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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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nah.

    Ich öffnete die Augen. Neben meinem Bett saß Jochi, wiegte den Oberkörper vor und zurück und brummte. Und plötzlich war das Schweben vorbei und auch die Leichtigkeit. Das Nichts war verschwunden. Ich war angekommen. Ich spürte meinen Kopf, den Schmerz, die Schwere. Ich fühlte Körper, Rumpf, Arme und Beine, Finger und Zehen. Es war unendlich mühsam, aber ich hob die rechte Hand, schob sie über das Laken, tastete mich am Bettrand entlang, bis ich Jochis Finger fand. Das Brummen verstummte. Die Finger entzogen sich meinem Griff. Ein Schrei fuhr mir schmerzhaft durch Mark und Bein. Ich zuckte zusammen.
    Und dann war da plötzlich eine andere Hand, warm und vertraut. Ein Gesicht, ein paar blaue Augen, in denen die blanke Glückseligkeit stand. Und eine Stimme, die sagte: »Ich habe die ganze Zeit über gewusst, dass du nicht gehst.«
    Ich formte das Wort. »Ezzo … «
    »Willkommen zurück im Leben«, sagte er und küsste meine Finger der Reihe nach. »Und willkommen auf Riedern.«
    Sein Bart kitzelte meine Haut, und ich lächelte. Ich war zu Hause.

Acht Jahre später, Riedern
    Jahre sind seit jenem Tag vergangen, an dem ich wieder ins Leben fand. Fast eine Woche hatte ich in einer todesähnlichen Ohnmacht gelegen, aber zum zweiten Mal hatte der Ewige beschlossen, dass meine Zeit noch nicht gekommen sei, und er hatte seine Hand über meinen Scheitel gehalten.
    Es dauerte lange, bis ich wieder richtig gesund war, und bis heute höre ich auf dem rechten Ohr nicht mehr gut, aber ich danke dem Herrn immer noch täglich für meine Errettung. An das Morden selber habe ich keine Erinnerung, der Tag ist wie ausgebrannt aus meinem Gedächtnis. Es ist gut so, und ich bin froh darum. Diejenigen, die damals im Bethaus den Tod fanden, liegen zu Frankfurt auf dem Friedhof; ich besuche sie jedes Jahr einmal am Tag des Blutgerichts, auf dass sie nicht dem Vergessen anheimfallen. Die noch übrig waren aus den Familien zogen nach und nach in andere Städte, so dass in Miltenberg heute keiner mehr vom Volk Mose lebt. Die Männer, die uns überfallen haben, wurden nie verfolgt.

    Riedern ist mir zur Heimat geworden. Und nicht nur mir. Jochi ist glücklich auf der Burg, sie hat hier endlich wieder eine Familie gefunden, die ihr Geborgenheit gibt, und sie ist dadurch viel ruhiger geworden als früher. Ich sage Familie, denn Janka, Pirlo und Finus haben sich wie selbstverständlich gleich im ersten Jahr zu uns gesellt. Das ist die Art der Fahrenden – man tut sich einfach zusammen, solange es allen recht ist. Natürlich kam auch der Herzog von Schnuff mit – inzwischen streunt er längst durch den Hundehimmel. Jochi hat ihn unter ihrem Lieblingsbusch begraben, und Ezzo schenkte ihr gleich am nächsten Tag einen pechschwarzen, dickpfotigen Welpen. Seitdem sieht man meine Schwester nie ohne ihren Schatten – aus dem Winzling ist ein riesenhafter, lammfrommer Wolfshund geworden, fett gefüttert und von seiner Herrin verwöhnt und gehätschelt wie ein kleines Kind. Nachts quetscht er sich zu ihr ins Bett und schnarcht so laut, dass man es bis in den Nordflügel hinüber hört.
    Pirlo ist arg altersmüd geworden; die meiste Zeit sitzt er auf seiner Bank im Hof, ein Schaffell um die gebeugten Schultern, die knotigen Hände auf einen Stock gestützt. Bockig wie er nun einmal sein kann, hat er sich geweigert, sich von mir den Star stechen zu lassen, und so blinzelt er mit seinen milchigen Augen in die Sonne, freut sich über den Humpen warmen Weins, den ihm Janka nachmittags bringt und ist zufrieden mit sich und der Welt. An guten Tagen erzählt er augenzwinkernd und ein bisschen wehmütig von all seinen Späßen und Abenteuern, von den Fahrten übers weite Land und den Nächten am Feuer unterm Sternenhimmel.
    Hin und wieder setzt Janka sich ein Weilchen zu ihm, aber lang hält sie es nie aus. Immer noch werkelt sie unermüdlich, findet stets etwas zu tun und führt in der Burgküche ein unerbittliches Regiment. Anfangs ist Manfred, der Koch, schier daran verzweifelt, dass die merkwürdige Alte alles besser wusste, aber nach und nach hat er sich an sie gewöhnt und zuckt nur noch mit den Schultern, wenn sie von seinen Suppen und Pasteten kostet, das Gesicht verzieht und dann mit mitleidigem Blick nachwürzt. Manchmal kann sie es auch nicht lassen und geht ins Dorf, um den Leuten die Karten zu legen. Natürlich hat sie immer noch recht mit allem, was sie sagt. Besonders die Frauen verehren sie darum, so dass der neue Dorfpriester

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