Die siebte Maske
als habe jemand etwas rauben wollen. Ich warf alles durcheinander, öffnete Schubladen, warf Walters Brieftasche in die Verbrennungsanlage.«
»Die Polizei hat das alles nicht sonderlich überzeugend gefunden. Dort ist man an vorgetäuschte Einbrüche gewöhnt. Man nahm einfach an, Tony habe die Unordnung angerichtet, aus dem gleichen Grund wie Sie. Um den Verdacht auf einen unbekannten Einbrecher zu lenken.«
»Aber wie hätte ich wissen sollen, daß Tony an jenem Abend ins Haus kommen würde?«
»Haben Sie denn nicht damit gerechnet, daß irgend jemand unter Mordverdacht verhaftet werden würde?«
»Nein! Ich habe gedacht, so einen Mord kann man nie aufklären, denn es war ja gar kein Mord! Ich habe angenommen, man würde es schließlich dabei bewenden lassen, daß der Täter nicht zu finden ist.«
»Und Sie haben all das damals nicht bedacht?«
»Nein, natürlich nicht. Da handelte ich rein impulsiv... « Sie stockte. »Sie haben bestimmt längst erraten, warum.«
Mike nickte.
»Ich weiß von der Versicherung, Mrs. Haven.«
Er stand auf und mixte sich einen Drink, ohne um Erlaubnis zu fragen oder ihr überhaupt nur einen anzubieten. Er war zu tief in Gedanken versunken, um auf Konventionen zu achten.
»Mehr noch«, sagte er dann, »Ihre Versicherungsgesellschaft hat sich an mich gewandt.«
»An Sie?«
»Die Leute nehmen das, was Sie angerichtet haben, für bare Münze und halten es für Mord. Nur mit dem Unterschied – sie haben sich in den Gedanken verrannt, daß Sie den Mord begangen haben.«
Er hörte, wie sie die Luft einzog.
»Ich schwöre Ihnen, ich war es nicht, Mr. Karr. Falls auch Sie noch Zweifel hegen sollten –«
»Die Leute von der Versicherung reden auch von Tony Jerrick.«
»Ich rede auch von ihm!«
»Ich meine – man zieht die Möglichkeit in Betracht, daß er Ihr Komplize war.«
»Das ist eine gemeine Lüge!«
»Wenn es ihnen gelingt, das zu beweisen, sparen sie eine hübsche Summe Geld.«
»Aber es war Selbstmord!«
»Und das wollten Sie vertuschen. Denn dann hätten Sie nichts ausbezahlt bekommen.«
Adrienne wurde blaß, und sie sah gar nicht mehr so gesund aus. Sie stand auf, und Mike erinnerte sich plötzlich, was sich gehörte.
»Möchten Sie einen Drink?«
»Scotch, bitte. Ohne alles.«
Er brachte ihr das Glas.
»Sie sind also doch dahintergekommen.«
»Es war nicht schwer, Mrs. Haven, nach allem, was Sie mir bei den Capices erzählt haben. Sie erkannten, daß der Selbstmord Ihres Mannes Sie um die Chance bringen würde, eine halbe Million zu kassieren. Es kam Ihnen also darauf an, den Selbstmord aus der Welt zu schaffen.«
»Es war ein Instinkt«, bekannte sie bitter. »Ein sehr selbstsüchtiger. Ich hasse mich dafür.«
»Sie haben ziemlich schnell geschaltet, stimmt’s?«
»Ja«, gab sie zu, und ihre Stimme klang bitter. »Man muß mich zu meinem Reaktionsvermögen beglückwünschen, finden Sie nicht?« Sie setzte sich und trank ihr Glas leer. »Sehen Sie, erst vor wenigen Wochen hatte Walter mir einen Vortrag über die verdammte Versicherungspolice gehalten. Wir sprachen gerade über seine Firma, über den Ankauf von Tonys Patenten, über die Kredite, die er hatte aufnehmen müssen, um Tonys Unternehmen zu erwerben. Er sprach gern mit mir über Geschäfte; er dachte wohl, es interessierte mich. Aber es interessierte mich kaum, und manchmal nahm ich ihm sogar übel, daß er mich da hineinzog.«
»Sie meinen – die Art, wie er Sie benutzte, um Tony herumzukriegen?«
»Ja. Ich mußte andauernd die perfekte Gastgeberin spielen, Tag für Tag, Tony und allen anderen gegenüber, mit denen Walter zu tun hatte. Seine politischen Freunde eingeschlossen. Manchmal habe ich mir eingebildet, daß er mich nur geheiratet hatte, weil ich so hübsch Tee eingießen kann.«
Mike lächelte. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie sehr dekorativ gewirkt haben.«
»Und wie«, sagte Adrienne. Sie schauderte und stellte das leere Glas ab. »Jedenfalls meinte Walter, ich solle wissen, wie stark die Firma seinetwegen verschuldet war. Wenn die Sache mit Tonys Patenten schiefgegangen wäre, wären wir in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten. Ich habe solche Gespräche gehaßt – wenn er die Möglichkeit förmlich auskostete, wir könnten eines Tages im Armenhaus landen. Aber er sagte mir immer wieder, ich sei durch seine Lebensversicherung ›geschützt‹. Er war sehr stolz darauf. Eine halbe Million Dollar! Als er den Vertrag unterschrieb, mußte ich der Zeremonie
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