Die sieben Finger des Todes
matt.
»In die Küche. Das Feuer wird sämtliche Gefahr für alle Zukunft bannen. Nicht einmal ein Astralleib kann sich aus Asche wieder materialisieren!«
Er bedeutete uns, wir sollten ihm folgen. Margaret wandte sich schluchzend ab. Ich wollte zu ihr, doch sie winkte ab und flüsterte:
»Nein, nein! Geh mit den anderen. Vater wird dich vielleicht brauchen. Oh, es ist wie ein Mord! Die Katze der armen Königin…!«
Die Tränen quollen zwischen den Fingern hervor, mit denen sie die Augen bedeckte.
In der Küche war das Brennholz bereits fertig aufgeschichtet. Mr. Trelawny hielt nur ein Streichholz daran, und in wenigen Minuten hatte das Unterzündholz Feuer gefangen. Und als die Flammen richtig loderten, warf er den Katzenkörper hinein. Sekundenlang lag er als dunkle Masse inmitten der Flammen, und im Raum verbreitete sich der Geruch nach verbranntem Haar. Und dann fing auch der ausgetrocknete Körper Feuer. Die beim Einbal samieren verwendeten brennbaren Substanzen verwandel ten sich in Brennstoff, und die Flammen rö hrten auf. Einige Augenblicke des heftigen Brennens, und dann konnten wir frei atmen. Königin Teras Schutzgeist war nicht mehr!
In die Höhle zurückgekehrt fanden wir Margaret im Dunkeln sitzend vor. Sie hatte das elektrische Licht abgeschaltet, und nun drang nur mehr ein schwacher Schimmer Abendlicht durch die schmalen Öffnungen im Fels. Ihr Vater ging zu ihr und legte schützend den Arm um sie. Sie legte den Kopf an seine Schulter und schien getröstet. Plötzlich rief sie mir zu:
»Malcolm, mach Licht!« Ich folgte ihrer Aufforderungen. Jetzt konnte ich sehen, daß ihre Augen trocken waren. Auch ihr Vater sah es und freute sich darüber. In ernstem Ton sagte er zu uns:
»Jetzt machen wir uns für unser großes Werk bereit. Wir dürfen nicht alles bis zur letzten Sekunde warten lassen!«
Margaret mußte wohl geahnt haben, was nun kommen würde, denn sie fragte in ängstlichem Ton:
»Was hast du vor?«
Auch Mr. Trelawny ahnte wohl, was in ihr vorging. Leise antwortet er:
»Wir werden jetzt die Mumie der Königin Tera auswickeln!«
Daraufhin rückte sie ganz nahe an ihn heran und bat flehentlich:
»Vater, du darfst sie nicht entblößen! Vor all den Männern! Und bei dieser hellen Beleuchtung!«
»Aber warum denn nicht, mein Liebes?«
»Aber Vater, überleg doch, eine Frau! Ganz allein! Auf diese Weise und an einem solchen Ort! Oh, wie ist das grausam, so grausam!«
Sie war sichtlich erschüttert. Ihre Wangen waren flammend rot, in ihren Augen standen Tränen der Empörung. Ihr Vater sah ihr an, wie verzweifelt sie war, und wollte sie trösten. Ich stand im Begriff, mich davonzustehlen, als er mir bedeutete, ich sollte bleiben. Ich nahm an, daß er – typisch Mann – in einer solchen Situation nach Beistand Ausschau hielt und jemand anderem die Aufgabe aufhalsen wollte, eine empörte und verzweifelte Frau zu trösten. Zuerst appellierte er allerdings an ihre Vernunft:
»Sie ist keine Frau, sie ist eine Mumie! Sie ist seit fünftausend Jahren tot!«
»Was macht das schon aus? Das Geschlecht ist nicht an Jahre geknüpft! Eine Frau bleibt eine Frau, und wenn sie seit fünftausend Jahren tot ist! Und du erwartest nun, daß sie aus ihrem langen Schlaf erwacht! Wenn sie wirklich auferstehen soll, dann kann es nicht der wirkliche Tod sein! Du hast mich glauben lassen, daß sie zum Leben erwacht, sobald dieser Behälter geöffnet wird!«
»Das habe ich, mein Kind! Und ich glaube daran! Wenn es aber nicht der Tod war, der sie in all diesen Jahren umfangen hielt, dann war es etwas, das ihm ungemein ähnlich ist. Überleg doch: es waren Männer, die sie einbalsamierten. Damals, im alten Ägypten kümmerte sich keiner um die Gefühle der Frau, und Ärztinnen gab es nicht! Und außerdem«, fuhr er ungezwungener fort, als er merkte, daß ihr seine Argumente einleuchteten, wenn sie sich auch noch nicht geschlagen gab, »sind wir Männer an ähnliches gewöhnt. Ich habe mit Corbeck gemeinsam Hunderte Mumien ausgewickelt. Unter ihnen etwa ebensoviel Frau wie Männer. Dr. Winchester hat durch seinen Beruf mit Frauen ebenso zu tun wie mit Männern, so daß es ihm zur Gewohnheit wurde, und er sich nichts dabei denkt. Sogar Ross hat als Anwalt beruflich….« Da hielt er inne.
»Du wolltest mitmachen!« sagte sie und sah mich entrüstet an. Ich sagte nichts darauf. In diesem Fall war Schweigen Gold. Mr. Trelawny aber fuhr eilends fort. Ich merkte ihm an, daß er froh war über die Unterbrechung,
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