Die Sherbrooke Braut
Alexandra, die gerade rechtzeitig zurückzuckte.
»Darf man fragen, wohin Sie zu fliehen gedenken?«
»Nach Hause. Wollen Sie mich endlich in Ruhe lassen? Ich werde von Ihnen gehen und diese Ehe annullieren. Es ist mir alles egal! Hören Sie, es ist mir gleichgültig. Verschwinden Sie!«
Douglas lehnte sich an die Tür zur Box von Garth und verschränkte die Arme über der Brust. »Ich habe Ihnen viel zugemutet, aber nicht, daß Sie dumm sind. Doch muß ich mich diesem schlagenden Beweis Ihrer Dummheit beugen. Sie sind unglaublich dumm. Sie sind ganz und gar ein Dummkopf. Hatten Sie vor, mit Fanny den ganzen Weg zurück nach Harrogate zu reiten? Ich denke, ich sollte Sie verprügeln.«
Alexandra witterte den Zorn des Mannes. Er war bereit gewesen, sie zu demütigen. Nun wollte er sie auch noch schlagen. Vielleicht bis sie blutüberströmt und bewußtlos war? Sie fragte sich, ob er dazu eine Reitgerte benützen würde. »Warum sind Sie aufgewacht? Ich war doch ganz leise.«
Er sah sie böse an. »Ich bin eben aufgewacht, basta. Ich war beim Militär und habe seither einen leichten Schlaf.« Das war eine Lüge, aber eine nützliche. Er schlief stets so fest wie ein Toter. Das hätte ihn in Italien zweimal beinahe das Leben gekostet. Dem Himmel sei Dank für seinen Kammerdiener und Offiziersburschen Finkle. »Da ich nicht tief schlafe, habe ich jede Bewegung von Ihnen vernommen.«
Wie war das möglich? Sie hatte sich selbst kaum gehört, so leise war sie gewesen. Aber offensichtlich nicht leise genug, denn er war ihr gefolgt. Warum - doch sie hatte jetzt keine Zeit für Vermutungen. »Was kümmert es Sie, ob ich fortgehe? Sie wollen mich hier nicht. Ich bin eine Fremde. Ich habe Sie ebenso wie Tony verraten. Ich gehe und kehre nie-mals mehr zurück, um Sie zu belästigen. Ist es nicht das, was Sie wollen?«
»Ich werde Ihnen sagen, was ich will, wenn mir danach zumute ist. Sie werden nichts ohne meine Anweisungen unternehmen. «
»Das ist einfach lächerlich! Ginge es nach Ihnen, würde ich wie eine Art Sklavin abwarten müssen, bis Sie beschließen, mich hinauszuwerfen. Verdammt, Mylord, Sie sind derjenige, der eine Tracht Prügel verdient hat!«
Es passierte blitzschnell. Douglas war eher belustigt als besorgt, als er sie nach dem Rechen greifen sah, der an Fannys Bordwand gelehnt war. Sie hielt ihn mit beiden Händen über ihren Kopf und rannte auf ihn los. Im letzten Augenblick nahm sie die Arme herunter und hielt die Lanze wie ein Ritter bei einem Turnier. Sie stieß ihm mit derartiger Wucht in die Magengrube, daß er zur Seite taumelte und zu Boden sank. Dann schlug sie nach der flackernden Lampe, die sofort ausging. Der Stall lag in vollkommener Dunkelheit.
Er sprang auf, sein Bauch fühlte sich an, als wäre er von einem Loch durchbohrt. Fanny schnaubte ihm ins Gesicht und hätte ihn beinahe umgerannt. Er sprang zur Seite, drehte sich um und sah dieses verdammte Mädchen ohne Sattel davonreiten. Ihre Haare flatterten im Wind, sie hielt sich flachgeduckt an Fannys Nacken fest. Der Sattel lag im Stroh. Sie ritt, als wäre der Teufel hinter ihr her.
Der Teufel würde auch sehr bald hinter ihr her sein. Douglas war wütend, er konnte es einfach nicht fassen. Für einen Augenblick übermannte ihn der Zorn. Er holte tief Luft und führte Garth aus dem Stall hinaus, legte ihm das Zaumzeug an und schwang sich auf seinen bloßen Rücken.
Wenn er sie erwischte, würde er ihr den Garaus machen. Alexandra ritt noch immer wie der Teufel. Sie war eine ausgezeichnete Reiterin. Das Pferd zwischen ihren Schenkeln zu spüren, gab ihr das Gefühl, daß sie das Pferd viel mehr beherrschte, als wenn sie auf dem zierlichen Damensattel saß, den man Frauen aufzwang.
Sie preßte ihr Gesicht an Fannys Nacken, hielt ihre Beine eng an sie gepreßt und flüsterte ihr aufmunternd ins Ohr. Die Stute beschleunigte ihr Tempo. Alexandra fühlte ihren Hals, warm und lebendig. Fanny gab alles her. Ihre Gangart war weich, und sie war schnell wie der Wind. Alexandra lockerte die Zügel und ließ Fanny das Tempo bestimmen.
Es waren gut fünf Minuten vergangen, bis ihr zu Bewußtsein kam, was sie da eigentlich tat. Wut, Demütigung und die Gewißheit, eine Niederlage erlitten zu haben, trafen sie wie eine kalte Dusche und ließen sie kopflos handeln. Es dauerte nur eine weitere Minute, bis sie die dröhnenden Hufe von Garth vernahm.
Der Hengst war schnell, zweifellos, kraftvoll und schnell. Warum verfolgte der Graf sie? War es sein
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