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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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nicht? Haven und ich, wir haben uns die Seele aus dem Leib gequasselt, bevor wir den Vertrag unterschrieben haben. Warum also nicht auch noch nachher?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ich werde es Ihnen verraten«, sagte Jerrick, und seine Lippen spannten sich. »Weil er nicht wollte. Er hatte alles aus mir herausgepreßt, mehr als ich vermutet hatte, und jetzt sollte ich ihn in Ruhe lassen. Auf einmal war ich kein Busenfreund mehr. Nur noch ein Störenfried …«
    »Worüber wollten Sie mit ihm sprechen? Über die Konkurrenzverbotsklausel im Vertrag?«
    »Sehen Sie, das wollte mir einfach nicht in den Schädel. Ich habe gedacht, ich darf einfach keine Konkurrenzfirma aufziehen, und die Sache hat sich. Und dann sagen mir seine Anwälte, ich darf an derartigen Projekten nicht mal mehr arbeiten – ich soll Schiffe bauen oder Raketen konstruieren! Teufel noch mal, was verstehe ich denn von sowas?« Er schlug sich auf die Brust. »Ich bin ein Automensch! Da kenne ich mich aus. Mit Autos!«
    »Das war nicht das erstemal, daß Sie sich darüber beklagt haben, stimmt’s? Ich meine, an jenem Abend, als Haven starb.«
    »Ach so! Ich habe ›Betrug‹ geschrien, seit ich die Wahrheit herausgekriegt hatte. Aber an jenem Tag hatte ich eine Idee, kapiert? Sie kam mir vernünftig vor. Gut, bitte, ich durfte meinen eigenen Patenten keine Konkurrenz machen, aber vielleicht konnte ich trotzdem weiter daran arbeiten –«
    »Wie meinen Sie das?« unterbrach Mike.
    »Ich wollte für die Firma tätig sein. Das ist alles. Ich wollte mich bei Haven und seinen Leuten um eine Anstellung bewerben. Das ist doch eine vernünftige Idee, oder?«
    »Klingt wie ein reelles Angebot.«
    »Ich rufe also Haven an und frage, ob ich schnell mal ’rüberkommen kann, und er fragt, wozu? Ich sage, ich habe was mit ihm zu besprechen, und er denkt, jetzt geht das alte Gezeter wieder los, aber ich sage, nein, es ist was anderes und vielleicht paßt es ihm sogar in den Kram – aber er lehnt ab, nein, er ist beschäftigt, er muß eine Rede aufsetzen –«
    »Er hat sich geweigert, Sie zu empfangen?«
    »Ja. Aber ich habe mir gesagt, hol’s der Teufel, er muß ganz einfach. Also bin ich hingefahren.«
    »Wie spät war es da?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht acht Uhr dreißig oder neun. Ich bin bis zum Haus gefahren und habe geklingelt. Ich habe gewußt, daß er da ist; im Arbeitszimmer brannte Licht. Aber ich stehe da und klingle, und niemand macht mir auf.«
    »Die Hausangestellten waren weg«, sagte Mike.
    »Aber er war zu Hause! Er kommt bloß nicht an die Tür, dachte ich.«
    »Also sind Sie ins Arbeitszimmer eingedrungen.«
    »Richtig. Da war eine Glastür, und die war nicht mal verriegelt. Ich brauchte sie nur aufzustoßen, es ging ganz leicht.«
    Er hörte auf zu sprechen und starrte das brennende Ende seiner Zigarette an, als habe er etwas Entsetzliches hinter den Rauchfäden entdeckt. Er drückte die Zigarette aus und fuhr fort.
    »Dann habe ich ihn gesehen, hinterm Schreibtisch. Er lag quer über der Tischplatte, so …« Tony demonstrierte es, und der Aufseher trat einen Schritt vor. »Keine Bange«, beruhigte ihn Tony und richtete sich wieder auf. »Ich zeige meinem Freund nur was.«
    Der Aufseher zog sich wieder zurück.
    »Er war tot, daran gab es nichts zu rütteln. Neben ihm lag der Revolver. Ich weiß nicht, was für ein Modell. Sein Kopf war – zerschmettert, wie ein zerschlagenes Ei, und die Schreibunterlage war voll Blut …« Er sah blaß aus; Mike kam der Gedanke, daß sich hinter Tonys Härte Empfindlichkeit verbergen mußte. »Und Papiere lagen herum – aber ein Stück Papier lag direkt unter seiner Hand, als hätte er gerade darauf geschrieben –«
    »Haben Sie erkennen können, was darauf stand?«
    »Nein. So nahe bin ich der Leiche nicht gekommen –«
    »Erinnern Sie sich, ob im Kamin Feuer brannte?«
    »Doch, ja. Ich erinnere mich, weil die Holzscheite knisterten und knackten. Das war das einzige Geräusch im Raum – wie das Feuer das Holz verzehrt hat.«
    Mike fragte: »Und was haben Sie gemacht, Tony?«
    »Gemacht? Was hätte ich denn machen sollen? Ich habe gemacht, daß ich wegkomme. Ich habe kehrtgemacht und bin abgehauen.«
    »Warum?«
    »Sind Sie verrückt? Der Mann war tot! Erschossen!«
    »Aber Sie hatten nichts damit zu tun. Warum haben Sie nicht die Polizei verständigt?«
    »Menschenskind!« Tony schüttelte so heftig den Kopf, daß die Locken auf seiner Stirn hin und her flogen. »Sie sind genauso eine Flasche wie

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