Die Sherbrooke Braut
werde ihr sämtliche Haare ausreißen, und dann wirst du - versuch ja nicht, mich jetzt zu küssen, du erbärmlicher Esel!«
Douglas hörte das Kreischen hinter sich, doch er drehte sich nicht um. Er ging vor seiner am Boden liegenden Frau in die Hocke. Sie bewegte ihren Kopf vorsichtig hin und her, um zu prüfen, ob er noch auf ihren Schultern saß. Sie war verschmutzt, ihr Gesicht mit Erde verschmiert, ihre Augen tränten.
»Fehlt dir etwas?«
»Nein, nur meine Kopfhaut brennt wie Feuer. Ich wußte nicht, daß Melissande so stark ist.«
»Es geschieht dir ganz recht.«
»Ja, wahrscheinlich.«
»Ich nehme an, Tony hat nicht im Traum daran gedacht, daß sie dich angreifen würde. Offensichtlich war sein Plan nicht wohldurchdacht.«
Sie sah zu ihm empor. Er hatte alles durchschaut. »Nein, ich denke, er war überrascht. Und geschmeichelt zugleich.«
»Ja. Komm jetzt mit, du bist in einem sehr ramponierten Zustand, mehr noch als ich. Doch ich werde nicht mit dir zusammen baden, sonst bleiben wir so schmutzig, wie wir sind.«
Sie erhoben sich und entdeckten, wie Tony seine Frau leidenschaftlich küßte.
Douglas bemerkte milde: »Ja, Tony hat etwas beweisen können, nicht wahr? Etwas, mit dem er nicht gerechnet hat. Jetzt ist er höchst zufrieden mit sich.«
Nachdem Alex und Douglas im Haus verschwunden waren, liebten Tony und Melissande sich neben einer griechischen Statue. Sie taten es so heftig und drängend, als ob es kein Morgen gäbe. Melissande verschwendete keinen einzigen Gedanken an ihr kostbares Kleid oder an die Grasflecken oder möglichen Spähern, die zufällig des Wegs kamen. Sie war sich ihrer selbst nicht mehr mächtig. Es war ein köstliches Gefühl. Als sie ihm sagte, sie würde ihn lieben und jede Frau umbringen, die auch nur versuchte, ihn ihr wegzuschnappen, da setzte er das Grinsen eines seligen Narren auf und erklärte mit höchst zufriedener Stimme: »Ich denke, ich liebe dich auch. Dein Hitzkopf gefällt mir, ebenso deine Eifersucht. Ja, du gefällst mir gut, sehr gut sogar.«
Was Douglas betraf: Der saß grübelnd in seiner Kupferbadewanne. Und sein Kammerdiener stand händeringend neben ihm und beklagte die ruinierten Stiefel und die kaputte Hose.
Kapitel 18
Tysen Sherbrooke erklärte mit stolzgeschwellter Brust und aus ehrerbietigen Augen, die auf Alexandra gerichtet waren: »Ich möchte dir Melinda Beatrice Hardesty vorstellen. Meine Schwägerin, Lady Alexandra.«
Das war also die flachbrüstige, zimperliche, gottesfürchtige junge Dame, von der Sinjun gar nichts hielt. »Sehr erfreut, Miß Hardesty. Tysen hat uns ja schon so viel von Ihnen erzählt. Ich hoffe, Sie werden sich heute abend amüsieren.«
Melinda Beatrice, durchaus sich ihres Wertes bewußt, fühlte sich gegenüber der Gräfin doch ein wenig schüchtern, auch wenn diese keinen Monat älter war als sie. Sie machte einen anmutigen Knicks und sagte geziert: »Vielen Dank, Ma’am.«
»Ich hoffe, Tysen und Sie werden sich beim Tanzen vergnügen.
»Tysen Sherbrooke hat bei Mama um Erlaubnis gebeten, mit mir tanzen zu dürfen. Selbstverständlich hat sie abgelehnt, ich bin nämlich noch nicht volljährig.«
»Schade«, erwiderte Alexandra. »Vielleicht können Sie statt dessen Karten spielen.«
»O nein, Ma’am. Das würde sich nicht schicken, und Mama würde sehr aufgebracht darüber sein. Mama sagt, nur liederliche Menschen spielen Karten.«
»Nun«, meinte Alexandra daraufhin und schoß dem liebeskranken Tysen einen verzweifelten Blick zu, »vielleicht könnten Sie und Mister Sherbrooke sich in den Gärten ergehen. Es ist ein warmer Abend, also dürfte Ihre Frau Mama sicherlich nichts dagegen einzuwenden haben. Außerdem befinden sich in nächster Nähe überall Erwachsene, um Ihren Ruf zu schützen.«
»Ja, das würde mir gefallen«, erwiderte Miß Hardesty. »Wenn Mama nichts dagegen hat.«
»Ein dummes Gänschen«, bemerkte Douglas, während sein Bruder Miß Hardesty fortgeleitete. »Ich hoffe sehr, er hat es bald überwunden. Gott sei Dank kehrt er bald nach Oxford zurück.« Er sah sich nach seiner Frau um, deren Miederausschnitt nur um zwei Zentimeter erhöht worden war. Er machte ein verärgertes Gesicht. Sinjun hatte sich darüber amüsiert. Aber er hatte nicht gegen den Ausschnitt protestiert, als Alexandra vor ein paar Stunden in das Gesellschaftszimmer mit dem Gesichtsausdruck eines verspielten jungen Hundes eingetreten war. Er war viel zu sehr von dem Gedanken gefangengenommen gewesen, wie
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