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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Garten selbst dagegen war gut in Schuß, voll sauberer Beete in akkuraten Reihen.
    Sie sah einige Mägde sich dazwischen bewegen, gebückt Unkraut jäten oder säen. Zwei blonde Jungen waren damit beschäftigt, zum Gaudium aller, eine Schar Hühner wieder einzufangen, die sich über die Aussaat hergemacht hatte. Sie verfolgten den schwarzen Hahn mit hölzernen Schwertern, als wäre er ein Raubritter.
    »Junger Herr, junger Herr«, hörte Roswitha eine Frau kreischen, die beinahe umgerannt wurde. Die wilde Jagd entzog sich ihrem Blick. Sie versuchte aufzustehen, um zu sehen, wie es weiterging, doch auf halbem Weg zum Fenster versagten ihre Kräfte. Sie schaffte es gerade noch, sich auf die Fensterbank zu stützen.
    »Schluß mit dem Theater«, donnerte eine Männerstimme. Roswitha hob den Kopf und sah einen Mönch, der in den Garten getreten war. Die beiden Jungen senkten die Schwerter und die Köpfe. Betreten standen sie zwischen den Kräuterstauden. »Ihr stört vielbeschäftigte Menschen bei ihrem ehrlichen Tagwerk.« Der Mönch wollte gerade zu einer längeren Predigt ansetzen, da entdeckte er Roswitha. Sie wollte sich rasch zurücklehnen, aber ihre Bewegungen waren noch lahm, und sein Blick hielt den ihren fest. Roswitha schauderte. Wer war der Mann? Wie konnte es sein, daß ein Mensch, den sie noch nie im Leben gesehen hatte, sie mit derartigem Haß betrachtete? Ihre Beine begannen zu zittern. War sie in seiner Burg? War sie in seiner Hand? Dann gnade mir Gott, dachte sie. Ich hätte den Brunnen vorgezogen.
    Sie wollte sich gerade vorsichtig aus seinem Blickfeld entfernen, da öffnete sich ein Fenster im anderen Gebäudeflügel.Ein Kopf streckte sich heraus, den Roswitha nur zu gut kannte. Fast glaubte sie noch in ihren Träumen befangen zu sein, in denen dieser Mann, das ahnte sie dumpf, ebenfalls eine Rolle gespielt hatte. Er oder zumindest sein Name. Er kam ihr ganz selbstverständlich über die Zunge. Sie beugte sich weiter hinaus, so weit sie konnte. Mit raschen Schritten, die die schwarze Kutte spannten, kam der Mönch näher.
    »Herr von Repgow«, rief Roswitha und winkte panisch. »Edler Herr von Repgow!« Das Gesicht am Fenster wandte sich ihr zu. Dann verschwand es. Roswithas Herz sank. Was, wenn er sie nicht bemerkt hatte? Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung kam wenig später eine Magd herein. Sie brachte ein Frauengewand und breitete es über das Bett. Roswitha möge sich damit behelfen, so gut es ginge; der Herr wünsche, ihr baldmöglichst seine Aufwartung zu machen.
    Noch nie in ihrem Leben hatte sich Roswitha so schnell angezogen. Die Kotte mußte einer Frau gehören, die größer gewachsen war als sie selbst, doch das Leinen war fein gesponnen und gewebt. Allerdings hätte sie selbst für sich niemals dieses Grün gewählt. Das Übergewand in dunklem Braun half, die vielen gerafften Falten zu verbergen; die Ärmel krempelte sie auf. »Herein«, rief sie auf das Klopfen hin, noch ehe sie mit dieser Verrichtung fertig war. Ihr blondes Haar war noch immer in zwei schlafzerzauste Zöpfe geflochten; hastig warf sie sich diese über die Schulter und setzte sich aufrecht hin, ein Kind in zu großen Kleidern. Wenn Eike von Repgow wahrnahm, wie rührend dieser Anblick war, so ließ er sich nichts anmerken.
    »Ich bin Eike von Repgow, der Bruder des Herrn dieses Stammsitzes und in seiner Abwesenheit der Hausherr.« So begann er ohne Umschweife die Begrüßung und verneigte sich. »Ihr kennt mich, wie es scheint, und seid damit im Vorteil mir gegenüber. Zwar dünkt auch mir, ich bin Euch schonbegegnet. Nur will mir Euer Name nicht einfallen. Verzeiht deshalb, wenn ich Euch nicht angemessen begrüße.«
    Roswithas Herz klopfte bis zum Hals. Sie hatte bereits beim Anziehen in aller Hast erwogen, was sie ihrem Gastgeber sagen wollte. Denn daß sie sich auf dem Stammsitz der Repgows befand, daran zweifelte sie nun nicht mehr. Ludgers Zuhause, dachte sie einen Herzschlag lang, und ein unsinniges Glücksgefühl durchströmte sie. Und zugleich wußte sie, es war trügerisch. Sie war bei einem Vasall des Erzbischofs und einem Freund des Grafen zu Gast. Im Grunde befand sie sich nirgendwo so sehr im Feindesland wie hier. Und was würde ihr Gastgeber sagen, wenn er erführe, daß sie seinen Neffen kaltblütig den Schergen des Abtes von Niendorf ausgeliefert hatte?
    Roswitha drängte diese Gedanken zurück. Sie mußte überlegen. Es hatte etwas Verführerisches, nahe der ersten Lüge zu bleiben und sich etwa als

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