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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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eine Planke begannen die Hafenarbeiter, rumpelnd ein behäbiges Fass nach dem anderen aus dem Bauch des Schiffes zu rollen. Auch Fygen und Eckert verließen mit ihren Reisebündeln den Niederländer, und Fygen stellte fest, dass Wein ein wesentliches Handelsgut in dieser Stadt sein musste, denn von drei anderen Schiffen, die ebenfalls im Hafenbecken vertäut lagen, wurden gleichfalls Weinfässer gelöscht. Alle trugen Aufschriften, in denen Herkunft und Eigentümer vermerkt waren, und jedes Fass wurde von einem Schreiber sorgsam in einem Register vermerkt.
    Die Herberge lag nicht weit entfernt am Rande eines großen, gepflasterten Marktplatzes, war sauber und bequem und verdiente zu Recht, ein Gasthaus genannt zu werden. Der Gastwirt hatte sie freundlich empfangen, in einem lustigen Gemisch aus den verschiedensten Sprachen, die er völlig hemmungslos miteinander verzwirbelte, so dass ihn schließlich jedermann ein wenig, aber niemand so ganz verstand. Dafür aber unterstrich er jedes seiner Worte durch ein Nicken seines fast kahlen, runden Kopfes.
    Natürlich könne er sich erinnern, dass der Herr Lützenkirchen bei ihm gewohnt hatte. Es muss irgendwann Anfang des Jahres gewesen sein, aber wann genau? Tja, das konnte er nicht sagen. Jedenfalls schien Peter nicht sehr lange geblieben zu sein. Und der Gastwirt freue sich nun, die hochgeschätzte Gattin des Herrn Lützenkirchen bei sich beherbergen zu dürfen. Das war in etwa das, was Fygen dem Redeschwall des Wirtes entnehmen konnte, der, durch Eckerts Nachfrage ausgelöst, auf sie niederprasselte.
    Eckert hatte sich sofort nach ihrer Ankunft um ihr Gepäck gekümmert und Fygen dann in der Herberge zurückgelassen, um sich so schnell wie möglich um ihre Passage nach London zu bemühen und sich bei der Gelegenheit gleich ein wenig umzuhören. Vielleicht konnte er herausfinden, mit welchem Schiff Peter nach London gereist war. Fygen wollte er bei seinen Nachforschungen nicht dabeihaben, denn man konnte nie wissen, was man erfuhr, und auch nicht, wie man es erfuhr.
    Die gemütliche Schankstube war voller Menschen, als der klein gewachsene, quirlige Gastwirt Fygen zu einem Tisch ein wenig abseits des umlagerten Tresens geleitete. Er würde Fygen »ganz gleich« ein besonders vorzügliches Mahl vorsetzen, erklärte er nickend und verschwand, um bald darauf zurückzukehren und ein kleines Näpfchen mit zäher, dunkelroter Flüssigkeit vor ihr auf der Tischplatte abzusetzen. Es duftete wunderbar nach Johannisbeere, und Fygen leerte das Näpfchen mit einem Zug. Klebrig-süß rann der aufgesetzte Beerenlikör ihre Kehle hinab und wärmte sie wunderbar. Fygen war zufrieden, einfach nur dazusitzen und ein wenig den anderen Gästen zuzuschauen, wie sie munter debattierten, aßen und tranken. Und mit einem Mal empfand sie die Gewissheit, dass alles gut ausgehen würde. Sie würde Peter unversehrt in London antreffen. Es war sicher nur ein dummer Zufall, der ihn länger als geplant in London festgehalten hatte.
    In der Küche schien man genauso zügig zu kochen, wie der Wirt redete, und so dauerte es nicht lange, bis der Gastwirt wieder an ihrem Tisch erschien. Breit lächelnd und fleißig nickend, stellte er einen großen Teller vor sie auf den Tisch, über dessen Rand eine noch größere, goldbraun gebratene und vor Fett glänzende Scholle rechts und links hinausragte. Fygen lief das Wasser im Mund zusammen, doch bevor sie noch den ersten Bissen in den Mund schieben konnte, trat ein beleibter, älterer Herr an ihren Tisch. Mit Bedauern blickte Fygen von ihrem Teller auf. Sie hatte seit dem missglückten Abendessen in Neuss nicht viel zu sich genommen und war entsprechend hungrig. Zu ihrer großen Überraschung schaute sie geradewegs in das freundliche, wettergegerbte Gesicht von Herrn Vornhuis, dem Lübecker Kaufmann, dessen Bekanntschaft sie bei Katryns Hochzeit im Golden Krützchen geschlossen hatte. Er und Peter waren in den vergangenen Jahren in Kontakt geblieben, und erst im Herbst hatte er sie im Haus Zum Rosenbaum besucht, als ihn seine Handelsreisen über Köln führten. Seine Haare waren inzwischen völlig silberfarben, was jedoch in einem anziehenden Kontrast zu seinem gebräunten Gesicht stand, und er hatte ein wenig an Leibesumfang verloren. Alles in allem wirkte er frisch und gesund, wie um sein Alter Lügen zu strafen. Fygen freute sich wirklich, ihn zu sehen, und begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln. »Herr Vornhuis, wie schön, Euch hier zu

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