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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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zu erwachen.
    »Kennen Sie das Wappen?«,
     fragte der Rektor.
    »Derby«, flüsterte
     ich.
    »Derby«,
     wiederholte er. »Pater Shelton bekam es vom Grafen von Derby
     geschickt.«
    »Der sechste Graf von
     Derby«, sagte ich. »Noch ein William.«
    In der Stille, die folgte,
     dehnte sich der Raum, und die Bücher schienen sich in ihren Fächern
     vorzubeugen und zu lauschen.
    »My name is Will«,
     murmelte Ben.
    »William Stanley Graf
     von Derby«, spezifizierte ich.       
    »Stanley?«,
     wiederholte Sir Henry ungläubig. »Wie in …«
    »Wie in W. S.«,
     sagte Ben.
    Es klopfte an die Tür,
     und ich erschrak. »Herein«, sagte der Rektor. Ein junger
     Priester steckte den Kopf durch die Tür. »Ein Anruf für
     Sie, Monsignor.«
    »Machen Sie mir eine
     Notiz.«
    »Es ist Seine Exzellenz
     der Erzbischof von Westminster.«
    Der Rektor murmelte etwas,
     dann entschuldigte er sich.
    »Das gefällt mir
     nicht«, sagte Ben, als die Tür wieder zu war. »Tun Sie,
     was Sie tun müssen, und dann gehen wir.«
    In der Ecke stand ein alter
     Kopierer. Ich schaltete ihn an, und er erwachte summend zum Leben. Als er
     sich aufgewärmt hatte, schlug ich die Folio auf.
    »Stanley?« Sir
     Henry sah mich funkelnd an.
    »Keine Verwandtschaft«,
     sagte ich kurz, während ich das Buch auf der Suche nach irgendwelchen
     Zeichen durchblätterte - Randbemerkungen, Kritzeleien, unterstrichene
     Wörter, Unterschriften.
    »Mit dir oder mit
     Shakespeare?«, hakte Sir Henry nach. »Sag mir bitte, mit
     keinem von beiden.«
    Ich erreichte das Ende der
     Folio, ohne etwas zu finden. Das einzig Interessante war Derbys Wappen auf
     dem Einband. »Keine Verwandtschaft mit mir«, sagte ich
     genervt. »Ich kann auch nichts dafür, wenn Derby plötzlich
     Außenseiterchancen hat, Shakespeare zu sein … Du hast selbst
     gefragt«, setzte ich nach, als Sir Henry fluchte.
    Ich blätterte das Buch
     noch einmal durch, diesmal langsamer, und erläuterte unterdessen, was
     für Derby sprach. Gebildet, athletisch und adlig, war William
     Stanley, der sechste Graf von Derby, ein perfekter Kandidat für den,
     der Shakespeares Werke eigentlich geschrieben haben könnte. Sein
     Vater und älterer Bruder unterhielten beide berühmte
     Schauspielertruppen, und so wuchs er buchstäblich mit dem Theater
     auf. Auch wenn er offiziell Protestant war, saß die Hausmacht seiner
     Familie in Lancashire, einer Bastion des alten katholischen Glaubens. Er
     war ein guter Musiker und liebte die Jagd und die Falknerei. Er gab viel
     Geld aus, war ein leidlicher Jurist und bereiste Europa. Er heiratete die älteste
     Tochter des Grafen von Oxford, und die junge Ehe ging unter dem Einfluss
     eines boshaften Leutnants beinahe in die Brüche. Derby war ein Förderer
     und Schüler von John Dee, dem historischen Magier, an den
     Shakespeares großer Zauberer Prospero angelehnt ist.
    »Und er schrieb
     Theaterstücke«, schloss ich. »Zumindest gibt es das
     Zeugnis eines Spions der Jesuiten, der das behauptet.«
    »Die Jesuiten hatten
     auch Spione?«, fragte Sir Henry konsterniert.
    »Sie haben ihn
     geschickt, um herauszufinden, ob sich Derby zum Anführer einer
     katholischen Revolte eignen könnte. Doch der Spion meldete, dass
     Derby wenig von Nutzen sei, da er die Zeit damit vergeude, ›Comödien
     für gemeine Schauspielen zu verfassen.«
    »Ach du meine Güte«,
     sagte Ben. »Hast du etwas von ihm gelesen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
     »Seine Stücke sind verschollen. Der Brief des Spions dagegen
     wurde abgefangen und sorgfältig in den Regierungsarchiven aufbewahrt.
     Welche Ironie.«
    »Also scheint Derbys
     Kandidatur so denkbar wie Oxfords«, sagte Ben.
    »Sogar noch besser.«
    »Du meinst, wegen
     seines Vornamens?«, spottete Sir Henry. »In England heißt
     jeder fünfte Junge William.«
    »Auch wegen der
     Geografie«, sagte ich. »Derby kommt aus einer Gegend, die zu
     dem Dialekt in Shakespeares Stücken passt; Oxford nicht. Außerdem
     war Derby ein netterer Mensch als Oxford. Er scheint seine Freunde
     jedenfalls nie wegen Hochverrats verpfiffen zu haben. Und vor allem
     stimmen seine Lebensdaten. Anders als Oxford lebte Derby während der
     ganzen Zeit, in der die Stücke entstanden sind.«
    »Aber wenn Derby so
     perfekt ist, warum hat er dann nur eine Außenseiterchance?«,
     fragte Ben.
    Wieder hatte ich das Ende des
     Bandes erreicht, ohne etwas zu finden. Frustriert klappte ich das Buch zu.
     »Alles spricht für Derby,

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