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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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…«
    »Wie Tony Jerrick?«
    »Bestimmt sind Ihnen die gleichen Gerüchte zu Ohren gekommen wie mir. Daß Adrienne und Jerrick sich heimlich, hinter Walters Rücken, getroffen haben. Daß sie ein Verhältnis miteinander hatten …«
    »Aber das stimmt doch nicht?«
    »Ich kenne meine Tochter! Kein Wort davon ist wahr!« Er starrte Mike an, als sei dieser für all die Gerüchte verantwortlich. »Und die größte Gemeinheit ist …« Er hörte mitten im Satz auf zu sprechen.
    Mike war jedoch nicht gewillt, das Thema zu wechseln.
    »Was ist die größte Gemeinheit, Mr. Kyle? Daß man behauptet, Adrienne und Tony hätten gegen Walter Haven ein Komplott geschmiedet?«
    »Ja«, flüsterte der alte Mann. »Ich habe es sagen hören. Von Leuten, die ich jahrelang gekannt habe. Ich hätte nie gedacht, daß Menschen so grausam sein können und auch noch Vergnügen daran finden.«
    »Das Klatschen wird man den Leuten nie abgewöhnen. Ich nehme an, die Versuchung ist zu groß.«
    »Ich habe mich um Toleranz bemüht«, sagte Kyle ruhig. »Aber sie ist meine Tochter. Und ich kann es nicht ertragen, wenn solche Dinge verbreitet werden … Noch dazu, wo ich weiß, daß sie nicht der Wahrheit entsprechen.«
    Insgeheim dachte Mike: Da ist es wieder gefallen, das Wort.
    Adrienne empfing ihn allein.
    Die ›Verbesserungen‹, die Kyle erwähnt hatte, waren Maßarbeit. Mike fand, sie sah hübscher aus als je zuvor. Ihre Augen hatten noch immer etwas zuviel Glanz, aber sie blickten klar und hielten dem Blick ihres Besuchers ohne weiteres stand. Ihr Teint wirkte weniger blaß, und sie beantwortete Mikes erste Frage mit fester Stimme.
    »Natürlich habe ich meine Behauptung im Ernst gemeint, Mr. Karr. Walter hat sich das Leben genommen. Ich kam an jenem Abend von der Party bei den Capices nach Haus, und in seinem Arbeitszimmer brannte Licht. Ich trat ein, und da war er – tot. Er hatte sich mit seiner
    eigenen Waffe in den Kopf geschossen. Er besaß seit einiger Zeit einen Revolver; ich wußte nie, ob die Waffe geladen war oder nicht. Anscheinend war sie doch geladen.«
    »Auch das Vorhandensein einer Waffe läßt nicht unbedingt auf Selbstmord schließen, Mrs. Haven.«
    »Ich versichere Ihnen, es gab nicht den mindesten Zweifel. Da war auch eine Botschaft, die er geschrieben hatte –«
    »Ein Abschiedsbrief?«
    »Ja. Walter bat mich um Verzeihung dafür, daß er diesen Ausweg gewählt hatte –«
    »Diesen Ausweg – woraus?«
    Adriennes Blick trübte sich.
    »Ich weiß nicht.«
    »Sie wissen es nicht.« Mike hörte, wie er ihre Worte wiederholte, und es klang albern. »Mrs. Haven, die ganze Angelegenheit ist sehr schwer zu verstehen, aber was Sie da sagen …«
    »Sie kennen noch nicht alles, Mr. Karr. Ich kam also ins Arbeitszimmer, und Walter war tot – der Revolver neben seiner Hand, das beschriebene Papier … Ich habe, glaube ich, zunächst einen Schock erlitten. Aber dann schien so etwas wie ein Dämon von mir Besitz zu ergreifen. Er hinderte mich daran, einfach das Natürliche zu tun, nämlich die Polizei zu verständigen.« Die Hände auf ihrem Schoß verkrallten sich ineinander. Mike sah hin, und sie hörte auf. »Ich kehrte ins Arbeitszimmer zurück. Ich nahm das von Walter beschriebene Papier und tat es in den Kamin. Ich wartete und überzeugte mich, daß es wirklich verbrannte, und verstreute die Asche. Dann nahm ich den Revolver und trug ihn in mein Zimmer. Dort versteckte ich ihn. Das war gefährlich, nehme ich an. Man hätte ihn dort finden und mich verdächtigen können, aber ich konnte nicht richtig denken. Ich wußte nur, daß ich die Waffe loswerden mußte …«
    »Und was ist aus ihr geworden?«
    »Ich hatte Glück. Man durchsuchte nicht das ganze Haus. Ein paar Tage später konnte ich sie endlich beseitigen. Ich erinnere mich nicht mehr genau. Ich bin weggefahren, habe jemanden in Ryerton besucht, und auf der Heimfahrt, bei Nacht, habe ich den Revolver in eine Schlucht geworfen.«
    »Wissen Sie wo?«
    »Ich habe nicht die mindeste Ahnung; ich wollte es gar nicht wissen.« Sie studierte sein Gesicht, ängstlich darauf bedacht, was sie dort vorfinden würde. »Sie glauben mir doch, daß ich nicht den Verdacht auf jemand lenken wollte? Ganz bestimmt nicht auf Tony! Ich dachte, die Polizei würde einen Einbruch dahinter vermuten. Seit wir verheiratet waren, wurde schon einmal im Haus eingebrochen; und vorher zweimal …«
    »Ging die Unordnung im Zimmer auf Ihr Konto?«
    »Ja. Ich strengte mich an, damit es so aussah,

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