin und hielt sich dementsprechend selten am Hofe auf, von wo er allerdings gerade sehr zufrieden zurückgekommen war. Isabelle ahnte instinktiv, dass er wichtige Neuigkeiten zu berichten hatte.
    Er nickte seinem Sohn zu, der diesen Gruß ziemlich ungeschickt erwiderte. Noch nie hatte ihn der Vater in den Arm genommen, ihm noch nie einen tröstlichen Kuss auf die Stirn gedrückt. Julien de la Trémoille betrachtete Olivier nämlich genauso wenig wie Constance als sein Kind – und Isabelle wusste das.
    Und auch hierfür musste man die Erklärung in der Vergangenheit suchen: Als nämlich Juliens Mutter, die Gräfin de La Trémoille, Witwe wurde, hatte sie genau zu dem Zeitpunkt die Verwaltung von Schloss Doué übernommen, als ihr Sohn Julien sich verheiratete. Weil sie Isabelle nie akzeptiert, sie sogar einmal als Tochter einer Kurtisane bezeichnet hatte – Isabelle war nämlich eine uneheliche Tochter des Herzogs von Berry, von dem sich Léonore als junge Frau hatte verführen lassen, versuchte Catherine de La Trémoille verbissen zu beweisen, dass Isabelle nichts anderes als eine treulose Abenteurerin war.
    Kurz nach ihrer Hochzeit kam Julien in Begleitung seines Freunds Etienne d’Amboise auf sein Schloss zurück, als ihm Isabelle gerade gestehen wollte, dass sie schwanger war. An diesem Tag hatte sie der unangenehme Herr Etienne d’Amboise, den sie sowieso nicht leiden konnte, weil er eingebildet war und sich ständig auf die geschmackloseste Weise über sie lustig machte, brutal vergewaltigt.
    Und Catherine de La Trémoille war wie durch Zufall und vermutlich, weil sie ihr diese Falle selbst gestellt hatte, genau in dem Moment dazugekommen, als sich Isabelle mit den einzigen Waffen zu verteidigen versuchte, die ihr zur Verfügung standen: Sie schrie, sie weinte, sie trat mit den Füßen und kratzte.
    Juliens Mutter schickte Isabelle sofort weg. Ihren Sohn machte sie aber glauben, Isabelle hätte dem Akt zugestimmt und das Kind sei nicht von ihm.
    Angesichts der ohnehin belasteten Vergangenheit von Isabelle und der kleinen Constance, dem Ergebnis einer anderen Affäre, hatte Julien einen Strich unter das bisschen Glaubwürdigkeit gemacht, das er von ihr erwarten konnte. Für ihn war Olivier nicht sein Sohn.
     
    Nachdem Julien die mehr als zurückhaltende Begrüßung von Olivier und die heitere Stimmung seiner Frau registriert hatte, verbeugte er sich vor dem Prälaten.
    »Wie geht es Euch, Jean? Brecht Ihr bald wieder nach Rom auf?«
    Eigentlich wollte Graf de La Trémoille aber unbedingt loswerden, was er zu berichten hatte, weshalb er die Antwort seines Gastes gar nicht abwartete, sondern gleich fortfuhr:
    »Ich habe die Königin gesehen.«
    »Wie geht es ihr?«, erkundigte sich Isabelle höflich.
    Es war schon sehr lange her, dass Isabelle die frühere Herzogin, Anne de Bretagne, gesehen hatte, mit der sie ihre gesamte Jugend auf dem Schloss in Nantes verbracht hatte, nachdem die Regentin Anne de Beaujeu sie wie eine hübsche Ware dem bretonischen Hof »geschenkt« hatte. Dazu muss man wissen, dass der Herzog von Berry, Isabelles Vater, gerade gestorben war und dass seine Frau eine neue Ehe schließen und sich dabei nicht mit den vielen unehelichen Kindern ihres verstorbenen Gatten belasten wollte.
    »Sie will Eure Tochter verheiraten.«
    Diese bedrohliche Bemerkung traf Isabelle ohne Vorwarnung und das ausgerechnet wenige Augenblicke nachdem sie sich überzeugt hatte, dass Constance noch immer ein Kind war. Warum nur war die Königin so darauf versessen, alle jungen Mädchen des Königreichs unter die Haube zu bringen, sobald sie ins heiratsfähige Alter kamen? Isabelle seufzte leise.
    »Die Königin kümmert sich noch immer um Dinge, die sie nichts angehen«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich fürchte, Constance wird davon gar nicht begeistert sein.«
    »Eure Tochter hat zu tun, was der Hof von ihr verlangt«, entgegnete Julien scheinbar unbeteiligt.
    »So wie ich!«
    Er sah sie überrascht an, ging aber nicht weiter darauf ein.
    »Eure Tochter wird sich fügen müssen.«
    Isabelle zuckte nur die Schultern. Wenn er in diesem Ton »Eure Tochter« sagte, dann wahrscheinlich um zu betonen, dass Constance nicht seine Tochter war und um Isabelle wütend zu machen.
    »Sie will also Constance verheiraten! Mit wem denn?«
    »Ich glaube, Königin Anne zieht zwei oder drei Männer aus den besten Familien Frankreichs in die engere Wahl. Das

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