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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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der Dombau, der Rathausturm, Windmühlen, unzählige Kirchtürme und die Dächer und Fassaden schmaler Häuser mit spitzen Giebeln hinausragten. Dunkel hoben sie sich vor der goldenen Sonne ab, die tief im Südwesten stand und alles in ein weiches Licht kleidete. Es war ein prächtiger, beeindruckender Anblick, der sich ihr bot, fand Fygen.
    Schnell erreichten sie den Anfang der Rheinmauer, welche die Stadt zum Fluss hin schützte. Vorwitzig lugten die oberen Geschosse und Giebel der Häuser, die direkt an die Mauer gebaut waren, über sie hinweg.
    Der Uferbereich vor der Mauer war ordentlich befestigt, und unzählige Menschen schienen hier ihr Auskommen zu haben. Scheinbar ziellos liefen sie durcheinander, trugen Bündel, schoben Karren oder schrien wild gestikulierend Befehle. Sogar Händler boten hier ihre Waren feil. Mitten im Fluss schwamm ein flaches, hölzernes Gebilde, einem Floß nicht unähnlich, auf dem kleine Schuppen standen. Einige Boote waren daran festgemacht. Männer luden Getreidesäcke aus den Booten und schleppten sie in einen der Schuppen. Nein, das Gebilde schwamm nicht, stellte Fygen fest, es bewegte sich nicht von der Stelle, es musste im Fluss verankert sein. Erst als sie näher kamen, erkannte Fygen, dass die Flussströmung hölzerne Mühlräder antrieb. Es waren die Rheinmühlen, welche die Stadt mit Mehl versorgten, denn außer dem Rhein gab es im Stadtgebiet kaum fließende Gewässer, die in der Lage waren, Mühlen anzutreiben.
    Noch ein gutes Stück weiter ging es flussaufwärts, bis endlich die Treidelburschen die Taue von den Pferden lösten und das Schiff ans Ufer zogen. Unsanft stieß es ein paar Mal an die hölzernen Pfähle an, die ins Flussbett gerammt waren, und Fygen hielt sich erschrocken an der Reling fest. Schon sprangen die Gehilfen des Schiffers von Bord, vertäuten das Boot ordentlich an den Pfählen und legten eine Laufplanke über den Spalt zwischen Ufer und Schiff. Sogleich kamen ein paar kräftige Männer an Bord und machten sich an den Fässern und Warenbündeln zu schaffen. Andere verschwanden im Bauch des Schiffes, um kurz darauf, mit Getreidesäcken bepackt, wieder aufzutauchen. Sie schleppten ihre schwere Last zum Heck des Schiffes, wo sie diese gewichtig auf die Planken plumpsen ließen und zu einem ordentlichen Stapel aufschichteten.
    Große Kräne standen wie riesige hölzerne Vögel am Ufer, und Fygen beobachtete gebannt, wie sich ein Boot, auf dem ebenfalls ein Kran befestigt war, ihrem Schiff näherte.
    »Diese Geier«, knurrte es neben Fygen, und sie wandte den Kopf. Neben ihr stand der Schiffer und machte ein verdrießliches Gesicht.
    Fygen schaute in die Luft, doch außer ein paar gierig schreienden Möwen, die über den Schiffen kreisten, waren keine Vögel zu sehen.
    Der Schiffer war ihrem Blick gefolgt und lächelte grimmig. »Diese verdammten Kölner nehmen einen aus wie eine geschlachtete Gans. Und das zudem hochoffiziell«, klagte er, froh, einen Zuhörer gefunden zu haben, bei dem er seinem Unmut Luft machen konnte.
    Neugierig blickte Fygen ihn an, begierig, alles aufzusaugen, was der Schiffer ihr über die seltsamen Sitten der fremden Stadt erzählen mochte.
    »Zölle zahlen muss man überall, das ist ja ganz normal, aber was diese Hunde machen, ist schon unverschämt. Stapelrecht nennen sie es und haben sich ihre Wegelagerei auch noch königlich verbriefen lassen«, fuhr er fort. Und auf Fygens fragenden Blick hin erklärte er: »Hier ist die Grenze zwischen Mittel- und Niederrhein. Im Mittelrhein ist das Wasser viel niedriger und die Fahrrinne deutlich enger als im Niederrhein. Unsere großen Schiffe können daher nicht weiter flussaufwärts fahren als bis Köln. Also müssen wir hier alle Waren ausladen.« Mit einem resignierten Zucken seiner mächtigen Schultern deutete er auf das Kranschiff, das in diesem Moment längsseits ging. Gewichtig und sich der Würde seines Amtes bewusst, kam der Kornmüdder an Bord und nickte dem Schiffer gesetzt zu. Gemessenen Schrittes ging er auf die Getreidesäcke zu, zählte sie gewissenhaft und machte sich eine Notiz. Dann gab er dem Kranmeister an Bord des Kranschiffes ein Zeichen, der daraufhin seinen Männern Befehle zubrüllte. Sofort begannen die Kranarbeiter mit dem Löschen der Säcke.
    »Das Ausladen lassen sie sich gut bezahlen. Alle Waren werden geprüft, gezählt, gemessen und gewogen. Auch das kostet Geld. Dann verlangen sie Zölle auf manche Waren.« Der Schiffer deutete auf ein kleineres,

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