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Die sieben Weltwunder

Die sieben Weltwunder

Titel: Die sieben Weltwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Thiele
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war unterdrückt, und die Kriegswagen einer gewaltigen Streitmacht rollten weit über die Grenzen.
    Doch Babylon zog die Wolken der Vergeltung auf sich. Sein König flehte: »Herr, meiner Verfehlungen sind viel, groß meine Sünden! Die Begnadigung sprich aus meines elenden Leibes, der voller Krankheit und Unordnung ist, und die Begnadigung meines schmerzzerquälten Herzens, das erfüllt ist von Tränen und Seufzern.« Die Priester klagten an: »Nebukadnezar hat sich versündigt und heraufbeschworen den göttlichen Zorn. Die Götter warten auf den Tod des Sünders, um durch seine Strafe das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse wiederherzustellen.« Und der König selbst: »Ein persisches Maultier wird kommen und euch in seine Knechtschaft zwingen. Ich, Nebukadnezar, prophezeie euch Babyloniern das Unheil.«
    Gemeint war König Kyros, der sich mit seinem Heer in Bewegung setzte, während Nebukadnezar starb. Mit dem Sieg der Perser 539 v. Chr. war der Untergang der politischen Selbständigkeit Babylons für alle Zeiten besiegelt.
    Der israelitische Prophet Jesaja hatte Babylon »die herrliche Pracht der Chaldäer« genannt, aber auch dem Hass der unterdrückten Israeliten wortgewaltig Ausdruck gegeben: »Also soll Babel, das schönste unter den Königreichen, umgekehrt werden von Gott wie Sodom und Gomorrha, dass man nicht mehr dort wohne, noch jemand da bleibe, sondern Wüstentiere sich da lagern und wilde Hunde in ihren Palästen und Schakale in ihren Lustschlössern heulen.« Gott, der Herr, werde Babel zum Wassersumpf machen und mit dem »Besen des Verderbens« kehren.
    Jesajas Prophezeiung ist in Erfüllung gegangen. Sein Wort wurde Wahrheit: Babylons Mauern fielen, und Assur sank hin, die mächtigste Stadt im Norden des Landes, und Ur im Süden, die Stadt der riesigen Tempel und der großen Götter. Im Laufe seiner Geschichte ist Babylon wiederholt zerstört worden, von den Hethitern, von den Assyrern, von den Persern. Immer wieder schien das Schicksal der Stadt endgültig besiegelt – und war es doch nicht: Die »Pforte Gottes«, die Hauptstadt des Neubabylonischen Reiches wurde jedesmal größer und schöner wieder aufgebaut.
    Das in der Bibel erwähnte Land der Babylonier und Assyrer deckt sich in etwa mit dem heutigen Staat Irak. Zu ihrer Zeit hatte die glanzvolle Stadt mit ihren prächtigen Tempeln, mit den hohen Toren und den Straßen, auf denen feierliche Prozessionen zogen, den Ruf einer Metropole des verschwenderischen Luxus und der florierenden Prostitution. Die biblischen Autoren waren es, die Babylon in Verruf brachten und nicht nur religiös, sondern auch moralisch diskreditierten: »Die große Stadt, die bekleidet ist mit köstlicher Leinwand und Purpur und Scharlach und überschüttet mit Gold und Edelgestein und Perlen, die große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Übel auf Erden.«
A LEXANDER IN B ABYLON
    Das einst weltweit bewunderte Bollwerk Babylons hatte sich, sinnlos geworden und darum verlassen, als sehr zerbrechlich erwiesen. Streckenweise war die Festungsmauer auch ein Damm für die Fluten des Euphrat. Überschwemmungen werden das Ziegelwerk gelockert und aufgelöst, die Erde fortgeschwemmt haben.
    Dass die Festungswälle von Babylon größtenteils aus gebrannten Ziegeln und aus sonnengetrocknetem Lehm errichtet waren, war für die Griechen, die nur Mauern aus Stein kannten, gleichermaßen staunenswert wie mitteilungswürdig. Auch der römische Satiriker Juvenal, der etwa 58 bis 140 n. Chr. gelebt hat, meinte, darauf anspielend, ziemlich sarkastisch, die Weltstadt Babylon sei »von Töpfern« befestigt worden. Töpferware ist zerbrechlich, da hat er recht. In gewisser Weise hat sie sich gleichwohl als überaus dauerhaft erwiesen: Scherben aus gebranntem Ton haben sich länger gehalten als Waffen und Schmuck aus Metall. Die weithin verstreuten Ziegel der Babylonischen Mauer zeugen noch heute für den Erbauer: Sie sind Stück für Stück mit dem Siegel Nebukadnezars gezeichnet.
    Der Verfall der Festungsmauer muss zu Beginn des 3. vorchristlichen Jahrtausends schon sehr weit fortgeschritten gewesen sein. Zwar war sie schon längst aus der Liste der Sieben Weltwunder gestrichen, ihr legendärer Ruf hatte sich gleichwohl erhalten. Als Alexander der Große Babylon von persischer Herrschaft befreite und in die Stadt einzog, hatte er keine Mauer mehr zu überwinden.
    Der deutsche Historiker Johann Gustav Droysen hat sich den Anblick der Stadt mit den Augen des siegreichen jungen

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