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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Gast lachte auf und sagte: »Auf die Liebe? Die erfüllte wie die unerfüllte?«
    Justin hob das Glas. Allein der Geruch verursachte ein schwindeliges Gefühl. Er trank.
    Sein Gegenüber lachte. Er stimmte ein und freute sich, den Abend nicht allein verbringen zu müssen.
    Er schöpfte wieder Hoffnung. Fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen erleichtert - und hundemüde. Seine Beine gaben der Erschöpfung nach. Er fühlte, wie er nach unten sank, und war froh, sich einfach ausstrecken zu können, spürte nicht einmal den harten Boden. Nur diese Erlösung, endlich wieder schlafen zu können.
     
    Als er erwachte, war es dunkel. Er hatte Mühe, sich zu orientieren. Sein Kopf dröhnte vor Schmerzen. Er konnte nicht atmen. Als ob jemand ihm den Mund zuhielt. Das Gefühl, keine Luft zu bekommen, löste Panik in ihm aus. Er musste das Fenster öffnen. Im Dunkeln konnte er kaum etwas erkennen. Er tastete mit den Händen am Boden entlang, bis er das Fenster erreichte. Etwas stimmte nicht. Diese unerträgliche Pein, wenn er versuchte seinen Mund zu öffnen. Die Lippen schienen geschwollen. Die Trockenheit brannte in seiner Kehle.
    Seine Hand griff nach oben, um sich über den Mund zu wischen. Verwirrt registrierte er, wie die Finger zitterten, als wüssten sie bereits mehr als er selbst.
    Er versuchte zu schreien, doch er brachte nur ein tierisches Stöhnen hervor, das nicht sein eigenes sein konnte. Der Schmerz durchschnitt sein Gesicht wie ein Messer und spaltete den Kopf, der nicht sein eigener war. Nicht sein konnte.
    Erneut versuchte er den Mund zu öffnen. Nun schob sich der Schmerz den Kiefer hinunter. Lange spitze Nadeln mussten in seinen Lippen stecken, als seien sie wie ein fest gepresster Stapel Papier rundum zusammengetackert.
    Sein Zeigefinger tastete die Lippen entlang. Sein Mund schien nicht mehr vorhanden zu sein, nein, er war gewuchert, aufgequollen zu einer bösartigen Geschwulst. Kalter Schweiß trat aus allen Poren und rann den Körper hinunter.
    Er fühlte etwas Festes. Es fühlte sich an … er konnte es nicht beschreiben. Trotz der peinigenden Schmerzen erhob er sich, nur mühsam das Gefühl der Ohnmacht bekämpfend.
    Er erinnerte sich an einen Spiegel im Badezimmer. Im Dunkeln tastete er sich zur Tür, verharrte, als er mit der Hand gegen etwas stieß, das sich kalt anfühlte. Anstelle der glatten Oberfläche der Tür berührte er etwas anderes.
    Eine Welle der Ungläubigkeit. Er zuckte zurück. Metall. Metallstangen.
    Fast hätte er gelacht, denn wie konnte es anders sein, als dass er träumte? Doch nie, auch nicht in seinen schlimmsten Albträumen, hatte er solche Angst empfunden. Für einen Augenblick glaubte er ohnmächtig zu werden, ja, er wünschte es sich sogar.
    Wieder streckte er die Hände aus. Sie griffen ins Leere. Er tastete weiter blind in der Dunkelheit nach etwas, das ihm Sicherheit gab, und stieß erneut gegen Metall.
    Eisenstangen. Das konnte nicht seine neue Wohnung sein.
    Stöhnend schleppte er sich zurück zum Fenster, wo er voller Panik nach dem Rollladengurt suchte. Er konnte ihn zunächst nicht finden, bis seine Hand das Band berührte und er verzweifelt daran riss. Mit lautem Krachen schoss der Rollladen nach oben.
    Es war spät in der Nacht. Lediglich in einer Wohnung im Block gegenüber brannte eine Lampe. Und die Straßenlaternen weit unten verbreiteten ein diffuses Licht. Doch nun konnte er sein Gesicht in den Scheiben erkennen.
    Das war nicht er. Das war eine Grimasse. Das verzerrte Grinsen eines Clowns.
    Er wollte erneut schreien, aber es ging nicht. Er konnte seinen Mund nicht öffnen. Er brachte nur ein unterdrücktes Stöhnen hervor. Ein dumpfes Geräusch, das von den leeren Wänden widerhallte.
     
    Justin lag im eigenen Dreck. Wie lange, wusste er nicht. Die Sonne ging auf und wieder unter. Die Helligkeit des Tages wechselte sich ab mit dem Schwarz der Nacht, als ob es nur die beiden Farben gäbe. Schwarz und weiß. Hell und dunkel. Und das Seltsamste: Es störte ihn nicht. Nicht mehr. Nicht dass er im eigenen Dreck lag. Nicht dass ihm jegliches Gefühl für Zeit verloren gegangen war.
    Zwischendurch schlief er. Er konnte kaum mehr erkennen, wann er sich in wachem Zustand befand und wann nicht. Er fühlte deutlich das Fieber, das wenigstens den Schmerzen die Qual nahm.
    Lediglich das Hungern fiel ihm leicht. Es war die leichteste Sache der Welt.
    Vierzig Tage, dachte er, vierzig Tage der Prüfung, der Bewährung. Er könnte diese Zeit durchhalten. Er wusste es. Er

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