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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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selbst. Seide, die nahm man bei Frauen, an den Stellen, wo man Narben ganz fein und unsichtbar halten wollte. Närrin, schalt sie sich, aber da fädelte sie den Faden auch schon ein.
    Und dann nähte sie. Ezzo beobachtete sie dabei; ihre Miene war ernst und konzentriert, der Blick fest auf den Schnitt geheftet. Und zum ersten Mal seit Buda sah er im Gesicht einer Frau, die ihm nah war, nicht die Züge der Königin. Er spürte kaum den Schmerz, er sah nur Saras Augen, ihre Lippen, die rosige Zungenspitze, die vor lauter Anspannung kurz zwischen den weißen Zähnen vorlugte. Eine lockige Strähne ihres dunklen Haars fiel ihr in die Stirn, und sie schob sie mit dem Handrücken fort. Er stellte sich vor, dass ihre Finger nicht seine Haut für den nächsten Stich spannten, sondern seine Brust liebkosten, schmale, zarte Finger, die ihn federzart berührten. Und jetzt war er es, der lächelte.
    »Was denkst du?«, fragte Sara.
    »Nichts.« Er konnte nicht aufhören, sie anzusehen. Langsam beugte sie sich zu ihm hinunter, bis ihre Lippen fast seine Brust berührten. Er hob die Hand, wollte in ihren dunklen Schopf greifen, sie festhalten.
    Sie biss den Faden ab. Seine Hand sank herunter.

    Sara hatte seine Blicke gespürt. Es hatte sie Mühe gekostet, überhaupt bei der Sache zu bleiben, während sie nähte. Jetzt setzte sie sich wieder aufrecht hin. Der Zauber hing immer noch in der Luft. »Danke«, sagte er. Seine Stimme klang belegt.
    Sie musste sich zusammenreißen, strich sanft eine Wundsalbe aus Butterschmalz und Diptam auf die Naht. »Du warst ein tapferer Junge«, lächelte sie. »Jetzt lassen wir den Schnitt heilen.«
    Er setzte sich auf, hob die Arme und ließ sich saubere Leinenstreifen um die Brust wickeln. Ihre Haare kitzelten ihn an der Schulter, und er lachte leise.
    »Dir geht’s ja schon wieder recht gut«, meinte sie munter.
    »Bei einer solchen Medica … da möcht ich gleich morgen wieder einen Raufhändel anfangen.« Er lächelte ihr zu, wollte nach ihren Händen greifen.
    »Untersteh dich!« Sie bückte sich schnell und warf ihm sein Hemd zu.
    Etwas Glitzerndes fiel heraus, landete zu ihren Füßen, und sie hob es auf. Es war ein Ring, der an einem ledernen Bändchen hing. Doch bevor sie ihn sich ansehen konnte, hatte Ezzo ihn ihr schnell aus der Hand gerissen. Sara spürte ein kleines Ziehen im Herzen. So war das also. Er trug den Ring einer Frau. Gott, wie dumm war sie gewesen!
    »Wer ist denn die Glückliche?«, fragte sie leichthin, mit gespielter Fröhlichkeit.
    Er schüttelte den Kopf, sagte erst nichts, dann: »Das ist eine lange Geschichte … « Wie hätte er von seiner heimlichen Liebschaft mit der Königin erzählen sollen? Oder von dem Auftrag, mit dem er durchs Land zog?
    Der Zauber war verflogen. Sara räumte das Nähzeug weg und schüttete das Waschwasser draußen neben ihr Zelt. »In einer Woche muss der Verband gewechselt werden, dann zieh ich dir die Fäden«, sagte sie.
    Er stand da, das zerknüllte Hemd über der Schulter, den Ring der Königin heiß in seiner Faust. »Ja dann«, sagte er, »danke für deine Hilfe.«
    Dann stapfte er durch die Nacht davon.

    Sara war wütend auf sich selber, wütend auf Ezzo, wütend auf die ganze Welt. Da war sie fest entschlossen gewesen, nie mehr einen Mann anzusehen. Es konnte sowieso nicht besser werden als mit Salo, und nicht schlechter als mit Chajim. Liebe führte immer zu Schmerz. Das wusste sie doch. Und sie wusste außerdem, dass sie dem Gesetz nach nicht frei war. Trotzdem hatte sie sich beinahe hinreißen lassen. War ihre Sehnsucht nach Zweisamkeit so groß? Die Thora hatte schon recht, wenn sie den Menschen vorschrieb, als Mann und Frau zu leben, weil es das Beste für sie sei. Und Ezzo hatte offensichtlich die Frau gefunden, die er liebte. Wieso fühlte sie sich ausgerechnet zu ihm hingezogen? Sie konnte es nicht sagen, es war ein Gefühl, etwas, das sich nicht mit Worten, nicht mit dem Verstand beschreiben ließ. Was ging da nur in ihr vor? Schließlich gab es auch andere Männer. Ciaran zum Beispiel. Ja freilich, er war nicht treu, hatte in jedem Ort ein Liebchen. Aber er war klug, sanft und freundlich. Und er war aufmerksam, kümmerte sich oft liebevoll um sie. Ach, natürlich tändelte er auch mit ihr herum, wie eben mit jeder. Das hatte sie nicht ernst genommen. Jetzt kam ihr Ciaran ehrlicher vor als Ezzo. Bei ihm wusste man wenigstens woran man war, während Ezzo seinen Ring versteckt trug. Warum wollte er wohl, dass niemand

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