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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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mehr verpflichtet. Schafft er es, Papst zu bleiben, dann treten die anderen beiden auch nicht zurück. Dann bliebe die Kirche gespalten, und Sigismunds Pläne wären zerschlagen. Er würde niemals Kaiser und müsste mit dem Makel leben, zu Konstanz gescheitert zu sein. Man hielte ihn für schwach und unfähig, wie seinen Bruder Wenzel in Böhmen. Ezzo, ich weiß, dass der Papst schon seit Wochen an Flucht denkt. Aber ohne Hilfe kommt er nicht aus der Stadt. Er wird im Augustinerkloster wie ein Gefangener bewacht.«
    »Wer kann uns beistehen?« Ezzo war klar, dass er das nicht alleine schaffen konnte.
    Sie setzte den Silberreif wieder auf ihr Haar. »Ich denke da an den Herzog von Österreich. Seit seiner Ernennung zum Generalkapitän der römischen Kirche ist er Schutzherr des Papstes. Und er hasst meinen Mann wie der Teufel das Weihwasser. Sein Herrschaftsgebiet beginnt nicht weit von hier, dort könnte der Papst hin und wäre sicher. Wenn der Österreicher sich mit uns verbündet, haben wir die Aussicht auf Erfolg. Ich werde mit ihm sprechen.« Sie wirkte plötzlich mutig und entschlossen. »Aber jetzt musst du gehen, Liebster, ich bekomme Gäste zum Nachtmahl.«
    Er küsste sie noch einmal zum Abschied. »Morgen?«, fragte sie.
    »Wann immer du willst«, raunte er ihr ins Ohr.
    Klagelied über die Bosheit der Frau
von Oswald von Wolkenstein
    in der Übersetzung von Dieter Kühn
...
Ich batte mir gedacht,
die Schlangenart, von der Johannes schreibt,
die sei die schlimmste Ausgeburt,
die sich auf Erden regt,
doch schlimmer ist die Frau, die aus der Art geschlagen –
die schöne, böse Frau als Plage!
Die Leoparden zähmt man, wilde Löwen,
den Büffel spannt man ins Geschirr,
doch eine Frau, die ihren Anstand aufgibt,
der könnte man die Haut abziehn,
die ließe sich dadurch nicht zähmen,
ihr schlimmes Gift bleibt wirksam.
...
Wird sie gefeiert, kann ihren Hochmut keiner überbieten,
wird sie geschmäht, so tobt ihr Zorn
wie wilde Meeresflut.
...
Die schöne, böse Frau
ist ein recht hübscher Strick, ein Stich ins Herz,
Betrug, sobald man ihr den Rücken zeigt
und Lust, die täuscht, nur Schmerzen bringt!
...
Ich rate deshalb jung und alt:
Entzieht euch der Verblendung böser Frauen!
Bedenkt doch, wie sie wirklich sind –
ihr Stachel ist sehr giftig!
...

Konstanz, zur selben Zeit
    Geit Ciaran in Kaub erfahren hatte, dass Jan Hus zu Konstanz am Konzil teilnehmen würde, war ihm der Name des böhmischen Predigers nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Es war zum Verrücktwerden. Da hatte er endlich, fern der Heimat, seinen Frieden gefunden, lebte mit Menschen, die er Freunde nennen konnte, und von dem Talent, mit dem Gott ihn gesegnet hatte. Schon hatte er die Gefahr vergessen, in der er einmal geschwebt war, hatte mit seinem Leben als Mönch abgeschlossen, genau wie mit seiner Zeit bei den Lollarden. Und dann brachte ihn ein einfacher Name aus dem Gleichgewicht. Jan Hus.
    Das geheime Manuskript schlummerte immer noch im hohlen Innenraum seiner Harfe, seit dem tödlichen Überfall vor Lüttich hatte er es nie mehr herausgeholt. Tausend Mal hatte er auf dem Instrument gespielt, ohne überhaupt daran zu denken. Und nun konnte er seine Clairseach nicht mehr anfassen, ohne dass sie ihn an ihren geheimen Inhalt erinnerte. Sobald er das Holz berührte, brannte ihn Wyclifs Vermächtnis gleichsam in die Haut. Jeden Tag gemahnte es ihn an den Grund, aus dem er aus England geflohen war, an die Aufgabe, die er einst übernommen und nie zu Ende gebracht und an die Toten, die er zurückgelassen hatte. So konnte es nicht weitergehen.
    Endlich sprach ihn Sara darauf an. »Etwas bedrückt dich, Liebster«, sagte sie zu ihm, als sie spät abends, nachdem er die Gäste mit seiner Musik unterhalten hatte, in einer schummrigen Ecke der Taverne zum Silbernen Felchen saßen. »Willst du mir nicht erzählen, was es ist?«
    Er rührte erst stumm mit einem Strohhalm in seinem Honigwein. Noch nie hatte er jemandem von seiner Vergangenheit erzählt. Unter den Fahrenden war es verpönt, einander danach zu fragen, schließlich gab es bei ihnen kaum einen, der nichts zu verbergen hatte. Aber Sara war seine Geliebte, die Frau an seiner Seite. Und er hatte schon zu viel von dem süßen Würzwein getrunken. Also schob er den halbleeren Becher weg und begann zu reden. Er verheimlichte nichts, ließ nichts aus, erleichterte seine Seele. Dann sah er Sara mit scheuem Blick an. Wie würde sie reagieren?
    »Du musst das

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